Tatbestand (vereinfacht):
Käufer (K) verlangt von der Beklagten Schadensersatz für die Beschädigung ihres Hausgrundstücks anlässlich des Austritts von Öl bei einer Lieferung mit einem Tankwagen.
K hatte Heizöl beim Verkäufer (V) bestellt. V ließ per Tanklastwagen das bestellte Öl anliefern.
Das Fahrzeug wurde dabei von einem bei V angestellten Fahrer (F) gefahren. F stellte den Tanklastwagen vor dem Haus des K auf der öffentlichen Straße ab und verband den Öltank des Fahrzeugs mit Hilfe eines Schlauchs mit dem Öleinfüllstutzen am Haus des K.
Er begab sich gemeinsam mit K in den Keller, um die Beladung der Öltanks zu überwachen.
Da eine gleichmäßige Beladung nicht stattfand, gingen beide nach oben, öffneten die Haustür und sahen, dass aus einem Verbindungsschlauch an einer Stelle zwischen Messeinheit und Schlauchtrommel des Tanklastwagens in einer Art Fontäne Öl herausspritzte. Der Fahrer stellte die Betankungsanlage ab, um weiteren Ölaustritt zu verhindern. Das Öl war jedoch bereits auf die Hausfassade des Anwesens der Kläger gespritzt und in das Erdreich vor dem Haus eingedrungen.
Infolge des Öffnens der Tür war Öl in den Hausflur gelangt und durch ein geöffnetes/ gekipptes Küchenfenster auch in die Küche. Auch die Straße vor dem Haus der Kläger war mit Öl verschmutzt.
Welche Ansprüche stehen K gegen V zu?
I.S.d. Anspruchsaufbaus wäre mit den vertraglichen Ansprüchen zu beginnen.
Ein anderer Aufbau ist vorliegend vertretbar.
Es ist auch möglich, den Aufbau mandantenfreundlich vorzunehmen, dann beginnen sie mit § 7 I StVG.
1. §§ 280 I, 241 II
Vergessen sie nicht den vertraglichen Anspruch unter Nennung der Vermutung aus § 280 I 2 zu prüfen.
Hier sodann an § 278 denken und sauber definieren.
Definition
Definition: Erfüllungsgehilfe
Definition: Erfüllungsgehilfe
Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Schuldners in dessen Pflichtenkreis tätig wird.
Der BGH geht hierauf nicht ein.
2. §§ 7 I StVG
Prüfen sie § 7 I StVG (und § 18 I StVG bzgl. F) i.d.R. vor § 823 I, II, da Erstere günstiger sind (kein bzw. vermutetes Verschulden).
a. Halter
Hier der V.
Halter ist, wer das Kraftfahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt.
Prüfungstipp
Muss nicht der Eigentümer sein!
b. Rechtsgutsverletzung
Hier das Eigentum am Grundstück des K.
Bzgl. der Straße (-), da kein Rechtsgut des K i.S.d. Norm verletzt wurde.
Hier wird dann der vertragliche Anspruch des K relevant.
c. Beim Betrieb eines KfZ?
Hinweis
Hier wäre ein deutlicher Schwerpunkt in der klausurmäßigen Bearbeitung zu setzen.
Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges" verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d. h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit) geprägt worden ist
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht
Sodann müssen sie darauf eingehen welche Besonderheiten bei KfZ mit Arbeitsfunktion bestehen.
Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht.
Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird
Muss das „Arbeitsfahrzeug“ das Rechtsgut im Rahmen einer Fahrt verletzen?
Eine Verbindung mit dem "Betrieb" als Kraftfahrzeug kann jedoch zu bejahen sein, wenn eine "fahrbare Arbeitsmaschine" gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet (z.B. Betonmischer)
Dieser Gesichtspunkt kann jedoch nicht losgelöst von dem konkreten Einsatzbereich des Fahrzeuges mit Arbeitsfunktion gesehen werden.
Die Differenzierung soll jedoch nicht nur danach erfolgen, ob das Fahrzeug während des Verarbeitungsvorgangs steht oder fährt!
