Der zugrundeliegende (leicht vereinfachte) Sachverhalt: E ist Eigentümer eines Grundstücks. Einen Teil dieses Grundstücks hat er an P verpachtet. Hierzu haben E und P im Jahre 1990 einen schriftlichen Pachtvertrag für die Dauer von 30 Jahren geschlossen. In diesem Vertrag finden sich unter anderem folgende Klausel:
„3. Verpächter und Pächter sind sich darüber einig, dass unverzüglich ein Erbbaurecht-Vertrag mit einer Gesamtlaufzeit von 99 Jahren geschlossen werden soll. Im Hinblick darauf sind Verpächter und Pächter verpflichtet, den ... Pachtvertrag demgemäß zu verlängern, falls es zu dem Abschluss eines Erbaurecht-Vertrags nicht kommen sollte, aus Gründen, die weder Pächter noch Verpächter zu vertreten haben.“
P errichtet in der Folgezeit mehrere Gebäude auf dem Grundstück. Trotz mehrfacher Anmahnung durch P, verweigert E 2005 endgültig den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages. Im Frühjahr 2008 erklären E und P wechselseitig schriftlich die Kündigung des Vertrages. P verlangt nun Wertersatz für die sich auf dem Grundstück befindlichen Anlagen, deren Wert er mit 440 000 € beziffert.
Hat P einen Anspruch gegen E auf Zahlung von Wertersatz in der genannten Höhe?
Der BGH geht hier davon aus, dass ein Anspruch des P aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (condictio ob rem) folgen könnte. Dazu müsste E etwas durch Leistung des P erlangt haben und der mit der Leistung bezweckte Erfolg müsste ausgeblieben sein. Das Sachenrecht weist in den §§ 93,94 BGB das Eigentum an den auf einem Grundstück errichteten Gebäuden dem Grundstückseigentümer zu. Etwas anderes würde nach § 95 BGB nur gelten, wenn es sich bei den Gebäuden um sog. Scheinbestandteile handeln würde – also solche, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden wurden. Werden jedoch Sachen in der Erwartung eines zukünftigen Eigentumserwerbs eingebracht, so könne laut BGH nicht von einem solchen, bloß vorübergehenden Zweck ausgegangen werden. E hat damit Eigentum an den errichteten Gebäuden erlangt. Damit hat das Grundstück eine Wertsteigerung erfahren. Darin liegt ein vermögenswerter Vorteil. E hat also „etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB erlangt. Dies müsste auch durch Leistung des P geschehen sein. Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Als P die Gebäude auf dem Grundstück des E errichtete, war er sich bewusst, dass das Grundstück aktuell im Eigentum des E stand und dieser damit Eigentum an den errichteten Gebäuden erwerben würde. Damit hat er das Vermögen des E auch bewusst und zweckgerichtet gemehrt. Eine Leistung des P liegt damit vor. Letzte Voraussetzung ist, dass der mit der Leistung bezweckte Erfolg ausgeblieben ist. Dazu müssten die Parteien eine Zweckvereinbarung getroffen haben. Diese könnte hier in der begründeten Erwartung des P bestehen, Eigentum an dem Grundstück zu erwerben. Allerdings entsprachen die Erklärungen nicht der Formvorschrift des § 311 b Abs. 1 BGB (i.V.m. § 11 ErbbauRG) und verschafften dem P damit noch keine gesicherte Rechtsposition – daher könnten Zweifel daran bestehen, ob hier wirklich eine begründete Erwerbserwartung anzunehmen ist (so noch die Vorinstanzen). Dem tritt der BGH hier jedoch entgegen: Eine berechtigte Erwerbserwartung im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bestünde bereits dann, „wenn die Bebauung und der spätere Eigentumserwerb auf einer tatsächlichen Willensübereinstimmung zwischen dem Bauenden und dem Grundstückseigentümer beruht“. Schon dann müsse der Grundstückseigentümer nämlich wissen, dass die Wertsteigerung, die das Grundstück durch die Bebauung erfährt, nicht bei ihm verbleiben solle. Wolle er einen Ausgleich für den Fall des Scheitern des Eigentumserwerbs vermeiden, müsse er einer ihm erkennbaren Erwerbserwartung ausdrücklich entgegentreten. Dies sei hier jedenfalls nicht hinreichend geschehen. Damit liegt eine taugliche Zweckvereinbarung vor. Indem es nicht zum Eigentumserwerb des P kam, ist auch der mit der Leistung bezweckte Erfolg ausgeblieben. Der Tatbestand des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB ist damit erfüllt. Fraglich ist allerdings noch die Höhe des geltend gemachten Anspruchs. P verlangt von E Ersatz in Höhe des Wertes der errichteten Gebäude. Der BGH führt hierzu aus, dass der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB jedoch nur auf „Abschöpfung des Wertzuwachses gerichtet ist, den das Grundstück infolge der Baumaßnahmen erfahren hat“. Da P seinen Vortrag nur auf den Wert der Gebäude selbst beschränkt habe und da Angaben des insofern darlegungspflichtigen P zu einer möglichen Wertsteigerung des Grundstücks nach der im Zivilprozess herrschenden Beibringungsmaxime auch nicht entbehrlich seien, sei die Klage insofern unschlüssig.
In Betracht kommende Ansprüche aus den §§ 994 ff. BGB scheitern, da die dazu erforderliche Vindikationslage zum maßgeblichen Zeitpunkt (Tätigung der Verwendungen) wegen des obligatorischen Besitzrechts des P aus dem Pachtvertrag nicht vorlag.
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