Inhaltsverzeichnis
A. Begriff der öffentlichen Einrichtung
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Die Gemeindeordnung definiert den Begriff der öffentlichen Einrichtung nicht. Aus diesem Grunde hat es die Rechtsprechung
So etwa VGH BW VBlBW 1981, 157; VBlBW 1984, 25. übernommen, die Merkmale, die eine öffentliche Einrichtung auszeichnen, wie folgt herauszuarbeiten:Vgl. hierzu KBK § 10 Rn. 15 mit Darstellung der wesentlichen Rechtsprechung.I. Einrichtung
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Damit eine öffentliche Einrichtung i.S.d. § 10 GemO anzunehmen ist, muss es sich bereits rein begrifflich um eine Einrichtung handeln, also um die Zusammenfassung von sachlichen und/oder personellen Mitteln, die durch Gemeindeeinwohner allgemein nutzbar sind. In Abgrenzung hierzu sind keine öffentlichen Einrichtungen die „Sachen im Gemeingebrauch“, z.B. Straßen, die zulassungsfrei von jedermann und nicht nur von den Einwohnern genutzt werden können (vgl. § 13 StrG).
Hinweis
Bei der Abgrenzung zwischen den öffentlichen Einrichtungen und den Sachen im Gemeingebrauch anhand des Benutzerkreises ist Vorsicht geboten: Eine Einrichtung verliert ihren Status als öffentliche Einrichtung der Gemeinde nicht bereits dadurch, dass neben den Einwohnern auch Dritte (= Nichteinwohner = Ortsfremde) zugelassen werden können. Abzustellen ist daher in jedem Falle auf den Inhalt des Widmungsaktes (Rn. 112). Das maßgebliche Differenzierungsmerkmal ist vielmehr, dass bei einer Sache im Gemeingebrauch für eine Nutzung gerade keine Zulassung erforderlich ist.
Ebenfalls keine öffentlichen Einrichtungen sind die Verwaltungseinrichtungen, die nur den Zwecken der Gemeindeverwaltung dienen. Gleiches gilt für die fiskalischen Betriebe der Gemeinde, die den Zweck haben, den gemeindlichen Eigenbedarf zu decken.
Beispiel
Weder das Rathaus der Gemeinde noch der örtliche Bauhof sind öffentliche Einrichtungen.
Einrichtungen, die der (öffentlichen) Sicherheit dienen, wie etwa die Feuerwehr, sind nach zutreffender Ansicht keine öffentlichen Einrichtungen i.S.d. § 10 Abs. 2 GemO; dies folgt daraus, dass sie allen Menschen diesen und Ansprüche eines Einzelnen aufgrund eines Tätigwerdens der Feuerwehr nicht entstehen (§ 2 Abs. 3 FwG).
BeckOK KommunalR BW/Fleckenstein GemO § 10 Rn. 8.II. Widmungsakt
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Des Weiteren muss die Einrichtung für eine unmittelbare und gleiche Nutzung durch die Einwohner oder den diesen Gleichgestellten (§ 10 Abs. 3 GemO) gewidmet sein.
Die Widmung definiert die Zweckbestimmung der Einrichtung; sie kann durch Satzung, einen einfachen Gemeinderatsbeschluss, Verwaltungsakt oder faktisches Handeln (z.B. die Vergabepraxis der Verwaltung) erfolgen; sie ist an eine bestimmte Form nicht gebunden. Eine häufig anzutreffende Form der Widmung ist die faktische Indienststellung durch Eröffnung der Einrichtung. Bei der Bestimmung des Widmungszwecks hat die Gemeinde einen Gestaltungsspielraum, der umso größer ist, je weniger Einwohner auf die öffentliche Einrichtung angewiesen sind. Beschränkt ist dieser Gestaltungsspielraum durch Art. 3 GG und das darin enthaltene Verbot, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine vom Gesetz vorgenommene Differenzierung sich nicht auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt.
VGH BW Beschluss vom 25.9.1997 – 1 S 1261/97, VBlBW 1998, 58.113
Zuständig für die inhaltliche Festlegung der Widmung, d.h. für die Ausgestaltung des Nutzungszwecks ist regelmäßig der Gemeinderat. Anhaltspunkte für den Inhalt der Widmung können sich aus den Benutzungsordnungen etc. ergeben. Allerdings kann die vom Gemeinderat geschaffene Zweckbestimmung im Laufe der Zeit durch die Vergabepraxis der Kommunalverwaltung erweitert werden.
Beispiel
Wurde die örtliche Sporthalle für Sportveranstaltungen gewidmet und lässt die Gemeindeverwaltung in ihrer Zulassungspraxis die Durchführung von kulturellen Veranstaltungen zu, so ist der Widmungszweck entsprechend erweitert.
Möchte die Gemeinde einen durch die Vergabepraxis erweiterten Widmungszweck wieder auf sein ursprüngliches Maß zurückführen, ist dies für die Zukunft möglich. Erforderlich hierzu ist aber regelmäßig ein formeller Akt (meist in Form eines Gemeinderatsbeschlusses), mittels dessen nach Außen die Einschränkung der bisherigen Vergabepraxis dokumentiert wird.
VGH BW Beschluss vom 29.10.1997 – 1 S 2629/97, VBlBW 1998, 145. Zu beachten ist allerdings, dass sich die Änderung des Widmungszwecks nicht auf bereits gestellte Nutzungsanträge auswirken darf. Damit kann sich eine Gemeinde also „unliebsamen“ Nutzungsanfragen nicht durch eine Änderung der Widmung entledigen.VG Karlsruhe Beschluss vom 1.3.2016 – 10 K 803/16.III. Schaffung im gemeindlichen Wirkungskreis
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Schließlich muss die Einrichtung innerhalb des gemeindlichen Wirkungskreises geschaffen worden sein und im öffentlichen Interesse bestehen.
Nicht erforderlich ist, dass die Einrichtung der Gemeinde gehört oder von ihr betrieben wird, solange sie die Möglichkeit einer gesicherten Einflussnahme auf den Betrieb der Einrichtung als öffentliche Einrichtung hat.
Beispiel
Ist Träger des örtlichen Heimatmuseums ein Verein und lässt sich die Gemeinde durch Vertrag eine Benutzungsmöglichkeit durch ihre Einwohner vom Verein zusichern, liegt ein Fall der öffentlichen Einrichtung vor. Ähnliches gilt, wenn die Gemeinde ihre Gemeindehalle in Rechtsform einer GmbH betreibt, deren 100 %-Gesellschafterin sie ist; der Zulassungsanspruch ist dann gleichwohl gegen die Gemeinde gerichtet, und zwar in Form der Geltendmachung ihres Einflusses als (Allein-)Gesellschafterin.