Inhaltsverzeichnis
B. Auffinden der einschlägigen Rechtsnorm(en)
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Aus dem Kreis der Vielzahl der hiernach bestehenden – und sich in ihrem Bestand sowie Inhalt fortlaufend ändernden – Rechtsnormen die zur Lösung der konkreten Fallfrage einschlägige(n) herauszufinden, kann jenseits geläufiger juristischer Fragestellungen durchaus Schwierigkeit bereiten (unübersichtliche „Gesetzes-“ bzw. „Normenflut“); dies gilt sowohl im Studium als auch in der Praxis.
Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 5. Auflage 2011, Rn. 110, 169; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 270; Tettinger/Mann, Einführung, Rn. 57, 59, 74.25
Der erste, in der Regel jedoch nicht weiter mit Problemen verbundene Schritt besteht insofern darin, das in Bezug auf den jeweils zu lösenden Fall „richtige“ Rechtsgebiet zu ermitteln.
Vgl. Schwacke, Methodik, S. 60; Zippelius, Methodenlehre, S. 72. Die Gebiete des geltenden Rechts werden grobZu einer weitergehenden Untergliederung der drei nachfolgend genannten (Haupt-)Rechtsgebiete in ihre jeweiligen Teilgebiete siehe Muthorst, Grundlagen, § 13 Rn. 70. wie folgt eingeteilt:26
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Während das Privatrecht (z.B. BGB, HGB) die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander regelt, werden der Aufbau und die Tätigkeit des Staates sowie dessen Rechtsbeziehungen im Verhältnis zum Bürger durch das Öffentliche Recht bestimmt (z.B. GG, VwVfG). Diesem ist an sich auch das Strafrecht zuzurechnen (v.a. StGB), welches sich allerdings zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt hat.
Zum Ganzen siehe Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 5. Auflage 2011, Rn. 43; Muthorst, Grundlagen, § 13 Rn. 61 ff.; Schwacke, Methodik, S. 9. Näher zur Abgrenzung des Öffentlichen Rechts zum Privatrecht siehe im Skript „Verwaltungsprozessrecht“, Rn. 78 ff. m.w.N.28
Sodann ist in einem zweiten Schritt innerhalb des betreffenden Rechtsgebiets nach derjenigen Vorschrift zu suchen, deren Tatbestand (Rn. 83 ff.) den jeweiligen Sachverhalt in etwa beschreibt und welche auf ihrer Rechtsfolgenseite (Rn. 94 ff.) in abstrakter Fassung die Antwort auf die konkrete Fallfrage beinhaltet (z.B. Anspruchsgrundlage, Strafnorm oder Ermächtigungsgrundlage).
Schwacke, Methodik, S. 60; Vogel, Methodik, S. 37; Zippelius, Methodenlehre, S. 25, 72. Hierzu ist ausgehend von dieser ein entsprechender allgemeiner Rechtssatz zu formulieren und das jeweilige Gesetz anhand seiner Systematik (Rn. 154 ff.) daraufhin zu untersuchen, ob dieses eine mit dieser sog. „Normhypothese“ übereinstimmende Vorschrift enthält.Vgl. Wank, Auslegung, S. 5 unter Hinweis auf Kriele.29
Beispiel
Normhypothese im „Restaurant-Fall“ (Rn. 2): „Wenn jemand einen Gegenstand zerstört, der einem anderen gehört, dann muss er diesem den Schaden ersetzen.“
§ 823 Abs. 1 BGB: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig […] das Eigentum […] eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“
Beispiel
Normhypothese im „Cocktailbar-Fall“ (Rn. 2): „Wenn jemand einem anderen einen Gegenstand gewaltsam wegnimmt, um diesen seinem Vermögen einzuverleiben, dann ist er zu bestrafen.“
§ 249 Abs. 1 StGB: „Wer mit Gewalt gegen eine Person […] eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich […] rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“
Beispiel
Normhypothese im „Eckkneipen-Fall“ (Rn. 2): „Wenn ein Gesetz, das mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen wird, gegen ein Grundrecht des deutschen Grundgesetzes verstößt, dann erklärt das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig.“
§ 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG: „Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären.“
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Expertentipp
Sollten auch hiernach noch Probleme beim Auffinden der jeweils „passenden“ Rechtsnorm bestehen, kann neben dem Inhaltsverzeichnis des betreffenden Gesetzes das alphabetische Stichwortverzeichnis am Ende der jeweiligen Gesetzessammlung weiterhelfen.
Adomeit/Hähnchen, Rechtstheorie, Rn. 81. Soweit dort auf eine bestimmte Vorschrift verwiesen wird, empfiehlt sich stets auch ein Blick in die dieser jeweils vorausgehenden und nachfolgenden Gesetzesbestimmungen.Adomeit/Hähnchen, Rechtstheorie, Rn. 88; Butzer/Epping, Arbeitstechnik, S. 16. Allgemein gilt jedoch: Ohne gute Kenntnisse auf dem betreffenden Rechtsgebiet sowie hinreichende Erfahrung bei der Falllösung wird die Normensuche (zu) lange dauern und besteht die Gefahr, dass wichtige Vorschriften übersehen werden.Adomeit/Hähnchen, Rechtstheorie, Rn. 80; Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 428 m.w.N.; Schwacke, Methodik, S. 162; Zippelius, Methodenlehre, S. 73. Aufbauschemata mögen insoweit als Gedächtnisstütze helfen, dürfen bei der Klausurbearbeitung jedoch nicht starr, sondern müssen stets mit Blick auf den konkret zu lösenden Fall angewandt werden, siehe Tettinger/Mann, Einführung, Rn. 194 m.w.N.