Wurde ein aufsichtspflichtiges Kind geschädigt, so stellt sich in der Klausur regelmäßig die Frage, ob die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Regelmäßig zu prüfende Anspruchsgrundlagen sind insbesondere die §§ 823 ff., aber auch § 1664 (nach herrschender Meinung eigene Anspruchsgrundlage) sowie ggf. die §§ 280 in Verbindung mit dem familienrechtlichen Schutzverhältnis, welches in der Literatur teilweise als gesetzliches Schuldverhältnis angesehen wird.
Doch wie ist der Umfang der gebotenen Aufsichtsverpflichtung der Eltern zu bestimmen? Dies kann nicht einheitlich definiert werden.
„Der Umfang der gebotenen Aufsichtspflicht über Minderjährige bestimmt sich nach deren Alter, Eigenart und Charakter, wobei sich die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen danach richtet, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen zu verhindern (vgl. Senat, Urteile vom 20. März 2012 - VI ZR 3/11, NJW 2012, 2425 Rn. 16; vom 24. März 2009 - VI ZR 51/08, NJW 2009, 1952 Rn. 8; vom 19. Januar 1993 - VI ZR 117/92, NJW 1993, 1003, juris Rn. 8; vom 29. Mai 1990 - VI ZR 205/89, BGHZ 111, 282, juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, NJW 2013, 1441 Rn. 16; jeweils mwN).
Das Maß der geschuldeten Aufsicht erhöht sich mit der Gefahrträchtigkeit der konkreten Situation. Spielen Kinder in der Nähe von Straßen oder in der Nähe gefährlicher Gegenstände, ist mehr Aufsicht angebracht als innerhalb eines abgegrenzten, risikoarmen Bereichs (vgl. Huber, in: MüKo-BGB, 8. Aufl., § 1631 Rn. 8).
Kleinkinder bedürfen ständiger Aufsicht, damit sie sich nicht Gefahren in ihrer Umgebung aussetzen, die sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit noch nicht erkennen und beherrschen können. Diese Gefahren sind für sie allgegenwärtig; sie können schon aus Gegebenheiten erwachsen, die für jeden anderen gänzlich ungefährlich sind (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 1994 - VI ZR 162/93, NJW 1994, 3348, juris Rn. 15). Daher gesteht die Rechtsprechung Kindern erst ab einem Alter von vier Jahren einen Freiraum zu, wobei allerdings eine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen für erforderlich gehalten wird (vgl. Senat, Urteil vom 24. März 2009 - VI ZR 51/08, NJW 2009, 1952 Rn. 14).
In einer Klausur kommt es entscheidend darauf an die relevanten Kriterien für die Bewertung der Aufsichtspflicht sauber darzulegen und sodann intensiv am Sachverhalt orientiert zu arbeiten. D.h. alle relevanten Kriterien sind im Rahmen der Argumentation aufzugreifen und zu bewerten.