X und Y überfallen nachts ein betagtes Ehepaar in dessen Einfamilienhaus, um nach stehlenswerten Gegenständen zu suchen. Während der Ehemann E das Geschehen verschläft, wacht F auf und wird von X überwältigt und am Boden festgehalten. In der Zwischenzeit sucht Y nach Wertgegenständen, die er auch findet und einsteckt. Kurz vor dem Verlassen des Hauses ergreift X einen Schal, der an der Gardeobe hängt sowie den Gurt der Handtasche der F und fesselt die F an Händen und Füßen.
Hier haben sich X und Y zunächst des mittäterschaftlich begangenen Raubes gem. §§ 249, 25 II StGB strafbar gemacht. In der Klausur sollten Sie beide Beteiligten zusammen prüfen, da X durch das Niederdrücken der F Gewalt angewendet hat und Y durch das Einstecken der Wertgegenstände die Wegnahme vollendet hat. Die beiden Handlungen müssen dem jeweils anderen Mittäter über § 25 II StGB zugerechnet werden, was vorliegend aber kein Problem ist. Unproblematisch liegt auch ein Raub und keine räuberische Erpressung vor. Der BGH grenzt auf Konkurrenzebene nach dem äußeren Tatbild ab - hier: Nehmen - die Literatur nach der inneren Willensrichtung - hier: gegen den Willen, da das Opfer keine Verhaltensalternative sieht.
Problematisch ist, ob dieser Raub durch das anschließende Fesseln gem. § 250 I Nr. 1b StGB qualifiziert wurde. Schließlich lag bereits durch das Einstecken der Gegenstände ein vollendeter Raub vor. Hätte Y nach diesem Zeitpunkt aus Reue die Gegenstände wieder zurück gelegt, würde sich an seiner Strafbarkeit gem. § 249 StGB nichts ändern. Aus diesem Grund lehnt eine starke Literaurauffassung die sukzessive Qualifikation ab. Zudem weist die Literatur auf die Möglichkeit einer Bestrafung gem. § 252 StGB hin.
Der BGH hingegen verweist erneut auf seine ständige Rechtsprechung und führt aus, dass es für die Annahme des Qualifikationsmerkmals ausreiche, wenn der Täter die für § 250 I Nr. 1b StGB erforderliche Verwendungsabsicht zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuch und Beendigung fasse. Darüber hinaus genüge es für das Bei Sich führen, wenn der Täter das erforderliche Mittel erst am Tatort ergreife. Die in einigen Fällen nunmehr problematische Abgrenzung zu § 252 StGB löst er auf Konkurrenzebene. Vorliegend prägt die Gewaltanwendung in Gestalt der Fesselung den noch nicht beendeten Raub, so dass sie diesem zuzuordnen ist und § 252 StGB zurück tritt.
Voraussetzung der sukzessiven Qualifikation ist aber, dass der Täter mit der Absicht der Beutesicherung handelt (BGH 2 StR 12/19 - abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de). Hätten X und Y also die Beute im Haus zurück gelassen und danach die F zur Sicherung ihrer Flucht gefesselt, wäre eine sukzessive Qualifikation nicht möglich.
Weitere Ausführungen finden Sie in unserem GuKO SR III sowie in unseren ExO`S. Einen Auszug aus unseren Skripten zu diesem Thema finden Sie unter http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12492