A Sachverhalt (leicht abgewandelt):
Der Beklagte B (Verkäufer) schaltete im Jahr 2015 auf der Onlineplattform mobile.de eine Anzeige über den Verkauf eines gebrauchten Pkw Opel Adam Slam 1.4 ecoFlex mit einer Laufleistung von 5.000 Kilometern zum Preis von 10.990 €.
Bei dem zum Verkauf stehenden Fahrzeug handelte es sich aber um einen Pkw Opel Adam Jam 1.4, der eine geringere Ausstattungsvariante als das annoncierte Modell aufwies. Dem Verkäufer war dieser Unterschied nicht bekannt. Die Variante Slam besitzt serienmäßig größere Felgen, eine Start-Stopp-Automatik, andere Sitzbezüge und einen anderen Motor. Zwar weisen die Motoren beider Ausstattungsvarianten den gleichen Hubraum und die gleiche Leistung auf, der Motor ecoFlex der Variante Slam hat aber einen deutlich niedrigeren Normverbrauch.
Zwischen den beiden Ausstattungsvarianten besteht bei einem Neuwagenkauf ein Preisunterschied von 1.245 €.
Nach einer Besichtigung des Fahrzeugs beim Beklagten kaufte der Kläger K dieses mit schriftlichem Vertrag vom 29. Juli 2015, wobei für die Beschreibung des Fahrzeugs in der Vertragsurkunde nur die Herstellerbezeichnung "Opel" und die Typenbezeichnung "Adam" ohne einen Hinweis auf eine bestimmte Ausstattungsvariante (Slam oder Jam) verwendet wurden.
Der Vertrag enthält folgende Bestimmung:
"Der Verkäufer verkauft hiermit das nachstehend bezeichnete gebrauchte Kraftfahrzeug an den Käufer. Der Verkäufer übernimmt für die Beschaffenheit des verkauften Kraftfahrzeugs keine Gewährleistung."
Bei einem nach Kauf und Abholung des Fahrzeugs erfolgten Werkstattbesuch wurde der Kläger davon unterrichtet, dass es sich bei dem Pkw um einen Opel Adam Jam handelte.
K forderte B sodann erfolglos zur Nacherfüllung auf. Es ist davon auszugehen, dass ein Jam Modell nicht in ein EcoFlex Slam Modell umgerüstet werden kann. Der Minderwert des Fahrzeugs ist mit 1000€ anzusetzen.
Hat K einen Anspruch auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Kaufpreises?
B Amtliche Leitsätze:
434 I 3
„Der Verkäufer kann im Hinblick auf die in § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB getroffene gesetzgeberische Wertung grundsätzlich seine Haftung nicht nur für das Fehlen einer üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), sondern auch für das Fehlen von Eigenschaften ausschließen, deren Vorhandensein der Käufer nach den vom Verkäufer abgegebenen öffentlichen Äußerungen berechtigterweise erwarten kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 14).“
§ 13, 14, 474 Abs. 1 BGB
„Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an. In bestimmten Fällen kann es allerdings auch ausreichen, dass dem Käufer vor oder bei Vertragsschluss der Eindruck vermittelt wird, er erwerbe die Kaufsache von einem Unternehmer.“
C Lösung:
I K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrags i.H.v. 1000€ aus §§ 437 Nr. 2, 441 Abs. 4 i.V.m. § 346f. haben.
Hinweis
Der Fall könnte auch im Hinblick auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht über die culpa in contrahendo geprüft werden (Hier Konkurrenzen beachten). Es kommt auch ein Schadensersatz statt der Leistung oder ein Rücktritt in Betracht. Insoweit sind verschiedene Varianten denkbar den Fall in eine Examensklausur einzubauen. Wir beschränken die Prüfung auf die Minderung.
1 Kaufvertrag
Ein Schuldverhältnis besteht hier in Form des Kaufvertrags gemäß § 433.
2 Mangel bei Gefahrübergang
Fraglich ist, ob ein Mangel vorgelegen hat. Demnach gilt es zu klären, ob ein Opel Adam Jam 1.4 als ein mangelhafter Opel Adam Slam 1.4 anzusehen ist.
a) Mangel nach § 434 Abs. 1 Satz 1?
