Der Entscheidung des BGH (Urteil vom 28. Mai 2014 – Az. VIII ZR 94/13, abrufbar unter www.Bundesgerichtshof.de = MDR 2014, 883 = NJW 2014, 3229 = BB 2014, 1999 = ZIP 2014, 1838 = BeckRS 2014, 11378 [beck-online] LSK 2014, 330495 (Ls.) [beck-online]) lag folgender (leicht vereinfachter) Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Neuwagen. Der K kaufte von der B, einem Autohaus, einen Pkw zum Preis von 29.953 €. Das Fahrzeug wurde dem K am 18. September 2009 übergeben. In der Folgezeit machte er mehrere Mängel des Fahrzeugs, unter anderem eine Mangelhaftigkeit der Einparkhilfe (Fehler der akustischen Warnfunktion aufgrund falschen Einbaus der Sensoren), geltend und suchte deshalb wiederholt das Autohaus der B und die Werkstatt eines anderen Autohauses auf. Mit als "letzter Nachbesserungsversuch" überschriebenem Schreiben vom 4. Dezember 2009 rügte der K insgesamt neun Mängel, darunter die oben genannte Mangelhaftigkeit der Einparkhilfe, und setzte der Beklagten erfolglos eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 11. Januar 2010. Nachdem die B dem Kläger mitgeteilt hatte, die Einparkhilfe funktioniere nach einem vorangegangenen Nachbesserungsversuch einwandfrei und entspreche dem Stand der Technik, erklärte der K mit Schriftsatz vom 29. September 2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Hat K gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW?
Anmerkung: Ein Sachverständiger hat für den ordnungsgemäßen Einbau der Sensoren der Einparkhilfe einen Gesamtaufwand von 1.958,85 € (brutto) ermittelt, was 6,5 % des Kaufpreises entspricht. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Mangel tatsächlich vorliegt. Dies resultiert darin, dass die Einparkhilfe immer wieder, auch während der Fahrt, Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgibt.
A. K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW nach erklärtem Rücktritt gemäß §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 BGB haben. Dann müssten die Voraussetzungen des Rücktritts gegeben sein.
I. Schuldverhältnis
Zunächst müsste als Schuldverhältnis ein wirksamer Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 BGB gegeben sein. Hier hatten sich K und B über den Kauf eines neuen PKW zum Preis von 29.953 € geeinigt. Ein wirksamer Kaufvertrag ist mithin gegeben.
II. Weitere Rücktrittsvoraussetzungen
Es müssten die weiteren Voraussetzungen des Rücktritts gegeben sein.
1. Mangel
Zunächst müsste ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB gegeben sein.
Hier könnte ein Mangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vorliegen. Hiernach ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Hier waren die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut worden, sodass die Einparkhilfe wiederholt, auch während der Fahrt, Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgibt. Ein Käufer kann erwarten, dass eine Einparkhilfe nur dann ein Signal von sich gibt, wenn auch tatsächlich dazu Anlass besteht. Ein anlassloses signalisieren von Gefahren, kann sogar weitere Gefahren hervorrufen, da der Fahrer unter dem Eindruck des Signals, tatsächlich davon ausgehen könnte, dass ein Kollision mit einem Hindernis kurz bevorsteht und daher stark abbremsen oder z.B. das Lenkrad umreißen könnte. Ein Mangel i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist gegeben. Mithin wurde die fällige Leistung nicht vertragsgemäß erbracht.
2. Nichtleistung trotz Fristsetzung
Aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung müsste der K dem B grundsätzlich gemäß § 323 Abs. 1 S. 1 BGB eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Hier hat der K dem B mit Schreiben vom 04.12.2009 eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 11.01.2010 gesetzt. Dies stellt eine angemessene Frist dar. In diesem Zeitraum hat der B auch keine Nacherfüllung vorgenommen.
3. Rücktrittserklärung
K hat gegenüber dem B auch den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB).
Somit sind die Voraussetzungen des Rücktritts grundsätzlich gegeben.
