Eine Wiedereinsetzung kommt immer dann in Betracht, wenn eine gesetzliche oder richterliche Frist versäumt wurde. Zu den gesetzlichen Fristen gehören die Rechtsmittelfristen zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde gem. § 311 Abs.2 StPO, einer Berufung gem. § 314 Abs. 1 StPO und einer Revision gem. § 341 Abs. 1 StPO. In allen drei Fällen beträgt die Frist eine Woche. Unterlässt also nun z.B. der Verurteilte das Einlegen einer Revision, dann wird das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts rechtskräftig. Die Wiedereinsetzung ist nun in der Lage, diese Rechtskraft zu durchbrechen.
Hinweis
Die Wiedereinsetzung ist nicht zulässig, wenn ein Wiederaufnahmeverfahren gem. §§ 359 ff StPO möglich ist. Joecks/Jäger StPO § 44 Rn. 1
Die Wiedereinsetzung setzt gem. § 44 StPO voraus, dass der Antragsteller „ohne Verschulden“ daran gehindert war, eine Frist einzuhalten. Fraglich ist, ob das Verschulden eines Prozessbevollmächtigten zugerechnet werden kann. Grundsätzlich gilt der allgemeine Verfahrensgrundsatz den § 85 Abs. 2 ZPO auch im Strafverfahren, allerdings nicht, wenn es um die Verteidigung gegen den Schuldvorwurf geht und damit um die bei der Berufung und Revision einzuhaltenden Fristen.
Beim Stellen des Antrags auf Wiedereinsetzung ist die versäumte Handlung vorzunehmen, § 45 Abs. 2 S. 2 StPO. Es muss also zusätzlich der Antrag auf Einlegung einer Berufung oder Revision gestellt werden. Auch müssen die Umstände, die zur schuldlosen Fristversäumung geführt haben, z.B. durch Benennung eines Zeugen oder dessen Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht werden, § 45 Abs. 2 S. 1 StPO.
Das Verfahren wird dann „in den vorigen Stand“ versetzt, also in den Zustand, der bestanden hätte, wenn die Frist nicht versäumt worden wäre.
Neben der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind auch die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. §§ 359ff StPO und die Verfassungsbeschwerde geeignet, die Rechtskraft zu durchbrechen.
Hinweis
Im Gegensatz dazu sind die sog. ordentlichen Rechtsbehelfe geeignet, die Rechtskraft zu verhindern. Es handelt sich vor allem um die Berufung und die Revision, die einen Suspensiv- und einen Devolutiveffekt haben. Die Rechtskraft tritt bei fristgerechter Einlegung nicht ein und die nächsthöhere Instanz muss sich mit der Angelegenheit befassen. Eingeschränkt hat das auch die Beschwerde gem. §§ 304 ff StPO, welche auch zu den ordentlichen Rechtsbehelfen zählt.