Dem Urteil des BAG (v. 19.3.2015 – 8 AZR 67/14, abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de = NZA 2015, 1057 = BeckRS 2015, 68246 [beck-online]) lag folgender Sachverhalt zugrunde:
K und B waren als Auszubildende bei einer Firma beschäftigt, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betreibt. Am Morgen des 24.02.2011 arbeitete der damals 19-jährige B an der Wuchtmaschine. Der damals 17-jährige K, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, der K mehrere Meter vom B entfernt in der Nähe der Aufzugstür. Der B warf mit vom K abgewandter Körperhaltung ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses traf den K am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Er wurde in einer Augenklinik behandelt. Im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 unterzog er sich erneut Untersuchungen und Eingriffen, wobei eine Kunstlinse eingesetzt wurde; Einschränkungen auf Grund einer Hornhautnarbe verblieben. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlt dem K seit Juli 2011 auf Grund des Vorfalls eine monatliche Rente i.H.v. 204,40 €. K hat behauptet, der B habe das Wuchtgewicht vor dem Wurf vom Boden aufgehoben und aus einer Distanz von ca. 13 m auf ihn geworfen. Der Wurf sei mit gehöriger Kraft erfolgt, da anders die Weite des Wurfs nicht hätte erreicht werden können. Sämtliche in den von ihm vorgelegten ärztlichen Berichten diagnostizierten Beeinträchtigungen seines linken Auges gingen allein auf die durch den B am 24.2.2011 zugefügte Verletzung zurück. Einen für das Absolvieren der Führerscheinprüfung erforderlichen Sehtest habe er noch am 5.6.2010 ohne Weiteres bestanden.
K Begehrt Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, was B jedoch ablehnt. Der B behauptet, mangels eines Auffangbehältnisses für nicht mehr benötigte Wuchtgewichte seien diese üblicherweise fallengelassen oder zur Seite/nach hinten geworfen worden, um sie abends zusammenzukehren und zu entsorgen. Am Morgen des 24.2.2011 habe er sich ebenso verhalten und – während er von der rechten Seite aus über die Wuchtmaschine gebeugt war – das Wuchtgewicht, das den K traf, hinter sich geworfen, ohne den K vorher wahrgenommen zu haben. Der Wurf sei weder gezielt noch mit großer Kraft erfolgt. Er habe sich dafür nicht gebückt und ein am Boden liegendes Wuchtgewicht aufgehoben, sondern das Wuchtgewicht aus dem Arbeitsvorgang heraus in der Hand gehabt. Er habe nicht damit gerechnet, eine Person zu treffen oder auch nur treffen zu können. Über sein Verhalten habe er sich keine Gedanken gemacht, da es sich um eine alltägliche Handlungsweise gehandelt habe.
Hat K gegen B einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld?
Anmerkung: Gehen Sie davon aus, dass der Wurf im Rahmen einer Spielerei oder Neckerei unter Auszubildenden geschah. Unterstellen Sie, dass die Ausführungen des K der Wahrheit entsprechen. Es ist jedoch nicht aufzuklären, ob B das Wuchtgewicht vor dem Wurf vom Boden aufgehoben oder unmittelbar aus dem Wuchtvorgang heraus geworfen hat.
Auf die Vorschriften des §§ 105, 106 SGB VII wird hingewiesen.
Falllösung:
K könnte gegen B einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB haben.
I. Voraussetzungen des § 823 Abs. 1
Zunächst müssten die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB gegeben sein.
1. Rechtsgutsverletzung
Zunächst müsste ein absolutes Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB verletzt worden sein. Hierzu zählt auch der Körper des A. Hier wurde K durch ein Wurfgeschoss am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe verletzt. Somit ist eine Rechtsgutverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB gegeben.
2. Verletzungshandlung
Die Rechtsgutsverletzung müsste auch adäquat-kausal durch eine Handlung des B eingetreten sein. Hier warf der B ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich und traf den K damit am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Mithin ist eine adäquat-kausale und auch zurechenbare Verletzungshandlung gegeben.
3. Rechtswidrigkeit
Da kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich ist, war die Verursachung der Rechtsgutsverletzung auch rechtswidrig.