4. Ausschluss des Rücktritts
Die Möglichkeit eines Rücktritts könnte aber gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Danach kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Unerheblichkeit ist wiederrum bei Geringfügigkeit gegeben. Wann Geringfügigkeit vorliegt ist streitig. Eine Ansicht geht von einem Erheblichkeitswert der Mangelbeseitigung von 3- 5 % des Kaufpreises aus. Andere Ansichten gehen wiederrum von 10 % oder mehr aus. Unter diesem Wert solle dem Käufer der Rückgriff auf den Rücktritt versagt sein und er wäre auf Minderung und die Geltendmachung von kleinem Schadensersatz beschränkt. Im vorliegenden liegt der Wert der Nacherfüllung bei 6,5 % des Kaufpreises. Somit muss der Streit entschieden werden.
a. e.A.: Erheblichkeitswert bei Betrag von 3- 5 % des Kaufpreises erreicht
Nach einer Ansicht sind für die „[...] Frage der Erheblichkeit die zur Vorgängerregelung in § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF entwickelten Grundsätze auf § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu übertragen [...].
(a) Hierfür spreche bereits der in der Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucks. 14/6040) zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers [...].
Eine Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB und eine damit verbundene stärkere Einschränkung des Rücktrittsrechts sei zudem mit Blick auf Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12, im Folgenden: Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) bedenklich [...].
(b) Nach dem von der vorgenannten Auffassung angeführten § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF kamen Gewährleistungsansprüche des Käufers, sofern der Verkäufer keine Eigenschaft zugesichert hatte, bei einer unerheblichen Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit der Sache nicht in Betracht [...]. Als unerheblich im Sinne dieser Vorschrift wurde ein Mangel insbesondere dann angesehen, wenn er mit unerheblichem Aufwand und in kurzer Zeit behoben werden kann [...]. Hiervon ausgehend wurde in Rechtsprechung und Literatur im Allgemeinen ein Mangel ab einer Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit (§ 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) von drei bis vier Prozent als nicht mehr unerheblich angesehen [...]
(c) Dem entsprechend setzt die oben genannte Auffassung die Erheblichkeitsgrenze des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Bereich zwischen drei Prozent [...] und [...] fünf Prozent an [...]. In der Fünfprozentgrenze wird ein verlässlicher Wert gesehen, an dem sich die Praxis orientieren könne, zumal die Rechtsprechung der Instanzgerichte unterhalb dieser Schwelle, sofern nicht besondere Umstände vorlägen, regelmäßig von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ausgehe und dem Käufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages versage [...].“
b. a.A.: Erheblichkeitswert bei Betrag von cirka 10 % des Kaufpreises erreicht
Eine andere Ansicht, „lehnt eine Übertragung der von ihr als zu streng erachteten Grundsätze zu § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF, der aufgrund enger Auslegung praktisch funktionslos gewesen sei [...], ab und spricht sich dafür aus, die Schwelle der Erheblichkeit bei § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB gegenüber der Vorgängerregelung in § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF deutlich zu erhöhen [...].
(a) Diese Erhöhung sei schon aus Gründen der Systematik geboten [...]. Zwar habe der Gesetzgeber offenbar bei der Schaffung des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB eine Unerheblichkeitsschwelle wie in § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF im Auge gehabt; da dies allerdings zur weitgehenden Funktionslosigkeit des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB führe, müssten die Anforderungen an die Erheblichkeit im Sinne dieser Vorschrift deutlich höher angesetzt werden als bislang bei § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF [...]. Denn im Gegensatz zur früheren Rechtslage beim Kauf diene die Erheblichkeitsschwelle heute nicht mehr dazu, dem Käufer hinsichtlich des Mangels überhaupt Rechtsbehelfe zu versagen. Vielmehr würden seit der Schuldrechtsmodernisierung selbst bei unerheblichen Mängeln der Nacherfüllungsanspruch und die Minderung sowie - falls der Verkäufer den Mangel zu vertreten habe - der Anspruch auf kleinen Schadensersatz gewährt. Es gehe bei § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB mithin nicht mehr darum, die Schwelle zu Gewährleistungsrechten zu überschreiten, sondern um die Schwelle zur Vertragsliquidation, die - da § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zudem Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung sei [...] - zwangsläufig höher liegen müsse als die Schwelle des § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF [...]. Hierfür sprächen letztlich auch die heutigen Werkstattpreise und die Austauschpraxis nach Herstellervorgaben [...].
Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, eine deutliche Abstufung zwischen untergeordneten und erheblichen, zur Vertragsaufhebung berechtigenden Mängeln bei § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sei auch deshalb sachgerecht, weil sie eher dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG), namentlich der in Art. 49 Abs. 1 Buchst. a, Art. 25 CISG geregelten, zur Vertragsaufhebung berechtigenden wesentlichen Vertragsverletzung entspreche [...].
(b) Zu der Frage, ab welchem Prozentsatz des Kaufpreises unter Zugrundelegung einer gegenüber der Vorgängerregelung in § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF deutlich erhöhten Erheblichkeitsschwelle in der Regel nicht mehr von einer unerheblichen Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB auszugehen ist, werden innerhalb der vorgenannten Auffassung unterschiedliche Ansätze vertreten. So wird die Erheblichkeitsschwelle teilweise bei fünf bis zehn Prozent [...], bei acht bis zehn Prozent [...], bei zehn Prozent [...], bei 15 Prozent [...] oder sogar bei 20 bis 50 Prozent [...] des Kaufpreises angesetzt.“
c. Streitentscheid
Der BGH hat sich in der vorliegenden Entscheidung ersterer Meinung angeschlossen.
„cc) Der Senat entscheidet die umstrittene Frage nunmehr dahin, dass bei einem behebbaren Mangel im Rahmen der nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB in der Regel dann nicht mehr auszugehen ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt. Eine generelle Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle über den vorstehend genannten Prozentsatz hinaus ist mit dem durch den Gesetzeswortlaut und durch die Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu vereinbaren.
(1) Die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführte Vorschrift des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB hat unter anderem die bisher für das Kaufrecht maßgebliche Regelung des § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF abgelöst. Während nach der früheren Gesetzeslage die Gewährleistungshaftung des Verkäufers bei Unerheblichkeit des Mangels insgesamt entfiel, wird nach heutigem Recht lediglich die Rückabwicklung des Kaufvertrags ausgeschlossen; das Recht auf Minderung und der Anspruch auf kleinen Schadensersatz bleiben dem Käufer auch bei Unerheblichkeit des Mangels erhalten [...]. Die Vorschrift des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB enthält eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung des § 323 Abs. 1 BGB, die dem Gläubiger bei einer Pflichtverletzung des Schuldners generell ein Rücktrittsrecht einräumt. Diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis liegt eine Abwägung der Interessen des Gläubigers und des Schuldners zugrunde. Während der Gesetzgeber bei einer mangelhaften Leistung grundsätzlich dem Rückabwicklungsinteresse des Gläubigers den Vorrang einräumt, soll dies ausnahmsweise bei einer unerheblichen Pflichtverletzung nicht gelten, weil das Interesse des Gläubigers an einer Rückabwicklung bei nur geringfügigen Vertragsstörungen in der Regel gering ist, wohingegen der Schuldner oft erheblich belastet wird. Daher überwiegt in diesen Fällen ausnahmsweise das Interesse des Schuldners am Bestand des Vertrags [...].
(2) Einzelheiten dazu, wann von einer unerheblichen Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB auszugehen ist, lassen sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Jedoch spricht bereits die Verwendung des in der Vorgängerregelung § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF ebenfalls enthaltenen Begriffs der Unerheblichkeit dafür, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB an diesen Maßstab anknüpfen wollte. Dies wird - wie die Befürworter einer eher niedrig bemessenen Erheblichkeitsschwelle hervorheben und von der Gegenauffassung grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen wird - durch die Gesetzesbegründung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes bestätigt [...].