Fraglich ist, ob eine vereinbarte Beschaffenheit nicht wie vereinbart erbracht wurde. Im Kaufvertrag findet sich jedoch keine ausdrückliche Vereinbarung im Hinblick auf die konkrete Ausstattungsvariante. Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann jedoch nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent vereinbart werden.
An die Annahme einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung sind strenge Anforderungen zu stellen.
„Eine solche Vereinbarung kommt unter der Geltung des neuen Schuldrechts nicht mehr im Zweifel, sondern nur noch in eindeutigen Fällen in Betracht Ob danach im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung zu bejahen ist, ist eine Frage der in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Vertragsauslegung.“
Die Richter haben im Wege der Auslegung das Vorliegen einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 im vorliegenden Fall verneint.
„Die Vertragsurkunde trifft keine Angaben zu einer bestimmten Ausstattungsvariante. Besondere Begleitumstände, aus denen sich zumindest eine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung ableiten ließe, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Vor diesem Hintergrund hält es sich im Rahmen tatrichterlicher Würdigung, dass das Berufungsgericht dem Verhalten der Parteien keine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung entnommen hat.“
Demnach liegt ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 1 nicht vor.
b) Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1?
Die Annahme einer vereinbarten Verwendung kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.
c) Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3
Im Rahmen der Internetanzeige hat B die Ausstattung in der Variante des Opel Adam Slam beworben. Hierin ist eine öffentliche Äußerung des B i.S.v. S. 3 zu sehen.
Das verkaufte Fahrzeug entsprach nicht den öffentlichen Anpreisungen.
Demnach liegt ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3 vor.
Der Mangel lag zudem bei Gefahrübergang vor.
3 Fristsetzung
Gemäß § 441 Abs. 1 kann die Minderung anstatt des Rücktritts erfolgen. Demnach müssen die Voraussetzungen des Rücktritts vorliegen. Grundsätzlich ist vor dem Rücktritt vom Kaufvertrag eine Fristsetzung notwendig.
Im vorliegenden Fall ist eine Nachbesserung jedoch nicht möglich. Auch ist anzunehmen, dass das Fahrzeug aufgrund individueller Merkmale nach einer Besichtigung ausgewählt worden ist. Demnach ist im Regelfall von einer sog. unvertretbaren Stückschuld auszugehen. Der Rücktrittsgrund würde sich im vorliegenden Fall aus § 326 Abs. 5 ergeben.
§ 326 Abs. 5 stellt klar, dass der Rücktritt in dieser Konstellation keine Fristsetzung erfordert.
4 Ausschluss der Mängelrechte
Die Rechte des Käufers könnten von B wirksam ausgeschlossen worden sein.
Im Vertrag wurden die Gewährleistungsrechte ausdrücklich ausgeschlossen.
Fraglich ist, ob dieser Gewährleistungsausschluss wirksam war.
a) Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 444
Ein Verkäufer kann sich dann nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine bestimmte Beschaffenheit garantiert hat. Im vorliegenden Fall ist weder arglistiges Handeln des Verkäufers noch die Vereinbarung einer Garantie ersichtlich. Insb. war dem B der Unterschied in der Bezeichnung lt. SV nicht bekannt.
b) Unwirksamkeit wegen Vorliegens eines Verbrauchsgüterkaufs
Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs ist der Ausschluss von Gewährleistungsrechten nur sehr eingeschränkt möglich. Insbesondere § 476 Abs. 1 Satz 1 verbietet die Abweichung von zentralen Rechten des Käufers.
Damit § 476 Abs. 1 im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt, müsste jedoch ein Verbrauchsgüterkauf vorliegen.
Demnach müsste ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache gekauft haben.
„Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 14 Abs. 1 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Demgegenüber ist nach § 13 BGB in der ab 13. Juni 2014 geltenden Fassung (BGBl. 2013 I S. 3643) Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt - jedenfalls - ein selbständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist.“
„Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, insbesondere das Verhalten der Parteien (oder etwaiger Vermittler) bei Vertragsschluss an. In bestimmten Fällen kann es allerdings auch ausreichen, dass dem Käufer vor oder bei Vertragsschluss der Eindruck vermittelt wird, er erwerbe die Kaufsache von einem Unternehmer.“
Im vorliegenden Fall sind keine besonderen Umstände ersichtlich. Daher kann nicht von der Unternehmereigenschaft des Verkäufers ausgegangen werden.
c) Unwirksamkeit des Ausschlusses wegen einschränkender Auslegung des Gewährleistungsausschlusses bei öffentlichen Äußerungen gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB
Die Reichweite eines Gewährleistungsausschlusses ist nach § 133 und § 157 auszulegen.
aa) Auslegung im Rahmen von § 434 Abs. 1 S. 1
So ist im Rahmen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 anerkannt, dass sich ein Haftungsausschluss grundsätzlich nicht auf solche Mängel beziehen kann, die auf eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit beruhen. Es wäre vom Verkäufer widersprüchlich auf der einen Seite eine bestimmte Beschaffenheit zu vereinbaren und auf der anderen Seite die Haftung für das Bestehen dieser Beschaffenheit auszuschließen.
In dieser Konstellation ist höchstrichterlich anerkannt, dass die Auslegung regelmäßig dazu führen muss, dass ein Gewährleistungsausschluss sich nicht auf eine vereinbarte Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 1 beziehen kann.
bb) Auslegung bei objektiven Mängeln nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2
Eine andere Beurteilung ist jedoch bei Mängeln nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 geboten.
„Denn ansonsten wäre die gleichrangig neben dem Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer - außer im Falle der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und Wert“
cc) Generelle Übertragung der Grundsätze von § 434 Abs. 1 S. 1 auf § 434 S. 3
Fraglich ist, ob die bei § 434 Abs. 1 S. 1 entwickelten Grundsätze (s.o.) auf § 434 Abs. 1 S. 3 zu übertragen sind.
Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht auf öffentliche Äußerungen über Eigenschaften der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB übertragen. Das Gesetz hat diese Äußerungen nicht mit einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt, sondern zählt sie zu der Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, also zu der Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (vgl. auch BT-Drucks 14/6040, S. 214). Hinsichtlich einer nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (gesetzlich) geschuldeten Beschaffenheit kann der Verkäufer aber - wie vorstehend ausgeführt - seine Haftung durch eine vertragliche Vereinbarung grundsätzlich ausschließen. Denn in solchen Fällen stehen nicht zwei vertragliche und damit - zumindest aus Sicht des Käufers - gleichrangige Vereinbarungen (Beschaffenheitsvereinbarung; Gewährleistungsausschluss) nebeneinander, deren innerer Widerspruch im Wege einer interessengerechten Auslegung aufzulösen ist (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06, aaO). Vielmehr handelt es sich hierbei um einen rein gesetzlichen Haftungstatbestand. Damit treffen nicht zwei gleichrangige, sich inhaltlich widersprechende vertragliche Vereinbarungen aufeinander, sondern es existiert nur eine vertragliche Regelung, nämlich die - vom Gesetz außerhalb bestimmter zugelassene - Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für Gewährleistungsansprüche.
Im Hinblick auf dieses Rangverhältnis der beiden Regelungen ist eine einschränkende Auslegung eines umfassenden Gewährleistungsausschlusses in diesen Fällen nicht geboten. Nicht anders liegen die Dinge bei einer Sachmängelhaftung nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB. Auch hier handelt es sich um einen gesetzlichen Haftungstatbestand. Zudem hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er eine Haftung nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB gerade nicht mit dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichstellen wollte. Vielmehr hat er sich dafür entschieden, das Fehlen von in öffentlichen Äußerungen des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB angegebenen Eigenschaften der Kaufsache wie das Fehlen der nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB geschuldeten üblichen Beschaffenheit zu behandeln. Diese gesetzgeberische Wertung spricht dafür, dass der Verkäufer grundsätzlich nicht nur seine Haftung für das Fehlen einer üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), sondern auch für das Fehlen von Eigenschaften ausschließen kann, deren Vorhandensein der Käufer nach den vom Verkäufer abgegebenen öffentlichen Äußerungen berechtigterweise erwarten kann.“
Eine generelle Übertragung der Grundsätze verbietet sich demnach.
dd) Einschränkende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses wegen sonstiger Umstände
Fraglich ist, ob aus sonstigen Gründen eine einschränkende Auslegung gem. §§ 133, 157 dahingehend vorzunehmen ist, dass der Gewährleistungsausschluss nicht die öffentlich getätigten Äußerungen umfasst.
