M bot über das Ebay-Konto seiner Verlobten F eine komplette Gastronomieeinrichtung mit dem Startpreis von 1,00 € an. Der nun klagende K war mit einem Gebot von 1000,00 € Höchstbietender. Die Verkaufsbedingungen von Ebay sehen vor, dass grundsätzlich der Höchstbietende Vertragspartner des Anbietenden wird und dass jeder angemeldete User für eine Fremdverwendung seines Usernamens hafte. K verlangt von F unter einer angemessenen Fristsetzung Übergabe und Übereignung der Gastronomieeinrichtung. F weigert sich, schließlich habe Sie die Einrichtung gar nicht angeboten. K tritt daraufhin vom Vertrag zurück und verlangt Schadensersatz in Höhe des objektiven Wertes der Einrichtung iHv. 31.000,00 €, abzüglich der ersparten 1000,00 € Kaufpreis.
K könnte einen Anspruch gegen F auf Zahlung von 30.000,00 € an Ihn aus §§ 280 I, III, 281 haben. Dazu müsste zwischen K und F ein Schuldverhältnis bestehen. Dieses Schuldverhältnis könnte ein Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung sein, wenn zwischen F und K ein solcher Vertrag zustande gekommen wäre (Achtung: nicht durch Zuschlag, § 156). F selbst hat keine Willenserklärung gerichtet auf einen Vertragsabschluss abgegeben. M hat eine solche abgegeben. Diese WE könnte F gem. § 164 zugerechnet werden. Allerdings hat M nicht in fremdem Namen, sondern unter fremdem Namen gehandelt. Er nutzte Fs Usernamen. Nach st. Rspr. sind auf das Handeln unter fremdem Namen aber die §§ 164 ff. analog anzuwenden, wenn der Erklärungsempfänger gem. §§ 133, 157 von einer WE des tatsächlichen Namensinhabers ausgehen durfte. Das ist hier der Fall. Für die Zurechnung wäre dann aber eine Vertretungsmacht notwendig, die K nicht darlegen konnte. Der BGH verwirft an dieser Stelle den "Einwand" das Verwenden des richtigen Passwortes begründe einen Anscheinsbeweis für eine erteilte Vertretungsmacht. Auch eine Genehmigung iSd. § 177 liegt nicht vor.
Danach bleibt für den BGH nur eine Zurechnung aufgrund einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht. Diese kann aber nur vorliegen, wenn F vertretbar (§173 entsprechend, fahrlässig) den Anschein einer Vertretungsmacht des M gesetzt hätte oder widerholt ein Handeln unter fremdem Namen durch M geduldet hätte. Letzteres liegt nicht vor, sodass zu klären war, ob durch die Tatsache, dass M das Passwort der F genutzt hat, F ein Fahrlässigkeitsvorwurf trifft. Der BGH stellt sich hier auf den Standpunkt, dass F nicht damit rechnen brauchte, dass Ihr Verlobter ihr Passwort 1. erfährt und 2. verwendet. Auch gebe es keinen Anscheinsbeweis dafür, dass ein fremdgenutztes Passwort nicht genügend gegen Ausspähen gesichert wurde. F handelte nicht fahrlässig. Die Willenserklärung des M ist der F nicht zurechenbar. F haftet nicht auf Erfüllung und damit nicht auf Schadensersatz statt der Leistung.
Fragt sich noch, wie mit der Haftungsklausel von Ebay umzugehen ist. Der BGH übergeht diesen Punkt mit dem Hinweis, dass die Klausel allenfalls Haftungsfragen im Verhältnis Ebay-F begründe, nicht aber im Verhältnis zu K. Denkbar wäre aber auch die Klausel an § 307 scheitern zu lassen, weil Sie selbst die Verwendung durch böswillige Hacker umfasst. Jedenfalls ist dieser Punkt in der Klausur zu sehen - fundierteres Wissen wird dazu kaum erwartet.
An diesem Fall ist letztlich zweierlei erwähnenswert. Erstens, wird hier deutlich, dass auch unter dem (keinesfalls unumstrittenen) Konstrukt der Anscheinsvollmacht stets eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Rechtsschein, seiner Ursächlichkeit und seiner Zurechnung stattfinden muss und zweitens, dass auch der BGH zuweilen vorschnell auf einen Problembegriff springt, ohne die eigentlichen Voraussetzungen sauber zu prüfen: Warum vorliegend eine AnscheinsVOLLMACHT gegeben sein soll, erschließt sich nämlich nicht ganz. Es geht nicht darum, dass K dachte M handele mit Vollmacht der F, er dachte es handele F. Damit allein, muss eine Zurechenbarkeit der Willenserklärung aber nicht abgelehnt werden. Vielmehr eröffnet diese Fallkonstellation die Möglichkeit die abstrakten Voraussetzungen der Rechtsscheinhaftung offen zu legen: 1. Rechtsschein, 2. Zurechenbarkeit des Rechtsscheins, 3. Kausalität des Rechtsscheins und schließlich 4., die Schutzwürdigkeit des Erklärungsempfängers.
In einer Klausur wäre auch zu empfehlen darauf einzugehen, dass eine Rechtsscheinshaftung auf Erfüllung nicht unmittelbar im Gesetz geregelt ist, sich aber aus § 172 ableiten lässt.
Möglich wären in einer Klausur zudem Ansprüche gegen M (Achtung: § 179 besagt nicht, dass der Vertrag mit M geschlossen ist, sondern nur, dass M auf Erfüllung haftet!) und weitere gegen F aus CIC und einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
Wer mehr über die Rechtscheinhaftung auf Erfüllung lernen will, dem sei unser GuKO ZR I, BGB AT I und II, oder einer der ExOs ans Herz gelegt.