VwGO-Reihe – Die Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. Klagebegehren ist der Erlass eines begünstigenden (ggf. drittbelastenden) Verwaltungsaktes.
Grundsätzlich gibt es hier für den Aufbau der Begründetheit zwei Wege:
Den sog. „Rechtswidrigkeits-Aufbau“ und den „Anspruchsaufbau“.
Beim „Rechtswidrigkeits-Aufbau“ wird der ablehnende Verwaltungsakt nach dem klassischen Schema auf seine Rechtmäßigkeit geprüft. Dafür spricht zum einen der Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Zum anderen lehnt sich der Aufbau der Prüfung dann sehr an denjenigen der Anfechtungsklage an, den jeder Studierende aus dem „effeff" beherrscht (oder beherrschen sollte…)
Dennoch empfehlen wir grundsätzlich den Anspruchsaufbau zu wählen. Dieser zeichnet sich dadurch, aus, dass zunächst eine Anspruchsgrundlage aufgezeigt wird, aus der sich der Anspruch des Klägers auf Erlass eines Verwaltungsakts überhaupt ergeben kann. Sodann werden zunächst die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage und zuletzt dessen Rechtsfolge (Ermessen?, gebundene Entscheidung?) geprüft.
Warum dieser Aufbau in aller Regel zu empfehlen ist, wird deutlich, wenn man sich die unterschiedlichen Konstellationen, die alle mit einer Verpflichtungsklage verbunden sein können, vor Augen führt.
Untätigkeitsklage
Erstens ist da die Konstellation, das über einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts überhaupt nicht entschieden wird: Die Behörde äußert sich auf einen Bauantrag überhaupt nicht; die Ordnungsbehörde lehnt einen Antrag auf Erlass einer Verfügung gegen einen Störer noch nicht einmal ab (bescheidet ihn also gar nicht). In diesen Fällen der sog. „Untätigkeitsklage“ (beachte dabei auch § 75 VwGO), kommt man mit dem Rechtswidrigkeitsaufbau nicht weiter. Die „Rechtswidrigkeit“ eines Unterlassens zu prüfen ist zwar denklogisch möglich. Sinnvoll ist hier aber allein der Anspruchsaufbau – wenn der Kläger einen Anspruch auf Erlass eines VA hat, ist das Untätigsein der Behörde auf jeden Fall rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (und sei es nur in seinem Recht auf Erlass einer ermessensfehlerfreien Entscheidung).
Versagungsgegenklage
Zweitens gibt es die Verpflichtungsklage in der Konstellation der sog. „Versagungsgegenklage“. Hier hat die Behörde über einen Antrag entschieden – und zwar ablehnend. Die Verpflichtungsklage trägt dann ein Element der Anfechtung in sich, geht aber darüber hinaus, weil nicht nur auf Aufhebung der Ablehnung, sondern auf Erlass der Begünstigung geklagt wird. Hier wäre der Rechtswidrigkeitsaufbau grundsätzlich denkbar.
Allerdings führt selbst bei einem gebundenen Anspruch die Rechtswidrigkeit der Ablehnung nicht zwangsläufig zu einem Verpflichtungsurteil. So ist es denkbar, dass eine Behörde die erste Tatbestandsvoraussetzung – zu Unrecht – ablehnt und die zweite daher gar nicht mehr prüft. Die Verpflichtungsklage ist dann aber nur begründet, wenn auch das zweite Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. All dies lässt sich im Anspruchsaufbau regelmäßig einfacher darstellen.
Das gilt auch für den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, der sich logisch in den Anspruchsaufbau einfügt: wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt sind, hat der Bürger einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dieser Anspruch ist nur erfüllt, wenn die (ablehnende) Entscheidung nicht an Ermessensfehlern leidet.