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Nach § 30 Abs. 1 PolG ist die Polizei ermächtigt, zur Abwehr einer konkreten Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung eine vorübergehende Wegverweisung oder ein Betretungsverbot auszusprechen. Diese Maßnahme wird nach geläufiger Auffassung als Platzverweis bezeichnet. Sie ist als vorübergehende Maßnahme zu verstehen, die auf einen bestimmten Ort begrenzt ist.
Beispiel
Fußballfan F begibt sich bei einem Heimspiel seines favorisierten Vereins vor dem heimischen Stadion in die Nähe des Eingangs zur gegnerischen Fankurve. Die gegnerischen Fans sind dafür berüchtigt, notfalls auch gewaltsam für „ihren“ Club einzustehen. Die vor dem Stadion anwesende Polizei weist F an, den örtlichen Bereich vor der gegnerischen Fankurve zu verlassen.
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Der Platzverweis ist zum einen auf einen bestimmten Ort bezogen, worunter ein räumlicher bzw. räumlich abgegrenzter Bereich zu verstehen ist. Beispiele hierfür sind bestimmte Straßen oder Straßenzüge innerhalb eines Quartiers, Parks und Gärten, Gebäude oder Grundstücke. Problematisch ist das Merkmal „vorübergehend“, welches einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt. Die Rechtsprechung hat dies nicht abschließend geklärt, wohl aber ist nach der h.M. eine zeitliche Begrenzung – auch und besonders in Abgrenzung zum Aufenthaltsverbot nach § 30 Abs. 2 PolG – zu fordern.Statt vieler Belz/Mußmann/Kahlert/Sander PolG, § 27a Rn. 5. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Platzverweis im Regelfall nur maximal 24 Stunden lang zulässig ist.
Expertentipp
Gerade in Abgrenzung zum Versammlungsrecht spielt auch der Platzverweis nach § 30 Abs. 1 PolG eine Rolle. Als wichtiger Merkposten gilt dabei, dass der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und das Aussprechen von Platzverweisen nach § 30 Abs. 1 PolG erst dann (wieder) zulässig ist, wenn die Versammlung nach § 13 Abs. 1 VersG oder nach § 15 Abs. 3 VersG bereits aufgelöst wurde. Insoweit gilt der Grundsatz der „Polizeifestigkeit“ von öffentlichen Versammlungen. Ebenso liegt es bei Maßnahmen gegenüber einzelnen Teilnehmern der Versammlung. Diesen gegenüber ist ein Platzverweis nach § 30 Abs. 1 PolG erst dann möglich, wenn sie rechtmäßig von der Versammlung ausgeschlossen worden sind (etwa auf der Grundlage von § 18 Abs. 3 VersG).