Damit musste sich der BGH im letzten Jahr befassen. Der Entscheidung (BGH NStZ 2019, 511) lag (vereinfacht und verkürzt) folgender Sachverhalt zugrunde:
A und B wollen dem Drogenhändler D, den sie persönlich nicht kennen, Betäubungsmittel notfalls mit Gewalt abnehmen. Zu diesem Zweck hat A bereits D angerufen und ihn zu seiner Wohnung bestellt. Im dunklen Hausflur wartet B, der zuvor von A einen Baseballschläger bekommen hat, um damit D niederzuschlagen. Nun erscheint O, ein Bekannter von A und B. A empfängt ihn im Hof und schickt ihn in die Wohnung. Es ist dabei für ihn vorhersehbar, dass B ihn aufgrund der schlechten Beleuchtung verwechseln könnte, was tatsächlich auch geschieht. B, der glaubt, D komme auf ihn zu, schlägt zu und bricht O die Nase. Danach erscheint dann D, den A, der zuvor das Geschehen um O mitbekommen hat, nun ebenfalls nach oben schickt. Ihm nimmt B nun unter Einsatz einfacher körperlicher Gewalt die Betäubungsmittel ab, wobei D den Baseballschläger noch nicht einmal wahrnimmt.
In einer Klausur würden Sie sich zunächst mit der Strafbarkeit des B auseinandersetzen.
Im Hinblick auf D liegt zunächst ein einfacher Raub gem. § 249 I StGB vor. Fraglich ist, ob der Raub qualifiziert sein könnte gem. § 250 StGB. In Betracht käme evtl. § 250 II Nr.1 StGB. Dafür ist aber unabdingbar, dass der Täter den gefährlichen Gegenstand verwendet und das Opfer diesen auch wahrgenommen hat. Hier hat B den Baseballschläger wohl noch griffbereit gehabt aber nicht eingesetzt, weder als Mittel der Gewalt noch als Untermauerung einer Drohung. Entsprechend hat D den Baseballschläger auch nicht wahrgenommen. B hat den Baseballschläger, der auch gem. Abs. 1 Nr. 1a unproblematisch nach allen Ansichten ein gefährliches Werkzeug ist, aber bei sich geführt, so dass B insoweit einen schweren Raub gem. §§ 249 I, 250 I Nr. 1a StGB begangen hat.
Im Hinblick auf O konnte das LG nicht klären, ob B dem O die Betäubungsmittel wegnehmen wollte oder ob er sie sich von O übergeben lassen wollte. Da nach der Rechtsprechung der Raub von der Räuberischen Erpressung nach dem äußeren Erscheinungsbild abgegrenzt wird, stellt sich die Frage, wie in den Fällen verfahren wird, in denen, wie vorliegend, dieses äußere Erscheinungsbild nicht festgestellt werden kann. Denken könnte man an eine Wahlfeststellung, auf die man aber vorliegend nicht zurückgreifen muss, da nach Auffassung der Rechtsprechung die räuberische Erpressung der Auffangtatbestand ist. Selbst wenn B sich vorgestellt hätte, dem O die Betäubungsmittel wegzunehmen, läge zugleich auch immer eine Duldung dieser Wegnahme vor.
B könnte sich also wegen versuchter, besonders schwerer räuberischer Erpressung gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1a, 22, 23 StGB strafbar gemacht haben, indem er O mit dem Baseballschläger schlug.
Beim Tatentschluss muss der error in persona angesprochen werden, der aber für B unbeachtlich ist. Zudem muss geklärt werden, ob der Verlust des Besitzes an den Betäubungsmitteln für O einen Schaden dargestellt hätte. Das hängt davon ab, welchen Vermögensbegriff man wählt. Der BGH geht vom ökonomischen Vermögensbegriff aus, so dass auch die Betäubungsmittel darunterfallen. Stellt man hingegen auf den juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff ab, so müsste man den Schaden verneinen, da der Besitz einer großen Menge Betäubungsmittel nach dem Gesetz verboten ist. Das LG hat den Schaden und auch die weiteren Voraussetzungen bejaht, so dass eine Strafbarkeit nach den genannten Normen zu bejahen ist. Daneben hat sich B noch gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2 strafbar gemacht.
Kommen wir damit zur Frage, wie A sich strafbar gemacht hat.
In Betracht kommt eine mittäterschaftlich begangene, versuchte besonders schwere räuberische Erpressung gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1a, 22, 23, 25 II StGB, indem A den Drogendealer D anrief, ihn in die Wohnung bestellte und B den Baseballschläger gab.
Im Rahmen des Tatentschlusses muss festgestellt werden, dass O die vorgestellte Gewalthandlung nicht selber vorgenommen hätte. Sodann muss gefragt werden, ob ihm die Handlung des B zugerechnet werden könnte. Das ist immer dann der Fall, wenn A nach seiner Vorstellung einen Verursachungsbeitrag geleistet hätte, es einen gemeinsamen Tatplan gegeben hätte und auf Basis dieses Tatplans seine Mitwirkung als täterschaftliche Handlung hätte gewertet werden können.