4. Verschulden
Grundsätzlich ist für Vorsatz und Fahrlässigkeit zu haften (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Vorsätzliches Handeln kann nicht zweifelsfrei dem Sachverhalt entnommen werden. Der eingesetzte Kraftaufwand ist zwar ein Indiz für einen bewusst und gewollt ausgeführten Wurf. B wusste wohl auch, dass K dort stand. Allerdings scheidet ein vorsätzliches Handeln bereits wegen der abgewandten Körperhaltung (Wurf nach hinten) aus (a.A.v.).
Daher ist die Frage, ob B fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Hier hat B in einem Raum in dem sich andere Personen aufhielten über mehrere Meter Metallteile geworfen ohne zu überprüfen, ob andere Personen durch diese getroffen werden können. Hier wäre zu erwarten gewesen, dass dieser kontrolliert, ob tatsächlich die Flugbahn des Geschosses frei ist. Somit ließ B die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht und handelte fahrlässig.
Das BAG führte hierzu folgendes aus:
„[16]Auch wenn unterstellt würde, dass ein Behälter zum Sammeln von Wuchtgewichten nicht bereitstand, lässt ein Wurf mit Kraftaufwand (oder gar „schleudern“) „nach hinten“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 II BGB) außer Acht. Bei einem Wurf nach hinten mit abgewandtem Körper – also unter Verzicht auf eine Sichtkontrolle des eigenen Tuns – mit Kraftaufwand – also weit entfernt von „fallen lassen“ oder leichtem beiseite Werfen zum Zwecke der Entsorgung – liegt der Eintritt des Schadens nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge [..]. Es kann dahinstehen, ob es zutrifft, dass die Auszubildenden des Lehrbetriebs „üblicherweise“ und „regelmäßig“ mit nicht mehr benötigten Wuchtgewichten so oder ähnlich verfuhren. Daraus ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Allein eine Wiederholung fahrlässigen Verhaltens, gegebenenfalls durch verschiedene Bet., ändert nichts an der Bewertung. Mit dem in den Wurf gelegten Kraftaufwand hat der Bekl. zudem in erheblichem Maß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen.
[17]Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Bekl. damals Auszubildender war. Für den vorliegenden Fall ergibt sich weder aus dem Wesen und Zweck des Berufsausbildungsvertrags noch aus dem BBiG, dass die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze nicht anzuwenden wären, § 10 II BBiG. Vielmehr gehört es zu den in § 13 BBiG aufgeführten Pflichten des Auszubildenden, die im Rahmen der Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen, die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten und Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln.“
5. Schaden und Rechtsfolge
Des Weiteren müsste auch ein Schaden entstanden sein. Durch die Verletzung aufgrund des Wurfes hat der K eine Verletzungen im Bereich des linken Auges erlitten, sodass auch ein Schaden eingetreten ist.
Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Grundsätzlich sind nur Vermögensschäden zu ersetzen (vgl. § 253 Abs. 1 BGB). Nach § 253 Abs. 2 BGB sind jedoch unter den dort genannten Voraussetzungen auch sog. immaterielle Schäden ersatzfähig (Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, 39. Auflage 2015, § 44 Rn. 12). Hiernach kann eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, wenn wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten ist. Somit hat A K grundsätzlich einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld aufgrund seiner erlittenen körperlichen Verletzungen.
II. Ausschluss gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII?
Fraglich ist jedoch, ob der Anspruch gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ausgeschlossen ist. Dies wäre der Fall, wenn die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses erfüllt sind.
1. Versicherte desselben Betriebs
K und B sind Auszubildende in demselben Betrieb und damit auch Versicherte desselben Betriebs gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII.
2. „Betriebliche Tätigkeit“
Der Wurf des Beklagten müsste in Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit erfolgt sein.
Hierzu führt das BAG folgendes aus:
„[20]a) Entscheidend für das Vorliegen einer „betrieblichen Tätigkeit“ und das Eingreifen des Haftungsausschlusses iSv § 105 I 1 SGB VII ist die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse erbracht wurde [...]. Eine betriebliche Tätigkeit in diesem Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn eine Aufgabe verrichtet wird, die in den engeren Rahmen des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgabenkreises fällt, denn der Begriff der betrieblichen Tätigkeit ist nicht eng auszulegen. Er umfasst auch die Tätigkeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen [...]. Wie eine Arbeit ausgeführt wird – sachgemäß oder fehlerhaft, vorsichtig oder leichtsinnig –, ist nicht dafür entscheidend, ob es sich um eine betriebliche Tätigkeit handelt oder nicht [...].