(1) Einschränkende Auslegung wegen vertragsprägender Wirkung der öffentlichen Äußerungen
Zunächst ist fraglich, ob öffentliche Äußerungen des Verkäufers solche Begleitumstände darstellen können, die sich auf die Auslegung des Gewährleistungsausschlusses auswirken können.
„Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in Erwägung gezogen, dass öffentliche Äußerungen des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB unter Umständen nicht nur die Erwartungen des Käufers an die Eigenschaften der Kaufsache prägen, sondern auch zu den Begleitumständen gehören könnten, die aus Sicht eines objektiven Betrachters in der Lage des Käufers den Sinngehalt des vereinbarten Haftungsausschlusses erhellen könnten und in diesem Rahmen bei seiner Auslegung zu berücksichtigen wären. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Erwartung für die Auslegung eines Haftungsausschlusses relevant sein kann, hat er aber ausdrücklich offengelassen.“
Demnach sind öffentliche Äußerungen des Verkäufers generell geeignet den Haftungsausschluss zu erhellen und damit die Auslegung zu beeinflussen.
Fraglich ist jedoch, ob sich die im vorliegenden Fall vorliegenden öffentlichen Äußerungen dahingehend auslegen lassen, dass der Haftungsausschluss nicht auf die öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erstrecken ist.
„Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen bildet der von den Parteien gewählte Wortlaut einer Vereinbarung und der diesem zu entnehmende Parteiwille den Ausgangspunkt einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung. Weiter sind insbesondere der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck und die Interessenlage der Parteien zu beachten, ferner die sonstigen Begleitumstände, soweit sie den Sinngehalt einer Erklärung erhellen. Hierbei können - auch bei einer schriftlich getroffenen Vereinbarung - unter Umständen auch deren Entstehungsgeschichte gehören, insbesondere wenn Vorbesprechungen erfolgt sind Gemessen an diesen Auslegungsgrundsätzen ist dem Berufungsgericht kein Rechtsfehler unterlaufen.“
Im vorliegenden Fall ist der Haftungsausschluss umfassend formuliert. Es fehlt jede Bezugnahme auf die zuvor getätigten öffentlichen Äußerungen. Insoweit beansprucht der Vertragsinhalt – schon wegen seiner Aktualität – Vorrang vor den öffentlichen Äußerungen im Vorfeld des Vertrags. Die öffentlichen Äußerungen können demnach vielmehr als zeitlich überholt angesehen werden.
„Maßgeblich ist der Wille der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ist im Kaufvertrag ein umfassend formulierter Haftungsausschluss vereinbart worden, der keine Ausnahmen vorsieht und sich damit nach seinem Wortlaut auch auf die Gewährleistungsfälle des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erstreckt, ist die im Vorfeld des Vertragsschlusses abgegebene öffentliche Äußerung des Verkäufers regelmäßig zeitlich und inhaltlich "überholt". Anders als bei dem Zusammentreffen eines umfassenden Haftungsausschlusses und einer Beschaffenheitsvereinbarung geht es hierbei nicht darum, durch interessengerechte Auslegung einen Widerspruch zwischen zwei gleichrangigen (vertraglichen) Regelungen aufzulösen. Vielmehr besteht insoweit ein Stufenverhältnis zwischen der gesetzlich vorgesehenen, aber grundsätzlich abdingbaren Sachmängelhaftung wegen des Fehlens von in öffentlichen Äußerungen angegebenen Eigenschaften der Sache (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) und dem vereinbarten Haftungsausschluss. Daher rechtfertigt es die Abgabe einer solchen Äußerung allein nicht, einen umfassenden Haftungsausschluss einschränkend auszulegen. Sonstige Umstände, die für eine andere Deutung sprechen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Angriffe hiergegen erhebt die Revision nicht.“
Hinweis
Ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall eine abweichende Beurteilung angezeigt sein kann, etwa wenn der Käufer - nachweislich - dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand als kaufentscheidend zur Kenntnis bringt und der Verkäufer hiergegen keine Einwände erhebt, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Häufig wird in diesen Fällen eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen, sodass es auf die Frage einer Sachmängelhaftung nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB dann ohnehin nicht ankommt.
