337 StPO befasst sich mit den Revisionsgründen, und zwar – wie aus einem Vergleich mit § 338 StPO zu entnehmen ist – mit den relativen Revisionsgründen. Diese relativen Revisionsgründe setzen eine Verletzung prozessualen Rechts voraus. Ferner muss das Urteil auf dieser Verletzung beruhen, was immer dann der Fall ist, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Gericht bei Nichtvorliegen dieses Verfahrensverstoßes anders entschieden hätte.
Expertentipp
Die relativen Revisionsgründe nehmen zusammen mit der Sachrüge, bei welcher die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, den größten Raum in einer Revisionsklausur ein. Hier gilt es, die jeweilige Verfahrensnorm zu finden, die verletzt sein könnte und den Verstoß nachvollziehbar zu begründen. Sofern es sich um eine fehlerhafte Beweiserhebung und ein sich daraus ergebendes Beweisverwertungsverbot handelt, muss die Widerspruchslösung des BGH berücksichtigt werden.
In § 338 StPO sind die absoluten Revisionsgründe genannt. Auch hier wurde Verfahrensrecht verletzt. Anders als bei § 337 StPO wird hier das Beruhen aber grds. unwiderleglich vermutet, so dass das Urteil auszuheben ist.
Es gibt jedoch eng umgrenzte Ausnahmefälle, in welchen das Urteil nicht aufzuheben ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das grds. unwiderleglich vermutete Beruhen denkgesetzlich ausgeschlossen ist (BGH NStZ 2011, 233). Mit einer solchen Konstellation musste sich das OLG Hamm (5. Strafsenat - Beschluss vom 13.02.2020 – 5 RVs 5/20) befassen. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten erstinstanzlich wegen Körperverletzung verurteilt. Hiergegen legte der Angeklagte Berufung ein. In dem anberaumten Termin zur Berufungshauptverhandlung erschien er nicht, sein anwesender Pflichtverteidiger konnte keine Erklärung zum Ausbleiben abgeben. Hierauf wurde seitens des Gerichts die ordnungsgemäße Ladung des Angeklagten festgestellt und die Berufung mit Urteil vom 17.09.2019 gemäß § 329 Abs. 1 S. 1 StPO verworfen. Die frist- und formgerecht eingelegte Revision wurde mit einer Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens, §§ 338 Nr. 6 StPO, 169 GVG begründet, da während der Verhandlung eine Türe verschlossen und nach außen die Verhandlung als „nicht öffentlich“ angezeigt worden war.
Das OLG Hamm hat nun die Revision als gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Es hat dazu folgendes ausgeführt:
„Es kann ausnahmsweise dahinstehen, ob die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge bereits den Begründungsanforderungen nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nicht genügt…..Die Rüge ist jedenfalls unbegründet, da denkgesetzlich ausgeschlossen ist, dass das Urteil auf dem Verstoß beruht.
Auch das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des Verstoßes gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens, § 338 Nr. 6 StPO, führt ausnahmsweise dann nicht notwendig zur Aufhebung des Urteils, wenn ein Beruhen des Urteils auf dem Verstoß denkgesetzlich ausgeschlossen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. § 338 Rn. 50b; BGH, Beschluss vom 25.07.1995 - 1 StR 342/95, beck-online; BGH, Beschluss vom 2. 2. 1999 - 1 StR 636/98, beck-online; BGH, Beschluss vom 15. 4. 2003 - 1 StR 64/03, beck-online; BGH, Urteil vom 2. 12. 2003 - 1 StR 102/03, beck-online; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. 12. 2007 - 5 StR 404/07). So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht war in seiner Entscheidung gebunden und hätte keine andere Entscheidung treffen können, als die Berufung nach § 329 Abs. 1 S. 1 StPO zu verwerfen. Liegen die Voraussetzungen von § 329 Abs. 1 StPO vor - was auch nach der Revisionsbegründung der Fall war -, ist dem Berufungsgericht die Möglichkeit einer sachlichen Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils verwehrt. Es darf lediglich die Zulässigkeit der Berufung prüfen. Bestehen gegen sie keine Bedenken, muss die Berufung des Angeklagten ohne Sachverhandlung verworfen werden (OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.04.1982 - 1 Ws 88/82 LSK 1982, 520155; beck-online, BayObLG Beschluss vom 24. 2. 1999 - 5 St RR 237/98, beck-online; KK-StPO/Paul, 8. Aufl. 2019, StPO § 329 Rn. 13 m. w. N.; MüKoStPO/Quentin, 1. Aufl. 2016, StPO § 329 Rn. 68).“