Tatbestand (leicht vereinfacht)
Der Kläger (K) kaufte am 14. April 2005 von der Beklagten zu einem Preis von 27.500 € einen gebrauchten Pkw M. des Baujahres 1998 mit einer Laufleistung von nahezu 60.000 Kilometern. Das Fahrzeug wurde ihm am 20. April 2005 übergeben. Nachdem er weitere 12.000 Kilometer gefahren war, trat Anfang Oktober 2005 ein Getriebeschaden auf, der in der Werkstatt der Beklagten repariert wurde. Hierfür stellte die Beklagte dem Kläger unter dem 6. Oktober 2005 für das eingebaute Material insgesamt 1.071,38 € in Rechnung, die der Kläger bezahlte.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 13. Oktober 2005 forderte der Kläger diesen Betrag mit der Erklärung zurück, ihn in Unkenntnis der Rechtslage bezahlt zu haben, weil der Getriebeschaden von der Beklagten im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungspflicht kostenlos zu beseitigen gewesen sei, der vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei wegen Vorliegens eines Verbrauchsgü- terkaufs unwirksam.
Steht dem Kläger K ein Rückzahlungsanspruch zu?
I. Anspruch aus §§ 280 I, 241 II, 433?
Ein Anspruch aus den §§ 280ff muss schon daher ausscheiden, da keine generelle Aufklärungspflicht eines Unternehmers ggü. Verbrauchern besteht. Hier müssten besondere Umstände hinzutreten um eine solche Pflicht anzunehmen.
II. Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1
Expertentipp
Diese AGL wäre in der Klausur die zentrale Prüfungsnorm!
1. Etwas erlangt.
Der Beklagte hat durch die Zahlung entweder Besitz und Eigentum an den Geldscheinen oder einen Auszahlungsanspruch ggü. seiner Bank erreicht, dies hängt davon ab ob die Zahlung Bar oder per EC-Karte erfolgt ist.
2. Durch Leistung.
Die Vermögensmehrung wurde durch bewusstes und zweckgerichtetes Handeln bewirkt.
3. Ohne Rechtsgrund
Expertentipp
Hier ist der maßgebliche Teil der Prüfung zu verorten.
a. Ein Rechtsgrund könnte sich grds. aus den §§ 781, 780 ergeben. Es kann vorliegend dahinstehen ob ein derartiger Rechtsbindungswille des Klägers ermittelt werden kann, da die notwendige Schriftform nicht eingehalten wurde, vgl. § 125 S. 1.
b. Ein Rechtsgrund könnte aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag folgen.
Dieser wurde wirsam geschlossen.
Der Rechtsgrund ist nicht infolge einer Anfechtung gem. § 123 I entfallen. Wie oben bereits aufgezeigt, besteht keine generelle Aufklärungspflicht ggü. Verbrauchern weshalb eine Täuschung durch Unterlassen nicht angenommen werden kann.
Der Rechtsgrund könnte jedoch dann entfallen, wenn dem Kläger ein Anspruch auf kostenlose Nacherfüllung zustand.
Expertentipp
Dies zu erkennen ist nicht leicht. Der BGH trägt vor, dass schon das Bestehen eines Nacherfüllungsanspruchs zum Wegfall des Rechtsgrundes führt. Stellen sie diesen Ansatz deutlich heraus. Es gilt nun inzident zu prüfen ob dem Kläger ein solcher Anspruch zustand.
(1) Mangel bei Gefahrübergang
Ein Mangel könnte zum einen im Getriebeschaden selbst gesehen werden. Dieser kann zum einen § 434 I 2 Nr. 1 zugeordnet werden, insoweit man annimmt, dass beim Vertragsschluss konkludent vereinbart wurde, das Fahrzeug sei fahrbereit. Ansonsten kann § 434 I 2 Nr. 2 angenommen werden.
Dies kann i.E. jedoch dahinstehen, da das Fahrzeug zunächst gefahren ist, mithin ist der Mangel nachweislich erst nach Gefahrübergang aufgetreten.
