Das gemeinschaftliche Testament
Heute beginnen wir eine kleine Reihe zum gemeinschaftlichen Testament. Wir werden uns hier die typischen Examensfragen und Probleme im Rahmen der Bearbeitung anschauen.
I. Einführung
Das gemeinschaftliche Testament kann zwischen Ehegatten (§ 2265) errichtet werden. Die Besonderheit des Testaments liegt im Wesentlichen in 3 Punkten.
- Die Formvorschriften sind gelockert. Gem. § 2267, 2247 kann es u.a. dadurch errichtet werden, dass ein Ehegatte das Testament handschriftlich schreibt und beide das Schriftstück unterschreiben. Dies gilt über § 10 IV LPartG auch für Lebenspartner.
- Es kann nur zwischen Ehegatten und Lebenspartnern erfolgen. Für andere Personen bleibt der Erbvertrag.
- Das Testament kann Bindungswirkung entfalten. Diese greift, wenn ein Ehegatte verstorben ist und der Widerruf wechselbezügliche Verfügungen betrifft.
Die Bestimmung der Wechselbezüglichkeit bereitet den Klausurbearbeitern i.d.R. große Probleme und wird in den Fortsetzungen genauer behandelt.
Im nächsten Teil werden wir uns eine typische Klausurfrage ansehen. Ist ein gemeinschaftliches Testament zwischen Verlobten zulässig? Was tun wenn ein unwirksames „gemeinschaftliches Verlobtentestament“ vorliegt?
II. Problemkreis 1: Das „gemeinschaftliche Verlobtentestament“
In der Klausur finden sie häufig Verlobte, die ein solches Testament schließen.
Hier gilt es an folgende Positionen zu denken:
1. Können Verlobte ein Testament nach den §§ 2265 schließen?
Im Hinblick auf den klaren Wortlaut gilt es die §§ 2265 abzulehnen. Nur mit einer M.M. kann eine analoge Anwendung angedacht werden, wenn die Eheschließung in Kürze erfolgt. I.E. sollte jedoch die Anwendung abgelehnt werden, da schon Zweifel an der Planwidrigkeit der Regelungslücke bestehen und die Interessenlage wegen der schwachen Verbindlichkeit eines Verlöbnisses (vgl. §§ 1297) nicht vergleichbar ist. Nach der herrschenden Meinung ist das Testament damit nichtig!
2. Was mache ich in der Klausur mit dem nichtigen gemeinschaftlichen Testament?
Sie versuchen es umzudeuten. Sprechen sie hier kurz den Erbvertrag an, dieser wird jedoch regelmäßig an der nötigen Form scheitern.
Sodann ist zu prüfen, ob in zwei Einzeltestamente umgedeutet werden kann. Dies wird i.d.R. jedoch nur für einen der Partner funktionieren. Denn i.d.R. hat nur einer das Testament handschriftlich geschrieben, der andere hat bloß unterschrieben. § 2247 verlangt jedoch das eigenhändige Verfassen und eigenhändige Unterschreiben. I.E. bleibt somit nur ein wirksames Einzeltestament übrig.
3. Ist das durch Umdeutung bestimmte Einzeltestament stets wirksam?
Insoweit es in der Klausur darauf ankommt müssten sie anhand des jeweiligen Einzelfalls bestimmen, ob es auch wirksam sein soll.
Hier bringen sie den Gedanken des § 139 in die Klausur ein. Es kann sein, dass nach dem durch Auslegung zu bestimmenden Willen des Testierenden die Nichtigkeit beider Testamente gewollt war, wenn eines der beiden Einzeltestamente der Partner unwirksam ist. Der Partner, dem das wirksame Testament zuzuordnen ist, könnte z.B. wechselbezügliche Verfügungen (im unwirksamen gemeinschaftlichen Testament) angestrebt haben, hier kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass seine in ein Einzeltestament umgedeuteten Verfügungen auch ohne die Verfügung(en) des anderen Partners Bestand haben sollen.
Das Ergebnis ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und unter Beachtung der Zweifelsregelung des § 139, dessen Wertung herangezogen wird. Im Zweifel ist von Nichtigkeit auszugehen.
Im nächsten Beitrag zum gemeinschaftlichen Testament schauen wir uns an wie der Inhalt eines gemeinschaftlichen Testaments darzulegen ist. Hier scheitern die meisten Bearbeiter, da sie kein System parat haben, um die nötigen Ausführungen zu sortieren.