Dort wird hierzu unter anderem ausgeführt:
"Dies [ein Festhalten des Gläubigers am Vertrag, wenn die Leistung Mängel aufweist], ist nur gerechtfertigt, wenn die Pflichtverletzung unerheblich und damit das Leistungsinteresse des Gläubigers im Grunde nicht gestört ist." (BT-Drucks. 14/6040, S. 187, zu § 323 BGB-E)
"Bei einer "unerheblichen Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit" im Sinne des bisherigen § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. bei einer "geringfügigen Vertragswidrigkeit" im Sinne des Artikels 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen. Dies ergibt sich jetzt aus § 323 Abs. 4 Satz 2 RE [= § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB], der den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei einer unerheblichen Pflichtverletzung vorsieht." (BT-Drucks. 14/6040, S. 222 f., zu § 437 BGB-E)
Diese Erwägungen zeigen, dass der Gesetzgeber in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zwar aufgrund der Neugestaltung des Systems der Rechte des Käufers bei Sachmängeln den Anwendungsbereichs des bis dahin in § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF enthaltenen Erheblichkeitserfordernisses sachlich auf das Rücktrittsrecht einengen wollte. Anhaltspunkte dafür, dass hiermit zugleich eine Erhöhung der Schwelle einhergehen sollte, ab der von der Erheblichkeit eines Sachmangels auszugehen ist, sind den Gesetzesmaterialien jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr machen insbesondere die letztgenannte Passage der Gesetzesbegründung sowie die zuvor erfolgten Ausführungen, wonach eine Pflichtverletzung unerheblich sei, wenn damit das Leistungsinteresse des Gläubigers "im Grunde nicht gestört" sei, deutlich, dass der Gesetzgeber mit § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB an die von der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung entwickelten Maßstäbe anknüpfen ([...] BT-Drucks. 14/6040, S. 216 f.) und - in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, deren Umsetzung (auch) § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB dient - an das Rücktrittsrecht des Käufers keine zu hohen Anforderungen stellen wollte.
(3) Diese Beurteilung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln.
(a) Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist zwar durch die vorbezeichnete Einengung des Anwendungsbereichs des Erheblichkeitserfordernisses auf das Rücktrittsrecht die Rechtsposition des Käufers insoweit verbessert worden, als er nun auch bei einem unerheblichen Sachmangel die Nacherfüllung verlangen und bei Erfolglosigkeit dieses Verlangens [...] den Kaufpreis mindern oder kleinen Schadensersatz beanspruchen kann [...]. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Rücktritt den Verkäufer im Regelfall stärker berührt als die vorbezeichneten Rechtsbehelfe des Käufers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 180, 217 [...]) und dass die Rechtsfolge einer Vertragsverletzung - und damit auch der Rücktritt - stets verhältnismäßig sein muss [...].
(b) Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB gegenüber der vorherigen Rechtslage in einem Maße zu erhöhen, wie es vom Berufungsgericht und dem oben [...] genannten Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur vertreten wird. Denn Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist es, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit namentlich bei geringfügigen Mängeln [...] die für den Verkäufer in der Regel mit erheblichen Nachteilen verbundene Rechtsfolge der Rückabwicklung des Vertrages auszuschließen. Bei Sachmängeln in der vom Berufungsgericht angeführten Größenordnung von bis zu zehn Prozent kann indes in der Regel nicht mehr angenommen werden, dass das Leistungsinteresse des Käufers - wie dies in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/6040, S. 187) als Rechtfertigung dafür, den Käufer trotz Sachmangels am Vertrag festzuhalten, angeführt wird - "im Grunde nicht gestört" ist [...].
(c) Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließt, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Rahmen von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt. Durch die vorbezeichnete nicht starre ("in der Regel"), sondern - entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 180) und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs [...] - flexible, in eine Interessenabwägung und eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls eingebettete Erheblichkeitsschwelle von fünf Prozent des Kaufpreises werden die Interessen der Kaufvertragsparteien zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht. Bei behebbaren Sachmängeln unterhalb der genannten Schwelle wird es dem Käufer in der Regel zuzumuten sein, am Vertrag festzuhalten und sich - nach erfolglosem Nachbesserungsverlangen - mit einer Minderung des Kaufpreises oder mit der Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes zu begnügen. Den Verkäufer wiederum vermag diese Lösung in ausreichendem Maße vor den für ihn wirtschaftlich meist nachteiligen Folgen eines Rücktritts des Käufers wegen geringfügiger Mängel zu schützen, zumal der Rücktritt - anders als dies nach altem Recht bei der Wandelung der Fall war - zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Käufer vom Verkäufer wegen des Sachmangels zuvor erfolglos die Nacherfüllung verlangt hat [...].
