Sachverhalt:
Die Klägerin (K) nimmt die Beklagte (B) als Halterin eines Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch.
K betreibt ein Abschleppunternehmen. K wurde beauftragt das Fahrzeug der B, das bei einem Verkehrsunfall schwer beschädigt worden und nicht mehr fahrbereit war, abzuschleppen.
Daraufhin verbrachte K das Fahrzeug in ihre Lagerhalle, wo es nach dem Abstellen nicht mehr bewegt wurde.
Drei Tage später brannte es in der Lagerhalle. Die K behauptet, dass der Brand die Folge eines technischen Defekts des Fahrzeugs gewesen sei. Der Brandschaden sei von einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs ausgegangen und habe überdies in einem zeitlichen Zusammenhang mit einem schweren Verkehrsunfall gestanden, der sich wiederum im öffentlichen Straßenverkehr ereignet habe.
Unterstellt der Brand ist vom Kfz ausgegangen, kann der Vorgang dem Betrieb eines Kfz im haftungsrechtlichen Sinne zugeordnet werden?
Lösung:
§ 7 StVG
Problematisch ist vorliegend insb. das Vorliegen des Merkmals „bei Betrieb“. An diesem Merkmal könnte man insbesondere daher zweifeln, da sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Brandentstehung weder in Bewegung noch im öffentlichen Verkehrsraum befunden hat. Vielmehr wurde das Fahrzeug in der Halle des Abschleppunternehmens abgestellt, die gerade nicht Teil des öffentlichen Verkehrsraums ist.
Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass der „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ nach der ständigen Rechtsprechung entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen ist. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt, wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, das heißt, die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist.
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht.
Die Schädigung Dritter durch den Defekt einer Betriebseinrichtung des Kfz gehört nach der ständigen Rechtsprechung zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die § 7 StVG die Schadloshaltung vorsieht. Dabei ist es unerheblich, ob die Gefahr vom Fahrbetrieb selbst ausgeht oder vor bzw. nach einer Fahrt eintritt.
Bei gebotener wertender Betrachtung ist das Schadensgeschehen in solchen Fällen durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden.
Hinweis
In der Literatur wird diese weite Auslegung teilweise kritisiert. (vgl. LG Heidelberg, r+s 2016, 481, 482 f.; LG Köln, r+s 2017, 655; Burmann/Jahnke, DAR 2016, 313, 319; Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl., § 7 StVG Rn. 9; Herbers, NZV 2014, 208; Lemcke, r+s 2014, 195; ders., r+s 2016, 152; Schwab, DAR 2014, 197; Pieroth/Schmitz-Justen, NZV 2020, 293 ff.).
Anders wäre die Situation zu bewerten, wenn ein vorsätzliches Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Kraftfahrzeugs vorläge.
Dem haftungsrechtlichen Betrieb eines Kraftfahrzeugs steht auch nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Schadensfalls das Fahrzeug schwer beschädigt sowie nicht mehr betriebsbereit war. Auch spielt es keine Rolle, ob das Fahrzeug wieder im Straßenverkehr eingesetzt werden könnte. Auch ein Unfallfahrzeug ist (noch) ein Kraftfahrzeug im Sinne von § 7 StVG.
Ergebnis
Das Fahrzeug ist in Betrieb gewesen. Eine Haftung nach dem StVG kommt daher in Betracht.