Folgender (verkürzter) Sachverhalt:
Die A mietet ein Auto an und fährt zusammen mit B zu einer Tankstelle. Ausgestattet mit einem Schreckschussrevolver und mit Pfefferspray geht B dann wie verabredet in den Verkaufsraum und verlangt von der Angestellten unter Vorzeigen des Revolvers die Herausgabe des Kasseninhalts. Aus Angst packt die Angestellte diesen in eine vom B mitgebrachte Plastiktüte. Damit kehrte B zum Pkw zurück und fuhr zusammen mit A weg. Beide haben zuvor beschlossen, ihren gemeinsamen Lebensunterhalt künftig durch Überfälle auf Tankstellen zu bestreiten. Nachfolgend wird sodann eine weitere Tat ähnlicher Prägung begangen.
Die Täter waren wegen der geschilderten ersten Tat erstinstanzlich wegen besonders schwerer, mittäterschaftlich begangener, räuberischer Erpressung gem. §§ 253, 255 250 II Nr.1, 25 II StGB verurteilt worden.
Da der BGH die Räuberische Erpressung als lex generalis vom Raub als lex specialis nach dem äußeren Erscheinungsbild abgrenzt, liegen die §§ 253, 255 StGB zunächst nahe. (Wie macht es die LIt? - dazu in der nächsten Woche mehr)
Der Schreckschussrevolver wird vom BGH als Waffe angesehen, da er bei entsprechender Verwendung erhebliche Verletzungen hervorrufen kann. Die Lit. verweist darauf, dass dies nur bei einer Zweckentfremdung möglich sei, weswegen der Revolver als gefährliches Werkzeug betrachtet wird. So oder so ist aber § 250 II Nr. 1 StGB verwirklicht.
Der BGH hatte aber Zweifel an der mittäterschaftlichen Begehung. Hierzu hat er folgendes ausgeführt.
"Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung
des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängig ist."
Wie Sie sehen, unterscheiden sich BGH und Tatherrschaftslehre kaum noch voneinander. In einer Klausur sollten Sie sich also vor allem mit der Frage nach der Tatherrschaft auseinandersetzen. Haben Sie diese bejaht, dann liegt nach beiden Auffassungen Täterschaft vor.