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Gegenüber dem Schutzgut der öffentlichen Sicherheit steht das ebenfalls von §§ 1 Abs. 1, 3 PolG erfasste Schutzgut der öffentlichen Ordnung zurück. Dies liegt vor allem darin begründet, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung nur sehr schwer fassbar ist und auch verfassungsrechtlich – unter anderem wegen fehlender Bestimmtheit – seit langem in der Kritik steht. Trotz dieser Bedenken halten die h.M. und auch der für das Polizeirecht zuständige baden-württembergische Landesgesetzgeber an dem Schutzgut der öffentlichen Ordnung neben dem der öffentlichen Sicherheit fest.Vgl. dazu BVerfG NJW 2004, 2814 (2815); Kingreen/Poscher Polizei- und Ordnungsrecht, § 7 Rn. 42 ff.
Definition
Öffentliche Ordnung ist die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird.BVerfG NVwZ 2004, 90 (91); BVerwG NVwZ 2014, 883 (884); VGH München DVBl. 2013, 526 (527); näher auch Kingreen/Poscher Polizei- und Ordnungsrecht, § 7 Rn. 42.
Hinweis
Die Definition zeigt, dass es bei der Betroffenheit des Schutzgutes der öffentlichen Ordnung stets nur um ungeschriebene Regeln gehen kann. Ist eine bestimmte Handlungsweise, die potenziell auch die öffentliche Ordnung berühren könnte, bereits durch gesetzliche Regelung erfasst, kommt nur doch das vorrangige Schutzgut der öffentlichen Sicherheit in Betracht, und zwar in der Ausprägung der Unversehrtheit der gesamten geschriebenen Rechtsordnung. Fälle, in denen dies zum Tragen kommen kann, sind bspw. Exhibitionismus hinsichtlich § 183 StGB und § 118 OWiG oder die Verharmlosung von NS-Verbrechen hinsichtlich § 130 Abs. 3 StGB.
Der Begriff der öffentlichen Ordnung ist wegen seiner relativen Unbestimmtheit schon aus rechtsstaatlichen Gründen eng auszulegen. Es werden daher nur solche ungeschriebenen Regeln unter den Begriff der öffentlichen Ordnung gefasst, die nicht nur von einer Mehrheit anerkannt werden, sondern nur diejenigen, die für das geordnete Zusammenleben unerlässlich sind.Schenke Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 65; Zeitler/Trurnit Polizeirecht für Baden-Württemberg, Rn. 179.
Beispiel
Simulierung von Tötungshandlungen in einem Spiel (sog. „Laserdromes“)BVerwG NVwZ 2002, 598 (602 f.); OVG Münster NWVBl. 2001, 94 f.