(2) Einschränkende Auslegung wegen besonderen Schutzbedürfnisses des Käufers
Fraglich ist, ob im vorliegenden Fall ein besonderes Schutzbedürfnis des Käufers besteht und daher eine einschränkende Auslegung vorgenommen werden muss.
„Auch das Schutzbedürfnis des Käufers verlangt eine einschränkende Auslegung eines umfassend formulierten Haftungsausschlusses in den Fällen des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht. Der Gesetzgeber hat in den Bereichen des Kaufrechts, in denen der Schutz des Käufers Vorrang vor dem Freizeichnungsinteresse des Verkäufers zukommt, eine wirksame Vereinbarung von Haftungsausschlüssen für Sachmängel ausgeschlossen. So ist es dem Verkäufer sowohl beim Verbrauchsgüterkauf (§ 476 Abs. 1 BGB) als auch bei einer übernommenen Garantie oder einem arglistigen Verhalten des Verkäufers (§ 444 BGB) verwehrt, sich auf einen vereinbarten Haftungsausschluss zu berufen. Vorformulierte Haftungsausschlüsse sind im Falle einer überraschenden Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB), beim Kauf neuer Sachen (§ 309 Nr. 8 Buchst. b; § 307 Abs. 1 BGB) und in bestimmten Schadens- und Verschuldenskonstellationen unwirksam. Weiteren Schutz genießt der Käufer durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach sich - wie oben aufgezeigt - ein umfassender Haftungsausschluss nicht auf eine (ausdrücklich oder konkludent) vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB bezieht (st. Rspr.; zuletzt Senatsurteil vom 34 35 - 16 - 26. April 2017 - VIII ZR 233/15, aaO).
Diesen Schutz kann sich ein Käufer, dessen Kaufentschluss maßgeblich von der abgegebenen öffentlichen Äußerung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB beeinflusst ist, dadurch verschaffen, dass er diese Äußerung in die Vertragsurkunde aufnehmen lässt oder zumindest mit dem Verkäufer - nachweislich - eine stillschweigende Übereinkunft über das Vorhandensein kaufentscheidender Eigenschaften erzielt.“
Demnach besteht im vorliegenden Fall kein besonderes Schutzbedürfnis des Käufers. Eine einschränkende Auslegung muss aus diesem Grund nicht vorgenommen werden.
(3) Einschränkende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses wegen öffentlicher Äußerungen in Form einer Herstellerbezeichnung „Slam 1.4 ecoFlex“
Fraglich ist, ob die Wahl einer Herstellerbezeichnung im Rahmen der öffentlichen Äußerung zu einer anderen Auslegung führen kann.
Insoweit gilt es zu beachten, dass eine solche Bezeichnung zwar bestimmte berechtigte Erwartungen des Käufers in Bezug auf die Kaufsache begründen können, allerdings wurde bereits oben dargestellt, dass bloße Erwartungshaltungen des Käufers nicht zwingend solche Begleitumstände darstellen, die sich auf den Haftungsausschluss und seine Auslegung beziehen. Es bedarf vielmehr weiterer Umstände, die die Annahme zulassen, dass die Käufererwartungen sich auch auf den Haftungsausschluss beziehen sollen. An solchen fehlt es im vorliegenden Fall (s.o.).
d) Unwirksamkeit des Ausschlusses wegen § 309 Nr. 7
Der Haftungsausschluss ist auch nicht nach § 309 Nr. 7 Buchst. a, b BGB unwirksam. Zwar hält eine umfassende Freizeichnung des Verkäufers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, einer Inhaltskontrolle am Maßstab der vorgenannten Regelungen nicht stand, es ist jedoch nicht ersichtlich, dass vorliegend AGB verwendet worden sind.