(4) Die Erheblichkeitsschwelle von (nur) fünf Prozent des Kaufpreises steht im Einklang mit den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.
(a) Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bezweckt hinsichtlich des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter die Gewährleistung eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus im Rahmen des Binnenmarkts der Gemeinschaft (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie). Sie ist durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz umgesetzt worden [...].
(b) Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie sieht für den Fall einer Vertragswidrigkeit unter anderem das Recht des Verbrauchers auf Vertragsauflösung insbesondere für den Fall vor, dass der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat (Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 der Richtlinie). Gemäß Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der Verbraucher jedoch bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit keinen Anspruch auf Vertragsauflösung.
§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, der durch den Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umgesetzt worden ist [...], ist demnach richtlinienkonform auszulegen [...]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es den Mitgliedsstaaten gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unbenommen bleibt, durch strengere Bestimmungen ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen [...].
(c) Unter welchen Voraussetzungen eine Vertragswidrigkeit - wie hier die Lieferung eines mangelhaften Kraftfahrzeugs - geringfügig im Sinne des Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist, geht im Einzelnen weder aus der Richtlinie selbst noch aus deren Materialien hervor [...].
Jedoch spricht bereits die Verwendung des Wortes "geringfügig" in Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie für eine niedrig anzusetzende Schwelle. Diese Beurteilung wird durch die Begründung der Kommission zu ihrem Richtlinienvorschlag bestätigt. In der darin enthaltenen Kommentierung des für den Fall einer Pflichtwidrigkeit (unter anderem) enthaltenen Anspruchs auf Auflösung des Vertrags (Art. 3 Abs. 4 des Richtlinienvorschlags) heißt es, ungeachtet des Umstands, dass nach den sozioökonomischen Gegebenheiten die Auflösung des Vertrags einerseits bei Gewerbetreibenden "nicht besonders beliebt" sei und der Verbraucher sich in der Regel mit einer Ersatzleistung oder einer Reparatur der fehlerhaften Sache zufrieden gebe, sei die Möglichkeit der Auflösung des Vertrags unter anderem auch deshalb beizubehalten, weil sie für die Verbraucher ein "wirksames Druckmittel" sei, um innerhalb kürzester Frist Ersatzleistung oder Nachbesserung zu verlangen. Eine missbräuchliche Nutzung dieser Möglichkeit durch die Verbraucher stehe nicht zu befürchten (BR-Drucks. 696/96, S. 13).
(5) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Senats zum Kraftstoffmehrverbrauch beim Kauf eines Neufahrzeugs noch zur Wohnflächenabweichung bei einer gemieteten Wohnung, dass die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB bei zehn Prozent liegen müsste. Gleiches gilt für den vom Berufungsgericht zusätzlich angeführten Gesichtspunkt der Höhe der Werkstattpreise.
(a) Allerdings stellt es nach der Rechtsprechung des Senats nur eine unerhebliche Minderung des Fahrzeugwerts im Sinne des § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB aF und dementsprechend auch eine unerhebliche Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB dar, wenn der Kraftstoffverbrauch eines verkauften Neufahrzeugs um weniger als zehn Prozent von den Herstellerangaben abweicht [...]. Entscheidend ist dabei indes, dass ein Kraftstoffmehrverbrauch in dieser Größenordnung nur zu einer geringen Minderung des Fahrzeugwertes führt und deshalb nur als unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB anzusehen ist [...]. Die für den Kraftstoffverbrauch angesetzte Prozentgrenze lässt sich deshalb nicht auf die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB übertragen.
