Der Kläger parkte seinen PKW auf einem Privatgrundstück. Der berechtigte Besitzer des Grundstücks ließ den PKW von dem beklagten Abschleppunternehmen gegen Abtretung seiner Ersatzansprüche (gegen den Kläger) abschleppen. Als der Kläger seinen PKW abholen wollte, gab die Beklagte den Standort des PKW erst gegen Zahlung eines überhöhten Betrages preis. Der Kläger zahlte, bekam seinen PKW wieder und klagte: Auf Zahlung des Überhöhten Betrages – an ihn, den Kläger.
Es ist davon auszugehen, dass der Beklagten ein wirksam im Voraus abgetretener Ersatzanspruch der berechtigten Grundstücksbesitzerin zustand. Der Ersatzanspruch ergibt sich aus §§ 823 Abs. 2, 858 Abs. 1 BGB (oder aus GoA – das ist umstritten, aber vorliegend nicht relevant). Der Kläger kann nun gem. § 812 BGB gegen die Beklagte vorgehen. Bezüglich des überhöhten Betrages fehlt jeder Rechtsgrund und auch § 814 BGB ist – weil die Beklagte den PKW sonst nicht herausrückte – nicht anwendbar. Problematisch ist aber erstens, ob eine Leistung an die Beklagte vorliegt und zweitens, ob nicht das vorliegen eines Mehrpersonenverhältnisses (der Grundstücksbesitzer!) eine gänzlich andere Auslegung und Anwendung des § 812 BGB erfordert. Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Der BGH subsumiert zwar nicht explizit unter den Leistungsbegriff, seine Ausführungen legen aber nahe, dass er davon ausgeht, dass der Kläger vorliegend nicht an den Beklagten, sondern an den Grundstücksbesitzer leisten wollte – was aufgrund der wirksamen Abtretung eher befremdlich erscheint. Der BGH wählt einen etwas undogmatischeren Ansatz und transferiert seine für mehrpolige Vertragsbeziehungen gewählte Lösung auf den vorliegenden Fall: Das Bereicherungsrecht müsse wertungsmäßig dafür sorgen, dass nicht über eine Umgehung der Leistungskondiktion, der Bereicherungsgläubiger ein unbilliges Insolvenzrisiko trage. Vorliegend sei es aber gerechtfertigt, dem Kläger das Insolvenzrisiko des Grundstücksbesitzers und nicht dasjenige des Abschleppunternehmers aufzubürden. Deshalb sei es auch nicht entscheidend, welche genaue Art der Kondiktion einschlägig sei, vielmehr komme es auf eine Wertung des Einzelfalls an. Diese spreche vorliegend dafür, dass der Kläger sich mit seinem Bereicherungsanspruch an den Grundstücksbesitzer halten müsse – schließlich habe der PKW Fahrer sich das Grundstück herausgesucht (auf dem er widerrechtlich parkte), nicht das Abschleppunternehmen.
Diese Argumentation ist genauso undogmatisch wie wenig empfehlenswert für eine Klausurlösung. Klausurbearbeitende sollten sich darauf konzentrieren, mit der Leistungskondiktion als Anspruchsgrundlage zu beginnen, sauber unter den Leistungsbegriff zu subsumieren, um anschließend, (ggf.) eine Nichtleistungskondiktion unter Hinweis auf den prinzipiellen Vorrang der Leistungskondiktion zu prüfen. Nachdem der BGH selbst aber etwas im „luftleeren Raum“ und losgelöst vom Gesetzestext argumentiert, kann dies schwerlich Studierenden als Fehler angekreidet werden. Dennoch empfiehlt sich auch hier nicht, von einem methodisch sauberen Stil abzuweichen.
Eine sehr gute, lehrreiche und kritische Besprechung der Entscheidung findet sich bei Mäsch in: JuS 2013, 356.
Lehrreich und dogmatisch sauber sind auch unsere GuKOs ZR und ExOs. Sie seien allen lern- und wissbegierigen Studierenden ans Herz gelegt.