Nach den überwiegend vertretenen Manifestationstheorien eignet sich der Täter die Sache dann zu, wenn er ein Verhalten zeigt, welches aus Sicht des objektiven Beobachters auf einen Zueignungswillen schließen lässt, also auf eine dauerhaft gewollte wirtschaftliche Verdrängung des Eigentümers aus seiner Position und eine zumindest vorübergehende Aneignung dieser wirtschaftlichen Position. (BGH JuS 2022, 551; Rengier Strafrecht BT I § 5 Rn. 23)
Übereignet ein Täter, der ein Darlehn bei einer Bank aufnimmt, seinen Wagen im Wege einer Sicherungsabrede an diese Bank und verkauft und übereignet er den Wagen alsdann an den gutgläubigen Dritten, dann liegt in dem Verkauf eine Manifestation seines Zueignungswillens und damit eine taugliche Tathandlung. Was aber, wenn er den nunmehr dem Dritten gehörenden Wagen später erneut verkauft und an den wiederum gutgläubigen Vierten übereignet? Hat er dann erneut eine Unterschlagung begangen oder scheidet § 246 Abs. 1 StGB schon tatbestandlich aus?
Eine in der Literatur vertretene Auflassung sucht die Lösung auf Konkurrenzebene (sog. Konkurrenzlösung). Demnach ist jede neue Betätigung des Zueignungswillens tatbestandlich eine Unterschlagung, die nachfolgenden Unterschlagungen treten aber als mitbestrafte Nachtat zurück. (Wessels/Hillenkamp/Schuhr Strafrecht BT II Rn. 341)
Die Gegenauffassung, zu der auch der BGH gehört, verneinen schon tatbestandlich eine Unterschlagung (sog. Tatbestandslösung), da Zueignen nur das erstmalige Herstellen einer eigentümerähnlichen Position bedeute und zudem andernfalls jedes neue Verwenden einer entwendeten Sache stets erneut strafbar sei und demgemäß keine Verjährung eintreten könne. (BGH JuS 2022, 551; Rengier Strafrecht BT I § 5 Rn. 23)
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass durch die erneute Zueignungshandlung derselbe Rechtsgutsträger betroffen ist. Sind wie im vorgenannten Beispiel unterschiedliche Rechtsgutsträger durch die Tat in Ihrem Eigentumsinteresse beeinträchtigt (einmal die Bank durch die erste Übereignung und danach der gutgläubige Dritte durch die nachfolgende Übereignung), dann ist tatbestandlich erneut § 246 I StGB verwirklicht. (lesen Sie dazu auch Entscheidungsbesprechung BGH von Eisele in JuS 2022, 551)