Sachverhalt:
Der Kläger bestellte im Jahr 2014 über die Internetseite der Beklagten, einer Onlinehändlerin, eine "Dormiente Natural Basic" Matratze zum Preis vom 1.094,52 €. Die Matratze war bei Auslieferung mit einer Schutzfolie versehen, die der Kläger nach Erhalt entfernte. Einige Tage später teilte er der Beklagten per Email mit, dass er die Matratze leider zurücksenden müsse und der Rücktransport durch eine Spedition veranlasst werden solle. Als die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, beauftragte der Kläger selbst eine Speditionsfirma.
Bisheriger Prozessverlauf:
Seine auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der Rücksendekosten (insgesamt 1.190,11 €) gerichtete Klage hat in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg gehabt. Die Vorinstanzen haben dabei angenommen, dass das dem Kläger im Fernabsatzhandel grundsätzlich zustehende Widerrufsrecht bei dem Kauf einer Matratze nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil er die bei deren Anlieferung vorhandene Schutzfolie entfernt habe.
Nun muss der BGH über die Frage entscheiden.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Verfahren durch Beschluss ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung über die Auslegung zweier Vorschriften des europäischen Rechts vorgelegt.
Die hier maßgebliche Norm des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Ausschluss des Widerrufsrechts in den Fällen, in denen versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn die Versiegelung entfernt wurde (§ 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB), geht zurück auf eine inhaltsgleiche Vorschrift des europäischen Rechts, Art. 16 Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie.
Hierzu hat der BGH folgende Fragen vorgelegt:
Frage 1:
Ist die Norm angesichts ihres Ausnahmecharakters derart auszulegen, dass solche Waren nicht erfasst sind, die zwar bei bestimmungsgemäßem Gebrauch mit dem menschlichen Körper in Berührung kommen, aber durch geeignete Reinigungsmaßnahmen des Unternehmens wieder, wenn auch nur als gebrauchte Sache und unter Hinnahme von Werteinbußen, verkehrsfähig gemacht werden können?
Frage 2:
Falls die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Waren im oben genannten Sinne bejaht werden sollte, stellt sich ferner die Frage wie eine Verpackung beschaffen sein muss, um als "Versiegelung" zu gelten und welchen Inhalt der nach den gesetzlichen Vorschriften (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 1 EGBGB; Art. 6 Abs. 1 Buchst. k der Verbraucherrechterichtlinie) zu erteilende Hinweis über die Umstände des Erlöschens des Widerrufsrechts haben muss.
Im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht gilt es noch insb. an folgende klausurträchtige Entscheidungen zu denken:
Wertersatzpflicht nach Einbau und Testfahrt mit einem online bestellten Katalysator,
Urt. v. 12.10.2016, Az. VIII ZR 55/15
Wertersatzpflicht nach Befüllen und Testen eines Wasserbetts,
BGH, Urteil vom 03.11.2010 - VIII ZR 337/09.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=54033&pos=0&anz=1