[21]Aus der Zugehörigkeit des Schädigers zum Betrieb und einem Handeln im Betrieb des Arbeitgebers allein kann nicht auf eine Schadensverursachung durch eine betriebliche Tätigkeit geschlossen werden. Nicht jede Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers muss zwingend eine betriebsbezogene sein. Ebenso wenig führt bereits die Benutzung eines Betriebsmittels zur Annahme einer betrieblichen Tätigkeit. Es kommt darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war. Ein Schaden, der nicht in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit verursacht wird, sondern nur bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb, ist dem persönlich-privaten Bereich des schädigenden Arbeitnehmers zuzurechnen. Um einen solchen Fall handelt es sich insbesondere, wenn der Schaden infolge einer neben der betrieblichen Arbeit verübten, gefahrenträchtigen Spielerei, Neckerei oder Schlägerei [...].
[22]b) Nach diesen Grundsätzen wurde der Schaden nicht durch eine betriebliche Tätigkeit des Bekl. verursacht. Dies ist unabhängig davon, ob der Wurf mit einem Wuchtgewicht erfolgte, das der Bekl. gerade von einem Fahrzeugrad entfernt hatte, also auf Grund des Arbeitsprozesses ohnehin in der Hand hielt, oder ob der Bekl. vor dem Wurf ein auf dem Boden liegendes Wuchtgewicht zum Zwecke des Wurfes aufgehoben hatte.
[23]Wuchtgewichte sind zwar Betriebsmittel, allein deren Benutzung macht eine Tätigkeit jedoch nicht zu einer betrieblichen. Das Anbringen wie auch das Entfernen von Wuchtgewichten von Fahrzeugrädern gehörte am Morgen des 24.2.2011 zur betrieblichen Tätigkeit des Bekl. Auch das Entsorgen der Wuchtgewichte ist damit verbunden. Falls ein Auffang- oder Sammelbehälter tatsächlich nicht vorhanden gewesen sein sollte, was dahinstehen kann, gehörte auch das Fallenlassen auf den Boden oder womöglich auch ein leichter Wurf auf den Boden („aus dem Weg“) zur betrieblichen Tätigkeit des Bekl. Eine unsachgemäße oder fehlerhafte, unvorsichtige oder gar leichtsinnige Ausführung würde dann nichts daran ändern, dass eine betriebliche Tätigkeit vorlag.
[24]Um solch eine Situation handelte es sich jedoch am Morgen des 24.2.2011 in dem Moment nicht, als der Bekl. das Wuchtgewicht warf, das den Kl. traf und verletzte. Selbst wenn der Bekl. das Wuchtgewicht nicht „extra“ aufgehoben hat, sondern es noch in Ausführung seiner betrieblichen Tätigkeit in der Hand hielt, endete die Betriebsbezogenheit seiner Tätigkeit – oder wurde sie unterbrochen – als er den Wurf „nach hinten“ mit abgewandtem Körper und mit Kraftaufwand („geschleudert“) ausführte. Das Herumwerfen von Wuchtgewichten in einem Arbeitsraum, in dem andere Menschen anwesend sind oder mit ihrer Anwesenheit zu rechnen ist, noch dazu mit Kraftaufwand, ist keine betriebliche Tätigkeit. Abgesehen von der Frage des Vorsatzes – die das LAG rechtlich zutreffend [...] verneint hat – kommt es auf die Frage des Motivs für den Wurf nicht an. Nahe liegt eine neben der betrieblichen Arbeit verübte, gefahrenträchtige Spielerei oder Neckerei unter Auszubildenden. Das unterstreicht die Revision im Ergebnis, wenn sie auf „für Auszubildende typische … gruppendynamische Effekte“ hinweist und bezogen auf die beteiligten Personen insgesamt „eine gewisse (Nach-)Lässigkeit bei der Erfüllung ihrer Arbeitsleistung“ konstatiert.
[25]2. Für das Ausbildungsverhältnis im Betrieb gelten keine anderen Maßstäbe als für andere Beschäftigte. Entgegen der Auffassung der Revision gebieten hier weder eine „Unerfahrenheit im beruflichen Alltag“ noch eine „noch nicht vorhandene berufliche Sozialisation“ bei der Haftung besondere Maßstäbe anzuwenden.
