Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen Entscheidungen im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren des VG Freiburg und des VGH Baden-Württemberg, die im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit einer Dauerobservation des Beschwerdeführers bestätigten. Im Jahre 2010 wurde der Beschwerdeführer im Anschluss an die Rechtsprechung des EGMR aus nachträglicher Sicherheitsverwahrung entlassen. Der Beschwerdeführer hatte vor seiner Sicherheitsverwahrung eine Haftstrafe u.a wegen zweier Vergewaltigungen verbüßt. Nach seiner Freilassung ordnete die Polizeidirektion Freiburg eine 24-stündige Dauerobservation an. Bestandteil dieser Maßnahme war u.a, dass dauerhaft ein Polizeiauto mit drei Beamten vor der Unterkunft des Beschwerdeführers stand. Zudem saßen zwei Polizisten in der Küche der Unterkunft, wenn er sich in seinem Zimmer aufhielt. Sobald der Beschwerdeführer seine Unterkunft verließ wurde er von den Polizisten begleitet. Sprach dieser Frauen an, kam es sogleich zu einer sog. "Gefährdetenansprache" gegenüber den Frauen, in der die Frauen über den Grund der Observation in Kenntnis gesetzt wurden. Nur bei Gesprächen mit Anwälten, Behörden und Ärzten nahmen die Polizisten Abstand.
Gegen diese Observation stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel, das Land zur Unterlassung der geplanten Observation zu verurteilen, bzw. dieses zu verpflichten, die aktuelle Observation umgehend einzustellen. Vor dem VG Freiburg und dem VGH Baden-Württemberg blieb er ohne Erfolg mit diesem Antrag. Auch der Antrag auf eine einstweilige Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 27.2.2012, Az.: 1 BvR 22/12) wurde abgelehnt.
Im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacherverfahren hat der Beschwerdeführer bei dem VG Freiburg mittlerweile eine Klage auf Unterlassung der Obervation erhoben über die noch nicht entschieden worden ist.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die beiden verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidungen.
Das Gericht stellt zunächst klar, dass die Verfassungsbeschwerde zulässig sei. Das Gebot der Rechtswegerschöpfung nach § 90 Abs. 2 BVerfGG stehe dem nicht entgegen, da eine Verweisung auf das Haupsacheverfahren dann nicht in Betracht kommen würde, wenn gerade die Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes gerügt werde. Dies gebiete Art. 19 Abs. 4 GG, der gerade auch einen effektiven einstweiligen Rechtsschutz garantiere. Zudem sei es in diesem Falle dem Beschwerdeführer schlicht unzumutbar, ein noch vielleicht Jahre dauerndes verwaltungsgerichtliches Hauptverfahren abzuwarten.
Im Rahmen der Begründetheit zieht das Gericht zunächst auch die Garantie des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG als Prüfungsmaßstab heran. Es stellt klar, dass die Verwaltungsgerichte auch im einstweiligen Verfahren die Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen müssen und sich nicht auf eine summarische Prüfung beschränken dürfen. Im Folgenden prüft das Gericht, ob die Verwaltungsgerichte diese Grundrechtsfragen richtig gewürdigt haben. Zustimmung erfährt zunächst die Feststellung, dass es sich bei der Observation um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff handeln würde, der den autonomen Bereich der persönlichen und privaten Lebensgestaltung tangiert. Dieser Bereich wird geschützt durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und stellt sich zudem als Konsequenz der Menschenwürde dar.
Bei der Prüfung, ob dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, klärt das Gericht zunächst auf welcher Rechtsgrundlage die Maßnahmen vorgenommen werden durften. Mangels Spezialbefugnisse blieb insoweit nur die Möglichkeit die Maßnahme über die polizeirechtliche Generalklausel des §§ 3, 1 PolG BW zu begründen. Das Gericht formuliert dabei entschiedene Bedenken, ob es sich hierbei um eine taugliche Rechtsgrundlage handeln könnte. Es handele sich nämlich eher um eine neue Form einer polizeilichen Maßnahme, die vom Landesgesetzgeber noch nicht speziell geregelt sei. Jedoch ermögliche die polizeirechtliche Generalklausel, den Sicherheitsbehörden auf unvorhergesehene Gefahrensituationen zu reagieren und eventuelle Sicherheitslücken zu schließen. Der Gesetzgeber sei aber aufgerufen, darauf zu reagieren und eine spezielle Rechtsgrundlage zu schaffen, ansonsten könne es sein, dass solche Maßnahmen in Zukunft nicht mehr von der Generalklausel als gedeckt anzusehen sind.
Den Erfolg der Verfassungsbeschwerde begründete dann eine tatsächliche Wertung. Das Bundesverfassungsgericht rügte die Verwaltungsgerichte in der Hinsicht, dass sie ihre Gefahrenprognose auf ein Gutachten stützten, das zu einem Zeitpunkt erfolgte als der Beschwerdeführer sich noch in Sicherheitsverwahrung befand. Dabei würde es sich um Vermutungen handeln wie sich der Beschwerdeführer in Freiheit verhalten würden. Es müsse aber nunmehr ein Gutachten gemacht werden, dass das Verhalten des Beschwerdeführers in der aktuellen Situation analysieren würde. Nur auf diese Weise könnte die Schwere des Eingriffs gerechtfertigt werden. Im Ergebnis hatte die Verfassungsbeschwerde Erfolg. Die Entscheidungen wurden aufgehoben und die Sache wurde an das VG Freiburg nach § 95 Abs. 2 BVerfGG zurück verwiesen. Nunmehr ist dort auch das Hauptsacheverfahren rechtshängig, dessen Ausgang es abzuwarten gilt.
Weitere Ausführungen zu dieser Thematik finden Sie in unseren GuKO ÖR I sowie in den ExO`s.