Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Ersatzfähigkeit der Kosten für eine Reparaturbestätigung.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 22. Juli 2014 in Anspruch.
Die volle Haftung des Beklagten für den Unfallschaden steht dem Grunde nach außer Streit. Ein Privatsachverständiger ermittelte die Kosten für die Reparatur des Unfallschadens am Fahrzeug der Klägerin mit netto 4.427,07 €. Die Klägerin rechnete auf Gutachtenbasis mit dem Beklagten ab, der den ermittelten Betrag erstattete. Die Reparatur ließ die Klägerin von ihrem Lebensgefährten, einem gelernten Kfz-Mechatroniker vornehmen. Die Ordnungsgemäßheit der Reparatur ließ sie sich von dem Sachverständigen bestätigen, der für die Erstellung der Reparaturbestätigung 61,88 € in Rechnung stellte.
Lösung:
Beachte: Es stehen nur noch die 61, 88€ für die Reparaturbestätigung im Streit.
Fraglich ist, ob dieser Posten im Rahmen der fiktiven Abrechnung geltend gemacht werden kann. Die Wahl zwischen konkreter und fiktiver Berechnung ist grds. zulässig und Ausfluss der Privatautonomie.
Der Geschädigte eines Kraftfahrzeugsachschadens hat bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Wahl, ob er fiktiv nach den Feststellungen eines Sachverständigen oder konkret nach den tatsächlich aufgewendeten Kosten abrechnet.
Bei der fiktiven Berechnung kommt es jedoch nicht auf die Reparatur an, weshalb eine Bestätigung der Werkstatt über die Art der Reparatur nicht relevant ist. Insoweit sind die bei der konkreten Reparatur angefallenen Kosten nicht ersatzfähig.
„Bei fiktiver Abrechnung ist der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln. Der Geschädigte, der im Gegenzug nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen, disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf einer objektiven Grundlage zufrieden gibt.“
Grds. kann der Geschädigte – unter Beachtung der verjährungsrechtlichen Vorschriften – von der fiktiven zur konkreten Berechnung wechseln, wenn die VSS hierfür vorliegen.
Die Klägerin wollte vorliegend jedoch nicht wechseln, sondern hat eine Kombination von fiktiver Abrechnung und Geltendmachung von Reparaturnebenkosten begehrt. Eine solche Kombination ist jedoch insoweit unzulässig.
„Bei den geltend gemachten Kosten für die Reparaturbestätigung des Sachverständigen handelt es sich nicht um Kosten, die nach der gewählten fiktiven Berechnungsweise zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs erforderlich waren im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Es handelt sich vielmehr um eine Position, die ursächlich auf der freien Entscheidung der Klägerin beruht, ihr Fahrzeug nicht in einem Fachbetrieb, sondern in Eigenregie reparieren zu lassen.“
Hieran ändert die ersparte Umsatzsteuer (bei fiktiver Abrechnung) des Beklagten nichts. Die fehlende Ersatzfähigkeit tatsächlich nicht angefallener Umsatzsteuer ist direkte Folge der gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB und eine bewusste Einschränkung der Dispositionsfreiheit durch den Gesetzgeber.
Auf die Motivation der Klägerin, im Hinblick auf eine mögliche spätere Veräußerung des Fahr-zeugs oder im Falle eines eventuellen weiteren Unfallschadens an derselben Fahrzeugstelle den Nachweis einer ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur vornehmen zu können kommt es – nach der Disposition der Klägerin - nicht an.
Anders wäre der Fall zu bewerten, wenn die Reparaturbestätigung zur Schadensberechnung notwendig gewesen wäre.
So denkbar z.B. bei der Geltendmachung eines Nutzungsausfallschadens oder beim Übergang zur konkreten Berechnung, s.o. (Nachweis der ordnungsgemäßen Reparatur).
Die konkrete und fiktive Abrechnung ist examensrelevant und daher von ihnen zu beherrschen.