Das Problem des error in persona können Sie nun schon im Rahmen des Tatplans darstellen, da sich Vorsatz und Tatplan überschneiden. Dies hat auch der BGH getan.
Es stellt sich also die Frage, wie es sich auswirkt, dass B versehentlich O geschlagen und damit auch unmittelbar angesetzt hat. Es könnte sich um einen auch für den Mittäter im Rahmen des Tatplans unbeachtlichen Irrtum handeln oder aber um einen Exzess, also um etwas, was vom gemeinsamen Tatplan nicht mehr umfasst ist.
Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) ist diese Verwechselung unbeachtlich, solange sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren bewegt. Der BGH führt hierzu unter Berufung auf die h.Lit. folgendes aus:
„Der Irrtum des Handelnden über die Person des Angegriffenen ist auch für den Mittäter unbeachtlich …. Dies wird in der Literatur vornehmlich mit folgenden Argumenten begründet: Es handele sich bei diesem fahrlässigen Exzess nur um einen Motivfehler (Streng aaO, S. 916). Ausreichend sei, dass der Handelnde den Tatplan umsetzen wolle; mehr als eine „situationsangemessene Wahrnehmung“ könne der andere Mittäter, der die Ausführung eines Teils der Tat dem Handelnden überlasst, nicht verlangen (Streng aaO: „subjektive Tatplan-Treue“; Schönke/Schröder/Weißer StGB, 25. Aufl., § 26 Rn. 101; Puppe ZIS 2007, 234, 244). Der Komplize könne nicht einwenden, dass er die Tat so nicht gewollt habe; dies sei eine widersprüchliche „protestatio facto contraria“ (Küper aaO, S. 38 f.; Toepel JA 1997, 248, 253; 948, 949 f.; Scheffler JuS 1992, 920, 922; Geilen Jura 1983, 332, 335).
Hier entsprach es dem Tatplan, die als Drogenhändler identifizierte Person anzugreifen. Der Angekl. … trug mit dem von ihm ersonnenen Tatplan maßgeblich zur Tat … bei. Er hätte nach den Grundsätzen des § 24 Abs. 2 StGB zurücktreten …., …. und insbesondere seinen Mittäter … auffordern müssen, entgegen der Abrede die eingetroffene Person nicht anzugreifen. Dies wäre ihm angesichts seiner Teilhabe an der Tatherrschaft und seines Standorts unschwer möglich gewesen. …..Hier kommt zudem dem Umstand Bedeutung zu, dass die Angekl. die Drogenhändler nicht kannten. Notwendiger Bestandteil des Tatplans war daher deren Identifizierung; damit war das Risiko einer Personenverwechslung im Tatplan angelegt. Der Tatplan bestand ebenso wie der Vorsatz des Angekl. …. fort und gibt den „normativen Grund“ für die Zurechnung …. einer Erneuerung oder bestätigenden Aktualisierung des Vorsatzes zum Zeitpunkt des Schlages bedurfte es nicht. “
Die Handlung des B könnte A also zugerechnet werden, so dass der Tatentschluss auf eine Mittäterschaft gerichtet war. Zum Zeitpunkt der im Obersatz genannten Handlungen besaß A auch die erforderliche, rechtswidrige Bereicherungsabsicht., sodass der Tatentschluss zu bejahen ist.
Beim unmittelbaren Ansetzen kommt es nach h.M. nach der Gesamtlösung nun darauf an ob einer der Mittäter entsprechend dem Tatplan unmittelbar angesetzt hat. Dieses unmittelbare Ansetzen gilt dann aufgrund der Zurechnung über § 25 II StGB für alle anderen Mittäter entsprechend.
Hier hat B, indem er O geschlagen hat, die Tathandlung der §§ 253, 255 StGB ausgeführt und damit unmittelbar – zum untauglichen Versuch – angesetzt. Das führt dazu, dass auch A unmittelbar angesetzt hat.
Da Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe nicht ersichtlich sind, hat A sich wegen einer mittäterschaftlich begangenen, versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1a, 22, 23, 25 II StGB strafbar gemacht, indem A den Drogendealer D anrief, ihn in die Wohnung bestellte und B den Baseballschläger gab.
Darüber hinaus hat er auch die gefährliche Körperverletzung mittäterschaftlich begangen.
Indem er kurze Zeit später, nachdem er erkannt hatte, dass B den O geschlagen hatte, auch bei fortbestehendem Tatplan D nach oben schickte, hat er sich darüber hinaus auch gem. §§ 249 I, 250 I Nr. 1a, 25 II StGB strafbar gemacht.