Das „Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich“ hat den Bundestag passiert. Vorgesehen sind Änderungen/Ergänzungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG).
Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland dauern lange – das ist bekannt und wird seit Jahr(zehnt)en als Problem wahrgenommen. Der Angriff auf die Ukraine und die Versorgungsprobleme mit Öl und Gas haben erneut vor Augen geführt wie vulnerabel die Versorgungslage und kritische Infrastrukturen sind. Hier Abhilfe zu schaffen war oft schwierig und langwierig. Verfahren zu Vorhaben mit hoher wirtschaftlicher bzw. infrastruktureller Bedeutung (wie etwa Ausbau des Schienen-/Fernstraßen-/Wasserwegenetzes, Windenergie-Anlagen, Hochspannungsleitungen und größeren Gasversorgungsleitungen) sollen künftig schneller verlaufen. Hierfür wurden zunächst v.a. Änderungen in der VwGO beschlossen.
So soll die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Abs. 1 VwGO auch auf LNGG-Verfahren erweitert werden. Bereits seit Längerem ist das BVerwG nach § 50 Abs. 1 VwGO für Klagen gegen große Infrastrukturprojekte etwa aus dem Bereich der Straßen-, Schienen- und Wasserwege oder der Energieleitungen erstinstanzlich zuständig. Diese erst- und letztinstanzliche Entscheidung durch die höchsten Verwaltungsrichterinnen und -richter hat sich als durchaus sinnvoll erwiesen. Denn eine Erschöpfung des Rechtswegs bis zum BVerwG ist in diesen Fällen ohnehin fast sicher, eine direkte Entscheidung bringt schneller abschließende Gewissheit. Auf das BVerwG kommen aber damit zahlreiche neue Aufgaben zu, insbesondere die in solchen Verfahren regelmäßig sehr umfangreiche Beweisaufnahme – für eine Revisionsinstanz neu.
Der Eilrechtsschutz wurde angepasst: Der neue § 80c VwGO sieht vor, dass der Mangel eines Verwaltungsakts durch das Gericht außer Acht gelassen werden kann, „wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird“. Aufgrund europarechtlicher Bedenken wurde insoweit noch eine Soll-Regelung zur Fristsetzung eingefügt. Hier werden insbesondere Eilverfahren gegen LNGG-Projekte geändert. Diese Verfahren dürften vorerst zum Haupt-Schauplatz gerichtlicher Auseinandersetzungen um LNGG-Zulassungen werden. Nach § 11 LNGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Zulassungsentscheidungen von Flüssiggas-Projekten keine aufschiebende Wirkung. Ein Eilantrag ist also unerlässlich um einen Baubeginn zu verhindern.
Zwar sind die Unbeachtlichkeit bestimmter Verfahrens- und Formfehler sowie auch der Grundsatz der Planerhaltung bewährte Instrumente des deutschen Planungsrechts. Bisher aber ist eine Differenzierung nach Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis und auch im Hinblick auf die Schwere und Auswirkungen des festgestellten Fehlers erfolgt, etwa in § 46 und § 75 Abs. 1a VwVfG.
Nach einem neuen § 87b Abs. 4 VwGO hat das Gericht verspätet vorgebrachte Erklärungen und Beweismitteln in LNGG-Verfahren nun unberücksichtigt zu lassen. Zuvor stand diese Entscheidung noch im Ermessen der Richterinnen und Richter.
Die Klagebegründungsfrist für EnWG-Vorhaben und bestimmte Bundesfachplanungs-Entscheidungen nach dem NABEG wird auf zehn Wochen festgelegt und als Ausschlussfrist ausgestaltet. Anders als im Falle des § 87b VwGO ist es überflüssig, eine Frist zur Beibringung zu setzen - nach Ablauf der Klagebegründungsfrist vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel sind schlicht unzulässig. Das macht einerseits Sinn: Die klägerische Seite hatte ja bereits im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Beteiligung. Denn nur wenn dem nicht so war, kann die Frist auf Antrag verlängert werden. Aber: im Verwaltungsprozess gilt gem. § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz.
Und: ob eine Beschleunigung vor allem dadurch erreicht werden sollte den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zu ändern (verkürzen?) und dies mithilfe ohnehin schon überlasteter Gerichte ist fraglich.