Der übermäßige Verschließ könnte jedoch einen Mangel i.S.d. § 434 I 2 Nr. 2 darstellen. Zwar ist auch bei Gebrauchtwagen ein gewisser Verschließ hinzunehmen, übersteigt er jedoch die üblichen Ausmaße, ist auch Verschleiß als Mangel anzusehen.
Fraglich ist, ob der Verschleiß schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Dies konnte nicht positiv nachgewiesen werden und ist daher zweifelhaft.
Über diese Beweisproblematik könnte die Vermutung des § 476 hinweghelfen.
Grds. ist die Norm anwendbar, wenn ein Verbrauchsgüterkauf i.S.d. §§ 474ff. vorliegt.
Der Kläger ist Verbraucher gem, § 13 und der Beklagte als Gebrauchtwagenhändler Unternehmer i.S.d. § 14. Der Mangel ist im Zeitraum von sechs Monaten nach Übergabe aufgetreten.
§ 476 ist dem Grunde nach anwendbar.
§ 476 würde jedoch dann nicht greifen wenn die Beweislast aus anderen Gründen umgekehrt worden wäre.
Dies könnte aus der vorbehaltlosen Zahlung des Klägers folgen. Fraglich ist ob hierin ein tatsächliches Anerkenntnis liegen könnte, welches die Beweislast entgegen der Wertung des § 476 umdrehen würde.
Neben dem "abstrakten" Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) und dem im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht geregelten bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnis existiert noch ein drittes („tatsächliches“) Anerkenntnis gibt, das keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert, sondern das der Schuldner zu dem Zweck abgibt, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen und ihn dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern.
Solche „als Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst" zu wertenden Bestätigungserklärungen können im Prozess eine Umkehr der Beweislast bewirken und stellen dabei ein Indiz dar, das der Richter - mit der gleichzeitigen Möglichkeit einer Entkräftung - bei seiner Beweiswürdigung verwerten kann.
Bei der Würdigung der geleisteten Zahlung des Klägers wäre es jedoch rechtsfehlerhaft anzunehmen, dass die vorbehaltlose Erfüllung einer Forderung die stärkste Form eines tatsächlichen Anerkenntnisses einer Forderung sei.
Insoweit wären im voriegenden Fall weitergehende Umstände erforderlich die den Schluss zuließen das der Kläger durch die Zahlung zum Ausdruck bringen wollte, dass die Ursachen für den Getriebeschaden seiner Verantwortungssphäre zuzuordnen seien.
Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen. Solche Umstände sind hier nicht festgestellt. Für sich genommen rechtfertigt die Bezahlung der Rechnung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses.
Solche konkretisierenden Umstände sind dem SV jedoch nicht zu entnehmen.
§ 476 kommt daher zur Anwendung.
(2) Wirksamer Gewährleistungsausschluss?
Der Gewährleistungsausschluss ist wegen § 475 I 1 unwirksam.
Expertentipp
I.v.F. war die Reichweite von § 476 gerade nicht darzulegen. Warum? Weil der Grundmangel bewiesen war. Anders wäre es wenn nur ein Folgemangel vorläge oder im SV Hinweise enthalten wären ob nicht ggf. ein anderer Grund für den Verschließ ursächlich war.
(3) Rechtsfolge
Dem Kläger stand damit ein Nacherfüllungsanspruch zu.
Damit erfolgte die Geldzahlung ohne Rechtsgrund.
Expertentipp
Hilfsweise konnte man auch über § 475 I 2 zu diesem Ergebnis gelangen.
4. Ausschlussgründe
Ein Ausschlussgrund ergibt sich nicht aus § 814 I da der Kläger zum Zeitpunkt der Zahlung keine positive Kenntnis von der fehlenden verpflichtung zu Zahlen hatte.
5. Herausgabepflicht
Gem, § 812 I 1 ist der Kläger zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Hilfsweise ist der Wert gem. § 818 II zu ersetzen.
Expertentipp
Die Herausgabe folgt nicht aus § 818 I
III. Besonders gute Bearbeiter können noch einen Anspruch aus den §§ 313 II, III, 346f ansprechen.
Alles in Allem ist dieses Urteil eine wunderbare Examensvorlage!