Beginnt der Arbeitsvertrag erst am 1. Juli so entsteht nur ein Anspruch auf Teilurlaub.
Die Entscheidung ist abrufbar unter:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/zweitesformat/bag/2016/2016-02-10/9_AZR_179-15.pdf
Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt):
Der Kläger war vom 1. Juli 2013 bis zum 2. Januar 2014 als Diensthundeführer BW-Bereich bei der Beklagten in einer Sechstagewoche beschäftigt.
Während des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger keinen Urlaub. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte ihm die Beklagte Urlaubsabgeltung für 12 Urlaubstage iHv. 1.170,39 Euro brutto.
Mit seiner am 14. März 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Abgeltung von 12 weiteren Urlaubstagen geltend gemacht. Dazu hat er die Auffassung vertreten im Jahr 2013 sei der volle Urlaubsanspruch entstanden.
Besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers (AN) gegen den Arbeitgeber (AG)?
Lösung:
Ein Anspruch auf Abgeltung könnte sich aus § 7 BUrlG ergeben.
Beachte: Grundsätzlich besteht kein Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung der Urlaubstage. Urlaub dient der Erholung des Arbeitnehmers und ist daher auch als solcher in Anspruch zu nehmen. Anders verhält es sich, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde.
Das Arbeitsverhältnis wurde vorliegend laut Sachverhalt zum 2. Januar beendet. Der AN hatte den Urlaub bis dahin nicht in Anspruch genommen.
Fraglich ist, ob der AN einen Anspruch auf vollen Urlaub oder nur einen Teilurlaubsanspruch erworben hat gem. § 5 Abs. 1 lit. a BurlG.
Beachte: Dem Arbeitnehmer steht gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG grds. ein 24-tägiger Jahresurlaub zu (Mindesturlaub). Dabei geht das Gesetz gemäß § 3 Abs. 2 BUrlG von einer 6 Tage Woche aus. Daher müssen sie in einem Klausursachverhalt, welcher eine 5 Tage Woche enthält umrechnen. Bei einer 5 Tage Woche hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf 20-tägigen Mindesturlaub.
Dies ist nach § 4 BurlG i.V.m. § 5 I lit. A BUrlG zu beurteilen.
Nach dieser Vorschrift wird der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Die Formulierung „nach sechsmonatigem Bestehen“ zeigt, dass der volle Urlaubsanspruch nicht bereits „mit dem sechsmonatigen Bestehen“ erworben wird und der Ablauf der Wartezeit und das Entstehen des Vollurlaubsanspruchs damit nicht zusammenfallen (so die hM im Schrifttum, vgl. MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 78 Rn. 21; Friese Urlaubsrecht Rn. 57, 72; ErfK/Gallner 16. Aufl. § 5 BUrlG Rn. 9; AR/Gutzeit 7. Aufl. § 4 BUrlG Rn. 7; HK-ArbR/Holthaus 3. Aufl. § 4 BUrlG Rn. 4; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 19; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 104 Rn. 26; Arnold/Tillmanns/Tillmanns BUrlG 3. Aufl. § 4 Rn. 28; HWK/Schinz 6. Aufl. § 4 BUrlG Rn. 12; aA Bachmann in GK-BUrlG 5. Aufl. § 5 Rn. 9; Hk-BUrlG/Hohmeister 3. Aufl. § 5 Rn. 28; Neumann/Fenski BUrlG 10. Aufl. § 5 Rn. 6).
§ 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG nimmt auf die Wartezeit des § 4 BUrlG Bezug und regelt, dass ein Teilurlaubsanspruch dann entsteht, wenn wegen deren Nichterfüllung kein Vollurlaubsanspruch erworben wird.
Nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG entsteht nur ein Teilurlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Dies umfasst auch ein Ausscheiden mit Ablauf des 30. Juni eines Kalenderjahres.
Vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG, welcher die Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte gebietet, wäre es nicht überzeugend ein Arbeitsverhältnis das am 1. Juli begonnen hat und mit Ablauf des 31. Dezember endet, anders zu behandeln.
§ 1 BUrlG ordnet iVm. § 3 Abs. 1 BUrlG an, dass jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 24 Werktage bezahlten Erholungsurlaub hat. Die gesetzliche Regelung geht damit nicht davon aus, dass ein Arbeitnehmer, der bei einem Arbeitgeber vom 1. Januar bis zum 30. Juni und bei einem anderen Arbeitgeber vom 1. Juli bis zum 31. Dezember desselben Jahres beschäftigt war, zweimal einen vollen Urlaubsanspruch im Umfang von jeweils 24 Werktagen erwirbt (vgl. BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - Rn. 23, BAGE 141, 27).
Dem Arbeitnehmer steht im vorliegenden Fall auch kein zusätzlicher Teilurlaub gemäß § 3 Abs. 1 lit. c BUrlG zu. Ein Teilurlaub entsteht nur für jeden vollen Monat nach Ablauf der 6-monatigen Frist. Der Arbeitnehmer war jedoch nur bis zum 2. Januar des Folgejahres beschäftigt.
Das Urteil des BAG überzeugt. Es wäre nicht einsichtig warum ein Arbeitnehmer, welcher bis zum 30. Juni aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, nur die Hälfte des Jahresurlaubs erhalten soll, während ein Arbeitnehmer, der am 1. Juli die Beschäftigung aufnimmt und nach 6-monatiger Tätigkeit den Vertrag beendet, den vollen Urlaubsanspruch erhalten soll.