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Ebenfalls als Polizeipflichtiger einzustufen ist der sog. Zustandsstörer. Ansatzpunkt ist insoweit § 7 PolG. Danach hat die Polizei in den Fällen, in denen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch den Zustand einer Sache bedroht oder gestört wird, ihre Maßnahmen gegenüber dem Eigentümer oder gegenüber demjenigen zu treffen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt.
Beispiel
A hat in seinem Garten eine Vogelscheuche aufgestellt. Sein Nachbar N ist Taubenzüchter und hält in seinem Taubenschlag eine Vielzahl dieser Vögel, um sog. Taubensport zu betreiben, indem die Tauben ausgeschickt werden und dann wieder in ihren Taubenschlag zurückfliegen. Die Vogelscheuche im Garten des A hält die Tauben indes davon ab, tatsächlich zurückzukehren. Viele Tiere verenden ausgezehrt vor dem Grundstück des A. Hier ist A nicht in erster Linie durch sein Verhalten, sondern durch die von ihm aufgestellte Vogelscheuche als Sache, über die er mindestens die tatsächliche Sachherrschaft ausübt, Störer (genauer: Zustandsstörer).
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Nach dem allgemeinen Polizeirecht gilt, dass der Zustandsstörer neben dem Handlungsstörer nach § 6 PolG herangezogen werden kann. Der maßgebliche Anknüpfungspunkt liegt darin, dass die Gefahr von der Beschaffenheit einer Sache oder deren räumlicher Lage ausgeht.Kenntner Öffentliches Recht Baden-Württemberg, Rn. 87. Die Polizeipflichtigkeit ist dabei nicht davon abhängig, ob der Betroffene Eigentümer ist.VGH Mannheim VBlBW 2011, 425. Es kommt maßgeblich vielmehr bereits auf das Innehaben der tatsächlichen Sachherrschaft an.
Expertentipp
Wichtig zu wissen ist, dass etwa auch Miteigentümer zur Beseitigung der Störung herangezogen werden können.BVerwG NVwZ-RR 1999, 147. Gegebenenfalls kann gegen diese eine Duldungsverfügung ergehen.
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Die polizeiliche Verantwortlichkeit des Rechtsnachfolgers gilt jedenfalls für sachbezogene Verpflichtungen, d.h. umgekehrt nicht bei rein persönlichen Verpflichtungen.Vgl. VGH Kassel NVwZ 1998, 1315. Umstritten ist, ob die Polizeipflicht sich bereits durch eine erlassene Ordnungsverfügung verfestigt haben muss oder aber bereits der Eintritt in eine nur abstrakte Gefahr als ausreichend anzusehen ist. Hier dürfte wegen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatzes indes Überwiegendes dafür sprechen, eine bereits konkretisierte Polizeipflicht als Voraussetzung für eine gefahrenabwehrrechtliche Verantwortlichkeit zu fordern.
Hinweis
Einen – allerdings spezialgesetzlich geregelten – Sonderfall bildet der Eintritt in die Polizeipflicht bei der Sanierung kontaminierter Grundstücke bzw. deren Grund und Bodens. Hier steht mit § 4 Abs. 3 BBodSchG eine speziellere Bestimmung über die Polizeipflichtigkeit zur Seite.