(b) Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Senats zur Wohnflächenabweichung [...]. Diese Rechtsprechung betrifft eine spezielle Fallgestaltung im Mietrecht, die ebenfalls nicht auf die Auslegung des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB übertragen werden kann.
(6) Schließlich kann auch aus den Regelungen in Art. 49 Abs. 1 Buchst. a, Art. 25 CISG nicht hergeleitet werden, dass die Bagatellgrenze in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB mit zehn Prozent oder noch höher anzusetzen wäre [...].
Gemäß Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder dem CISG obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt (vgl. hierzu auch BT-Drucks. 14/6040, S. 86, 181 f.). Nach der in Art. 25 CISG enthaltenen Definition ist eine von einer Partei begangene Vertragsverletzung wesentlich, wenn sie für die andere Partei solchen Nachteil zur Folge hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, die vertragsbrüchige Partei hat diese Folge nicht vorausgesehen und eine vernünftige Person der gleichen Art hätte diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen.
Das CISG verfolgt damit die Tendenz, die Vertragsaufhebung zugunsten der anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe, insbesondere der Minderung oder des Schadensersatzes, zurückzudrängen; die Rückabwicklung soll dem Käufer nur als letzte Möglichkeit (ultima ratio) zur Verfügung stehen, um auf eine Vertragsverletzung der anderen Partei zu reagieren, die so gewichtig ist, dass sie sein Erfüllungsinteresse im Wesentlichen entfallen lässt [...]. Aus diesem das UN-Kaufrechtsübereinkommen kennzeichnenden Grundsatz des Vorrangs der Vertragserhaltung folgt zugleich, dass der Vertrag im Zweifel auch bei Störungen Bestand haben und die Vertragsaufhebung die Ausnahme bilden soll [...]. Dahinter steht die Überlegung, dass die Rückabwicklung gerade eines internationalen Handelskaufs in der Regel unwirtschaftlich ist [...].
Diese Maßstäbe lassen sich nicht auf § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB übertragen. Eine solche Übertragung war, wie sowohl der unterschiedliche Wortlaut der Art. 49 Abs. 1 Buchst. a, Art. 25 CISG sowie des Art. 3 Abs. 6 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB als auch der Umstand, dass sich in den Materialien des Schuldrechtsreformgesetzes und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie keine Hinweise für eine insoweit beabsichtigte Anknüpfung an die Maßstäbe des CISG zeigen, auch weder vom Gesetzgeber der Schuldrechtsreform noch vom Richtliniengeber der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie beabsichtigt.
3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist. Bereits der [...] Mängelbeseitigungsaufwand hinsichtlich des falschen Einbaus und der Fehlfunktion der Einparkhilfe überschreitet mit 6,5 Prozent des Kaufpreises die oben (unter II 2 c cc) genannte Schwelle von fünf Prozent. Besondere Umstände, die Anlass gäben, die in dem vorstehend genannten Mangel liegende Pflichtverletzung entgegen der Regel ausnahmsweise gleichwohl als unerheblich anzusehen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal der vorbezeichnete Mangel - namentlich der Umstand, dass die Einparkhilfe infolge des falschen Einbaus immer wieder, auch während der Fahrt, akustische Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgibt, auch für die Fahrsicherheit von Bedeutung ist.“
III. Ergebnis
K hat gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW nach erklärtem Rücktritt gemäß §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 BGB.
B. Darüber hinaus kann K gegen B Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 437 Nr. 3 BGB geltend machen.
Anmerkung: Zur weiteren Vertiefung der Problematik des Falles kann auf die Urteilsanmerkungen von Peters (NJW 2014, 3224) und Ayad (BB 2014, 2003) verwiesen werden. Sehr lesenswert ist auch die Anmerkung von Arnold (LMK 2014, 361940 [beck-online]), der gerade die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten sehr deutlich vor Augen führt und diese näher beleuchtet. Darüber hinaus wird hier auch darauf eingegangen, wie es sich auf die Unerheblichkeit auswirkt, wenn eine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben ist. Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie auch in unseren ExO`s und im GuKO ZR I. Eine Leseprobe aus unserem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/skript.php?id=37304.