[26]a) Weder der Wortlaut von § 105 I SGB VII noch der Sinnzusammenhang oder Zweck enthalten einen Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff der betrieblichen Tätigkeit anders aufzufassen wäre, wenn und weil Auszubildende beteiligt sind [...]. Die Beteiligung von Auszubildenden an einem schadensverursachenden Vorfall hat keine Bedeutung für die Frage der Einordnung einer Tätigkeit als betriebliche oder nicht-betriebliche.
[27]Zudem reichen das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers und die Vorschrift des § 828 III BGB aus, um auch den Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses Rechnung zu tragen und Auszubildende ausreichend zu schützen [...].
[28]b) Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BGH zu § 105 I SGB VII für die Haftungsfreistellung bei Schulunfällen, zuletzt zur Schulbezogenheit einer Schneeballschlacht unter Schülern an einer in der Nähe einer Schule gelegenen Bushaltestelle [...]
[29]aa) Im Bereich der Schulunfälle ist für das Merkmal der betrieblichen Tätigkeit danach zu fragen, ob das Handeln des Schädigers „schulbezogen“ war [...]. Daraus folgen bezogen auf die Besonderheiten des Schulbetriebs besondere Maßstäbe. Maßgeblich ist insoweit, ob die Verletzungshandlung auf der typischen Gefährdung aus engem schulischen Kontakt beruht und deshalb einen inneren Bezug zum Besuch der Schule aufweist. Anders als im betrieblichen Zusammenhang sind schulbezogen im Sinne dieser Rechtsprechung insbesondere Verletzungshandlungen, die aus Spielereien, Neckereien und Raufereien unter den Schülern hervorgegangen sind, ebenso Verletzungen, die in Neugier, Sensationslust und dem Wunsch, den Schulkameraden zu imponieren, ihre Erklärung finden; dasselbe gilt für Verletzungshandlungen, die auf übermütigen und bedenkenlosen Verhaltensweisen in einer Phase der allgemeinen Lockerung der Disziplin beruhen [...].
[30]bb) Diese schulbezogenen Maßstäbe können nicht auf Auszubildende im Betrieb übertragen werden. So machen Verhaltensweisen, die nach der Rechtsprechung zu den Besonderheiten des Schulbetriebs gehören wie Spielereien, Neckereien und Raufereien, im betrieblichen Umfeld gerade keine „betriebliche Tätigkeit“ aus, sondern führen dort zur Einordnung in den persönlich-privaten Bereich. [...].“
Mithin war in dem Wurf des B keine betriebliche Tätigkeit zu sehen. Mithin steht dem Anspruch des K der Haftungsausschluss nach §§ 105 I, 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII nicht entgegen.
III. Ergebnis
K hat gegen B einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB.
Die Leitsätze im Überblick:
1. Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, haften nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer.
2. Entscheidend für das Vorliegen einer „betrieblichen Tätigkeit“ und das Eingreifen des Haftungsausschlusses im Sinne von § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse erbracht wurde.
3. Nicht jede Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers muss zwingend eine betriebsbezogene sein. Ebenso wenig führt bereits die Benutzung eines Betriebsmittels zur Annahme einer betrieblichen Tätigkeit. Es kommt darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt war.
4. Ein Schaden, der nicht in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit verursacht wird, sondern nur bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb, ist dem persönlich-privaten Bereich des schädigenden Arbeitnehmers zuzurechnen.
5. Verhaltensweisen, die zu den Besonderheiten des Schulbetriebs gehören wie Spielereien, Neckereien und Raufereien, machen im betrieblichen Umfeld gerade keine „betriebliche Tätigkeit“ aus, sondern führen zur Einordnung in den persönlich-privaten Bereich.
6. Das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers und die Vorschrift des § 828 Abs. 3 BGB reichen aus, um den Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses im Betrieb Rechnung zu tragen und Auszubildende ausreichend zu schützen.
Anmerkung: Zur Vertiefung der Thematik kann auf die Anmerkung von Beck (ArbRAktuell 2015, 401 [beck-online]) verwiesen werden. Mit einer ähnlichen Problematik befasst sich die Entscheidung des BAG, NZA 2015, 689 (Haftungsprivilegierung bei Arbeitsunfall eines Leiharbeitnehmers). Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie auch in unseren ExO`s und im GuKO ZR. Eine Leseprobe aus unserem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/skript.php?id=37439.