Nehmen wir einmal an, ein Arzt fügt nachträglich einer noch manuell geführten Krankenakte seines Patienten P einen Vermerk über eine angebliche Aufklärung hinzu, die tatsächlich gar nicht stattgefunden hat und reicht diese Akte dann bei Gericht ein, wo er sich einem Schmerzensgeldprozess stellen muss, den dieser Patient angestrebt hat.
Nun können wir uns zunächst die Eintragung des Arztes über die angebliche Aufklärung ansehen. Bei dieser handelt es sich um eine menschliche Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und den Aussteller erkennen lässt, mithin also um eine Urkunde. Diese Eintragung = Urkunde ist aber echt, da der tatsächliche Aussteller und der aus der Urkunde ersichtliche Aussteller identisch sind. Es handelt sich um eine schriftliche Lüge, die aber über § 267 StGB nicht erfasst wird.
Weiten wir nun den Blick und schauen uns die Krankenakte an. Bei dieser handelt es sich um eine Gesamturkunde, also um eine Zusammenfassung von Einzelurkunden mit einem über den Einzelinhalt hinausgehenden Erklärungsgehalt – hier über den Gesamtverlauf der Behandlung. Den Inhalt und damit die Beweisrichtung dieser Gesamturkunde hat A durch das Einfügen des Vermerks verändert. Darin könnte ein Verfälschen einer Urkunde gesehen werden. Allerdings bleibt auch die Gesamturkunde nach dem Einfügen noch echt, so dass § 267 StGB abgelehnt werden könnte (so vor dem Hintergrund des geschützten Rechtsguts teilweise die Literatur: SK-Hoyer § 267 Rn. 68; Schönke/Schröder-Heine/Schuster § 267 Rn. 68.)
Die h.M. bejaht hingegen das Verfälschen und argumentiert, dass andernfalls die Alternative des Verfälschens echter Urkunden überflüssig wäre, da der Fall des Manipulierens einer Urkunde durch Dritte immer auch die Herstellung einer unechten Urkunde bedeutete. Das geschützte Rechtsgut wird also um das Vertrauen des Rechtsverkehrs in den inhaltlichen Fortbestand erweitert. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Täter in der Zwischenzeit seine Dispositionsbefugnis über die entsprechende Urkunde verloren hat. (BGHSt 13, 382; Fischer § 267 Rn. 34). Dies ist dann anzunehmen, wenn er die Urkunde in den Rechtsverkehr eingebracht hat bzw. wenn ein Dritter einen Anspruch auf die Unversehrtheit der Urkunde erlangt hat.
Da der Arzt bereits von der Patientin verklagt worden ist, hat diese ein Recht auf unveränderten Fortbestand der Krankenakte zum Nachweis der erfolgten Behandlung. Nach h.M. liegt damit ein Verfälschen vor. Zudem hat A die Urkunde bei Gericht eingereicht, so dass er die Urkunde auch gebraucht hat.