Das Kammergericht Berlin (abgedruckt in NStZ-RR 2013, 138) musste sich mit folgendem Sachverhalt beschäftigen:
Die Angeklagten hatten den Plan entwickelt, sich durch "Wash-Wash" Taten eine nicht unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Entsprechend diesem Plan suchten sie das potentielle Opfer O auf und erklärten ihm, dass sie in der Lage seien, Geldscheine, die O in größerem Umfang zur Verfügung stellen sollte, mit chemischen Hilfsmitteln im "Wash-Wash" Verfahren so zu vervielfältigen, dass sie von Banken nicht als Fälschung erkannt werden können. Ihr Plan sah vor, die von O zu diesem Zweck überreichten Geldscheine während der vermeintlichen chemischen Prozedur unbemerkt gegen wertloses Papier auszutauschen und einzustecken. Anschließend wollten Sie den Tatort verlassen unter Hinweis darauf, dass der chemische Prozess noch eine Weile dauern werde. Beim ersten Treffen mit O demonstrierten sie ihr Verfahren mit eigenen Geldscheinen, woraufhin verabredet wurde, dass O am nächsten Tag Geldscheine zur Verfügung stellen solle, damit die Vervielfältigung beginnen könne. Als die Angeklagten am nächsten Tag O aufsuchten, hatte dieser aber bereits die Polizei verständigt, die verdeckt im Laden wartete. Den Angeklagten wurde das Geld gezeigt, bevor es aber zu irgendwelchen Aktivitäten kam, verließ einer der Angeklagten den Laden und verlangte alsdann telefonisch, dass die Aktion an einem anderen Ort stattfinden müsse. Daraufhin griff die Polizei ein.
Das KG Berlin hat die Verurteilung wegen versuchten, mittäterschaftlich begangenen Diebstahls in einem besonders schweren Fall gem. §§ 242, 243 I Nr. 3, 22, 23 25 II aufgehoben.
In der Klausur müssten Sie im Rahmen des Tatentschlusses sich zunächst einmal damit befassen, ob die Täter eine Wegnahme gegen oder ohne den Willen des Opfers veranlassen wollten. Immerhin sah ihr Plan vor, dass das Opfer die Geldscheine übergeben sollte. Mithin könnte also ein tatbestandsausschließendes Einverständnis (= Vermögensverfügung beim Betrug gem. § 263 StGB) vorgestellt worden sein. Dieses Einverständnis muss aber auf Gewahrsamsübertragung und nicht nur auf Gewahrsamslockerung gerichtet sein. O hätte aber im konkreten Fall den Gewahrsam an den von ihm überlassenen Geldscheinen nicht übertragen wollen, da er ja davon ausgehen sollte, dass er das Geld am Ende zurück erhalte.Von daher kann in der Übergabe des Geldes kein tatbestandsausschließendes Einverständnis gesehen werden. (nähere Ausführungen zu diesem "Klausurklassiker" finden Sie in unserem GuKO SR III sowie in den ExO`s).
Das KG Berlin hat letztlich das unmittelbare Ansetzen verneint. Nach der "gemsicht subjektiv-objektiven Theorie" muss der Täter subjektiv die Schwelle zum "Jetzt geht`s los" überschreiten und so zur Tatbestandsverwirklichung ansetzen, dass sein Tun ohne wesentliche Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergehen kann und das Rechtsgut konkret gefährdet ist (Achtung: auch das bestimmt sich nach der Vorstellung des Täters!). Da vorliegend noch über den Tatort verhandelt und das Geld auch noch nicht übergeben wurde, bedurfte es nach Auffassung des Gerichts noch einer Vielzahl wesentlicher Zwischenschritte zur Einmündung in den Tatbestand. Das unmiitelbare Ansetzen wurde von daher verneint und die Angeklagten frei gesprochen. Eine Verurteilung aus § 30 II StGB kam nicht in Betracht, da es sich beim Diebstahl nicht um ein Verbrechen handelt.
Nähere Ausführungen zum Thema Versuch finden Sie in unserem GuKO SR I sowie in den ExO`s.