Seit etwa anderthalb Jahren kostet ein Anwohnerparkausweis in Freiburg 360 Euro, also knapp einen Euro pro Tag. Bis zum Jahr 2021 gab es dies aber für nur 30 Euro. FDP-Stadtrat Sascha Fiek hatte gegen die kräftige Erhöhung geklagt. Und setzte sich durch: Das Leipziger Gericht (Urt. v. 14.06.2023, Az.: 9 CN 2.22) erklärte die Freiburger Gebührensatzung für unwirksam. Die Entscheidung hat Signalwirkung für andere Kommunen.
Der Senat gab drei Begründungen an: Zuvorderst hätte die Stadt eine Rechtsverordnung anstelle der vorliegenden Satzung erlassen müssen. Denn lediglich dazu ermächtigt das Straßenverkehrsgesetz des Bundes. Zweitens rügte das Gericht verschiedene aus sozialen Gründen enthaltene Ermäßigungen als unzulässig. Letztlich erachtete der Senat die Gebührensprünge für große Fahrzeuge als zu groß: „Im Extremfall kann ein Längenunterschied von 50 Zentimetern zu einer Verdoppelung der Gebühren führen“, so die Vorsitzende Richterin Ulrike Bick am Dienstag. Hierin liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Insbesondere die Klärung der rechtlichen Ausgestaltung durch die Kommunen ist begrüßenswert. Bundestag und Bundesrat hatten die geltende bundesweite Obergrenze von 30,70 Euro pro Jahr gekippt. Danach können Länder und Kommunen nun die Gebühren in Gebieten mit erheblichem Parkraummangel regeln. Durch die Klarstellung des Unterschieds zwischen Rechtsverordnungen und kommunaler Satzungsautonomie hat das Urteil auch Bedeutung über das Recht der Straßenverkehrsgebühren hinaus.
Gegen die grundsätzliche Höhe der Gebühren von 360 Euro pro Jahr hatten die Richterinnen und Richter am BVerwG aber keinerlei Bedenken. Sie sahen kein Missverhältnis zu den Zwecken, die mit der Erhebung der Gebühren verfolgt würden, etwa Deckung der Verwaltungskosten und der Ausgleich des Vorteils, den die Inhaberin oder der Inhaber eines Bewohnerparkausweises erhalten. Die Parkausweisinhaber dürfen ihr Auto ja auf der Straße abstellen, ohne deutlich mehr für ein Parkticket oder in einem Parkhaus zahlen zu müssen.
Während das BVerwG die grundsätzliche Erhöhung der Gebühren für angemessen erachtet, warnen manche Politiker vor einer steigenden sozialen Problematik: „Überbordende Gebühren werfen auch soziale Probleme auf“, so der verkehrspolitische Sprecher der baden-württembergischen FDP-Fraktion, Christian Jung. Finanziell besser gestellte Personen hätten meist eine eigene Garage, während Durchschnittsverdiener ihr Auto häufig auf der Straße abstellen müssten. Auch der Sozialverband VdK kritisiert: „Mehrkosten von 150 Euro im Jahr können viele Menschen einfach nicht tragen, sind aber trotzdem auf das Auto angewiesen.“ Der Automobilclub ADAC wirbt für „Maß und Mitte“.
Dagegen begrüßt Dorothee Saar, Leiterin des Bereichs Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die Entscheidung des BVerwG und dass die Höhe von 360 Euro im Jahr grundsätzlich bestätigt worden sei. Allerdings sei eine soziale Staffelung der Gebühren wichtig für die Akzeptanz vor Ort. Laut einer Übersicht der DUH haben die Kommunen bisher eher zögerlich die Gebühren für das Anwohnerparken erhöht. Ende vergangenen Jahres hatten demnach lediglich 13 von 104 abgefragten Städten die Gebühren für Anwohnerparkausweise erhöht.
Während Bochum, Frankfurt, Köln und München weiter mit Gebühren von 20-30 Euro planen wollen Berlin und Karlsruhe auf 120-180 Euro gehen; Bonn und Münster sine eher auf der Freiburger Linie: 360 bzw. 380 Euro/Jahr sollen dort fällig werden. Dies muss nun überprüft werden, das Leipziger Urteil gibt nun Parameter vor.