Mit einer solchen Tatplanänderung musste sich der BGH (Beschluss vom 14.02.2012 - 3 StR 446/11 - abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de) in folgendem Fall beschäftigen:
A und B planten, die O zu Hause zu überfallen und auszurauben. O sollte nach dem Öffnen der Haustüre zunächst überwältigt und alsdann gefesselt und geknebelt werden. Danach wollte man die Wohnung nach Wertgegenständen durchsuchen. Als A nun die Wohnung betrat, stellte er fest, dass B absprachewidrig O bis zum Eintritt der Bewusstlosigkeit würgte. Er unternahm nichts, obgleich davon ausgegangen werden muss, dass er die Todesgefahr für O erkannte, die sich dann auch infolge des Würgens realisierte.
Es stellt sich nun die Frage, ob sich A des mittäterschaftlich begangenen Totschlages oder gar Mordes gem. §§ 211, 212 StGB strafbar gemacht haben könnte. Da das Würgen und Töten des Opfers vom ursprünglichen Tatplan nicht umfasst war, kommt nur eine sukzessive Mittäterschaft bei nachträglicher Tatplanänderung in Betracht, die grundsätzlich möglich ist, da der Tatplan generell auch erst während der Tatausführung geschmiedet werden, ergo auch während der Tatausführung geändert werden kann. Diese setzt voraus, dass der Mittäter in Kenntnis und Billigung in das tatbestandsmäßige Geschehen eingreift und sich mit dem anderen zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet. Dies könnte vorliegend durch das Unterlassen des Abhaltens des B der Fall sein.
Zu bedenken ist jedoch, dass es grundsätzlich nicht ausreicht, dass der Beteiligte die Tatumstände kennt, sie billigt und durch eigenes Einschreiten lediglich verhindern könnte, denn insofern kommt auch eine Beihilfe, evtl. durch Unterlassen in Betracht. Für die Mittäterschaft ist vielmehr eine - wenn auch nur psychische - aber merkliche Förderung der Tat notwendig sowie darüber hinaus das Bewusstsein des Täters von eben dieser fördernden Wirkung seines Tatbeitrages. Ferner erfordert die im Rahmen des gemeinsamen Tatplans gebotene Willensübereinstimmung, dass der andere Täter seine Tätigkeit durch die Unterstützung vervollständigen und sich diese zurechnen lassen will. Dies wiederum setzt voraus, dass dieser Täter - hier also B - die Unterstützug durch den anderen Täter - hier also A - erkennt.
Vor dem Hintergrund der subjektiven Theorie, mit der der BGH Täterschaft von Teilnahme abgrenzt (animus auctoris - animus socii) hat er in diesem Fall ferner deutlich gemacht, dass eine Täterschaft nicht nur von den soeben aufgezeigten Kriterien abhängt, sondern auch von der inneren Einstellung des A zur Tat. War seine aufgrund einer wertenden Betrachtung festzustellende innere Haltung - insbesondere vielleicht wegen des Interesses am Taterfolg - als Ausdruck eines sich die Tat des anderen zu eigen machenden Täterwillens aufzufassen, dann liegt sukzessive Mittäterschaft nahe, sofern B die Unterstützung erkannte und wollte. War sie hingegen davon geprägt, dass A sich dem B unterordnet oder aber das Geschehen ohne innere Beteiligung ablaufen lässt, so liegt Beihilfe nahe.
Es sind also zwei Aspekte wichtig: zum einen die Frage nach dem gemeinsamen, sukzessiv gefassten Tatplan und zum andern die Frage nach der Wertung des Tatbeitrages anhand der inneren Einstellung zur Tat (BGH) bzw. nach der Tatherrschaft (Lit.).
Wollte man unter Ablehnung des gemeinsamen Tatplans eine mittäterschaftlich begangene, aktive Tötung der O durch A verneinen, wäre es voreilig in der Klausur direkt die Beihilfe anzunehmen. In Betracht kommt nämlich auch eine Tötung als Alleintäter durch Unterlassen. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass es A physisch real möglich war, B von der Tötung der O abzuhalten. Danach stellt sich die klausurelevante Frage nach eine Unterlassenstäterschaft neben einem aktiv handelnden Täter und schließlich muss der Zurechnungszusammenhang bei der Ingerenz thematisiert werden. Sicherlich ist es vorwerfbar, in die Wohnung der O einzudringen. Aber liegt in diesem Eindringen schon die Gefahr, dass einer der Mittäter einen Exzeß begeht und das Opfer tötet?
All diese Fragen beantworten Ihnen der GuKO SR I sowie die verschiendenen ExO`S. Einen Auszug aus unserem Skript zur "Täterschaft und Teilnahme" finden Sie im Footer der JURACADEMY unter dem Thema "Täterschaft ud Teilnahme" oder direkt hier: http://www.juracademy.de/web/skript.php?id=37087