Erforderlich ist nämlich stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d. h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist
Gemessen daran ist eine Verbindung mit dem "Betrieb" des Kraftfahrzeuges i. S. v. § 7 Abs. 1 StVG beim stehenden Fahrzeug auch dann gegeben, während das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel entladen wird, und zwar auch dann, wenn das Entladen mit Hilfe einer speziellen Entladevorrichtung des Kraftfahrzeuges erfolgt. Daher haftet der Halter auch in diesen Fällen für die Gefahr, die das Kraftfahrzeug beim Entladen in dem in Anspruch genommenen Verkehrsraum für andere Verkehrsteilnehmer darstellt
Hierhin fällt nicht nur die Gefahr durch das entladende Kraftfahrzeug als solches, sondern auch diejenige, die von den Entladevorrichtungen und dem Ladegut ausgeht. So hat etwa der Halter eines Tanklastzuges für Unfälle einzustehen, die sich bei der Anlieferung von Öl dadurch ergeben, dass Öl auf die Straße läuft, weil der Schlauch undicht ist, oder jemand über den Auslassschlauch stolpert
Nachdem sie abtrakt die Kriterien für die Bewertung dargelegt haben, gilt es den Einzelfall zu betrachten.
Im vorliegenden Fall war der notwendige Zusammenhang gegeben.
Dafür genügte es allerdings nicht, dass der Motor des Kraftfahrzeuges für den Betrieb der Ölpumpe eingesetzt wurde.
Im Streitfall ist vielmehr maßgeblich, dass der Tankwagen im öffentlichen Verkehrsraum vor dem Haus der Kläger abgestellt war und eine undichte Stelle in einem Schlauchstück vor der Schlauchtrommel beim Entladen eine Ölfontäne verursachte, die sowohl zu einer Ölverschmutzung der öffentlichen Straße als auch zur Beschädigung des Hausgrundstücks der Kläger führte. Es handelte sich also um Gefahren, die von einem im Verkehr befindlichen Fahrzeug beim Entladevorgang ausgingen. Bei diesem Hergang war es allein vom Zufall abhängig, ob nur der Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder auch das Hausgrundstück geschädigt wurden.
d. Schaden
Hier unproblematisch (+)
3. § 823 I
Für diesen Anspruch müsste eine Handlung und ein Verschulden des V positiv festgestellt werden.
Der Klausurersteller müsste ihnen den Grund für die Vorfälle nennen.
Man kann hier zum einen ein (eigenes) Verschulden des V konstruieren, indem man in den SV schreibt, er habe die Wartung nicht ordnungsgemäß geplant und durchführen lassen.
Man könnte auch einen Bedienungsfehler des F hineinschreiben.
Hinweis
Prüfungstipp
Zitieren sie hier nicht § 276 pauschal oder nur Abs. I. Der Verschuldensmaßstab ergibt sich schon aus § 823 I selbst (lesen!). § 276 II kann zwecks Definition gerne gebracht werden.
Prüfungstipp
Rechnen sie hier nicht gem. § 278 I zu! Dieser ist grds. nicht anwendbar. Ein solcher Fehler ist gravierend für die Klausur.
Hier ist bei Organverschulden zudem stets an § 31analog zu denken.
I.Ü. gestaltet sich die Prüfung unproblematisch. Dies sollten sie auch zeigen, indem sie sich entsprechend kurz äußern (zur Rechtsgutsverletzung bzgl. der Straße s.o.).
4. § 823 II
Hier können sie ggf. Normen der StVO anführen.
Hinweis
5. Gerne wird in den Klausuren nach dem Anspruch gegen den Versicherer gefragt.
Hier sollten sie an § 115 I Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG denken.
Auch § 2 I 1 HpflG kommt in Betracht. Dieser würde jedoch in der Klausur abgedruckt werden.
6.Sollte nach Ansprüchen gegen L gefragt werden bestehen keine vertraglichen.
Hier kommen dann § 18 I StVG und §§ 823 I, II insb. in Betracht.
Link zum Urteil:
http://lexetius.com/2015,4502