Inhaltsverzeichnis
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Die jeweils historisch bedingte Entscheidung in den neu errichteten Ländern nach 1945 in der Bundesrepublik – sowie später ab 1990 auch in den neuen Bundesländern – entweder zugunsten des bereits oben behandelten Trennungs- oder des Einheitssystems hat vor allem Auswirkungen auf den institutionellen Polizeibegriff, da damit die Polizeiorganisation angesprochen ist. Im Trennsystem, das treffender auch als Trennungs- oder Ordnungsbehördensystem zu bezeichnen ist, wird die Gefahrenabwehr überwiegend von den Behörden der allgemeinen Verwaltung wahrgenommen.Schenke Polizei- und Ordnungsrecht, § 1 Rn. 14. Die meisten Länder folgen heute diesem System, so Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz (früher Einheitssystem), Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die entsprechenden – für die Aufgabe der Gefahrenabwehr zuständigen – Behörden sind demnach in diesen Ländern auch nicht als Polizeibehörden bezeichnet, sondern tragen in Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt die Bezeichnung „Verwaltungsbehörden der Gefahrenabwehr“, in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen „Ordnungsbehörden“, in Bayern „Sicherheitsbehörden“ und in Hessen „Gefahrenabwehrbehörden“.Schenke Polizei- und Ordnungsrecht, § 1 Rn. 14. Dem Wesen des Trennsystems entspricht es, dass die Zuständigkeit der Polizei sich in den Ländern, die dem Ansatz folgen, grundsätzlich auf die Gefahrenabwehr in Eilfällen, die Mitwirkung bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die Vollzugshilfe sowie sonstige gesetzlich ausdrücklich benannte oder übertragene Aufgaben beschränkt, m.a.W. also im Übrigen grundsätzlich die Verwaltungsbehörden primär zuständig sind.Schenke Polizei- und Ordnungsrecht, § 1 Rn. 14. Dieses System wird allgemein als Ausdruck der Entpolizeilichung verstanden.Vgl. auch BVerfGE 3, 407 (431).
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Demgegenüber folgen (überwiegend traditionell bedingt, siehe oben Rn. 9 f.) die Länder Baden-Württemberg, Bremen, das Saarland und Sachsen auch gegenwärtig weiterhin dem sog. Einheitssystem. Diesem Ansatz entspricht es, dass die Polizei im institutionell-organisatorischen Sinne (dazu Rn. 20) sämtliche Behörden umfasst, die im Sinne des materiellen Polizeibegriffs (dazu Rn. 21) polizeiliche Aufgaben wahrnehmen. In diesen Ländern ist die Gefahrenabwehr (zum Begriff siehe oben unter Rn. 2) grundsätzlich der Polizei übertragen.Schenke Polizei- und Ordnungsrecht, § 1 Rn. 15. Im Sinne des institutionellen Polizeibegriffs (siehe Rn. 20.) unterfällt der Polizei in den Ländern mit Einheitssystem – und damit insbesondere auch in Baden-Württemberg – eine wesentlich größere Zahl an Behörden.Schenke Polizei- und Ordnungsrecht, § 1 Rn. 15.
Hinweis
In verwaltungspraktischer Perspektive wirkt sich dies freilich nicht maßgeblich aus, da auch in den Ländern mit Einheitssystem wie Baden-Württemberg eine gewisse Aufteilung der Polizeiorganisation erfolgt ist, die zumeist in Gestalt einer Differenzierung in Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst deutlich wird.