Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die EG-Richtlinie 80/987 verpflichtete die Mitgliedstaaten zur Errichtung eines Garantiesystems, wonach Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers einen Ausgleich für den entgangenen Lohn erhalten sollten. Italien setzte diese Richtlinie nicht rechtzeitig um. Daraufhin verklagte der Italiener Francovich, dessen Arbeitgeber in Konkurs gefallen war, den italienischen Staat auf Zahlung derjenigen Summe, die bei fristgemäßer Umsetzung der Richtlinie gesichert gewesen wäre.
Das italienische Gericht beteiligte den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 177 EWGV (heute Art. 267 AEUV). In seinem Urteil stellte der EuGH zunächst fest, dass sich aus der Richtlinie selbst kein Zahlungsanspruch ergebe, da die Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Schuldners der Garantieansprüche hätten und die Richtlinie damit nicht hinreichend genau sei. Jedoch folgt laut EuGH aus dem Wesen der mit den Verträgen geschaffenen Rechtsordnung der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen das Europarecht haften müssen. Die Voraussetzungen, unter denen eine solch europarechtlich gebotene Staatshaftung einen Entschädigungsanspruch eröffnet, hängen von der jeweiligen Art des Verstoßes ab. Verletzt ein Mitgliedstaat wie im vorliegenden Fall seine Verpflichtung aus Art. 189 III EWGV (heute Art. 288 III AEUV), alle erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung des durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ziels zu erlassen, so steht dem Einzelnen unter folgenden Voraussetzungen ein Entschädigungsanspruch zu:
„Erstens muss das durch die Richtlinie vorgeschriebene Ziel die Verleihung von Rechten an Einzelne beinhalten. Zweitens muss der Inhalt dieser Rechte auf Grundlage der Richtlinie bestimmt werden können. Drittens muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat auferlegte Verpflichtung und dem den Geschädigten entstandenen Schaden bestehen.“
Diese drei Bedingungen sah der EuGH im vorliegenden Fall als erfüllt an. Francovich wurde daher ein Schadensersatzanspruch gegen den Staat Italien zugesprochen. Die Ausgestaltung dieses Anspruchs sollte sich nach dem nationalen Haftungsrecht richten.
In späteren Entscheidungen, insb. in den Fällen „Brasserie du Pêcheur“ und „Dillenkopfer“, erweiterte der EuGH die unionsrechtliche Staatshaftung und legte fest, dass generell bei der Verletzung von Europarecht eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht. So haftet ein Mitgliedstaat nicht mehr nur im Falle der Nichtumsetzung von Richtlinien, sondern z.B. auch bei der Nichtanpassung formeller nationaler Gesetze an das primäre Unionsrecht sowie bei administrativen Verstößen gegen das Europarecht.