Roman Angonese, ein italienischer Staatsangehöriger deutscher Muttersprache, bewarb sich um eine von der Cassa di Risparmio ausgeschriebene Stelle. Die Privatbank mit Sitz in Bozen sah als Bewerbungsvoraussetzung den Nachweis der Zweisprachigkeit (Italienisch/Deutsch) des Typs B vor, der nur in der Provinz Bozen ausgestellt wird. Roman Angonese verfügte zwar nicht über eine solche Bescheinigung, konnte aber aufgrund seines Studiums in Wien den Sprachnachweis auf andere Weise erbringen. Gleichwohl ließ ihn die Bank nicht am Auswahlverfahren teilnehmen. Daraufhin klagte Roman Angonese beim zuständigen italienischen Gericht gegen die Bank auf Schadensersatz, da er sich als „Rückkehrer“ in seiner Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzt sah. Das Gericht legte dem EuGH nun im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vor, ob eine von einem privaten Arbeitgeber aufgestellte Verpflichtung, wonach der Zugang zu einem Arbeitsplatz vom Besitz eines einzigen Diploms abhängig gemacht wird, ein Hindernis für die Arbeitnehmerfreizügigkeit darstelle.
Der EuGH stellte zunächst fest, dass das in Art. 48 EGV (heute Art. 45 AEUV) enthaltene Diskriminierungsverbot nicht nur für staatliche Behörden, sondern auch für Privatpersonen gilt. Er begründete diese unmittelbare Drittwirkung mit dem Wortlaut der Vorschrift, die allgemein formuliert sei. Weiterhin müsse eine rechtliche Ungleichbehandlung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor verhindert werden, weil diese zu Wettbewerbsverzerrungen führe. Hinzu komme die Gefahr, dass die Abschaffung staatlicher Hindernisse für den Binnenmarkt nicht effektiv sei, wenn es den Privatpersonen freistehe, neue Hindernisse zu erreichten.
Anschließend widmete sich der EuGH der Ausgangsfrage und führte aus, dass Personen, die nicht in der Provinz wohnen, nur sehr wenige Möglichkeiten hätten, das Diplom zu erwerben und damit einen Arbeitsplatz zu erhalten. Somit seien nicht nur die nicht in dieser Provinz wohnenden Italiener, sondern vor allem die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten benachteiligt. Die Maßnahme sei folglich diskriminierend. Eine Rechtfertigung sei zwar durch sachliche Gründe grundsätzlich möglich, scheide hier aber mangels Verhältnismäßigkeit aus.
Die Entscheidung des EuGH festigt letztlich die Bosman-Rechtsprechung und dehnt die Anwendung des Art. 45 AEUV über kollektive Regelungen privater Vereinigungen hinaus auf alle Verträge zwischen Privatpersonen aus. Inwieweit diese Aussagen auf andere Grundfreiheiten übertragbar sind, ist noch unklar. Jedenfalls im Bereich der Warenverkehrsfreiheit wird eine unmittelbare Drittwirkung überwiegend abgelehnt.