Kommunalrecht Baden-Württemberg - Besondere Verwaltungsformen - Ortschaftsverfassung

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Kommunalrecht Baden-Württemberg

Besondere Verwaltungsformen - Ortschaftsverfassung

A. Ortschaftsverfassung

I. Allgemeines, Begriff

403

In Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen kann durch Hauptsatzung eine Ortschaftsverfassung eingeführt werden. Sinn der Ortschaftsverfassung ist die Förderung der Eigenverantwortlichkeit der rechtlich unselbstständigen Ortschaften. Sie sollen trotz der Eingliederung in die Gesamtgemeinde eine gewisse organisatorische Eigenständigkeit bewahren können.

Zur Errichtung einer Ortschaftsverfassung werden durch Satzungsregelung zunächst die Ortschaften definiert. Nur räumlich getrennte Ortsteile können Gegenstand einer Ortschaftsverfassung sein, wobei mehrere Ortsteile zu einer Ortschaft zusammengefasst werden können. Sodann wird für die einzelnen Ortschaften ein Ortschaftsrat gebildet (§ 68 Abs. 2 GemO) und ein Ortsvorsteher eingesetzt (§ 68 Abs. 3 GemO). Weiter kann für die einzelnen Ortschaften eine örtliche Verwaltung eingerichtet werden (§ 68 Abs. 4 GemO).

Beispiel

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Die Gemeinde A besteht aus den räumlich getrennten Ortsteilen A, B, C. Gemäß Hauptsatzung werden die einzelnen Ortsteile zu Ortschaften erklärt und je ein Ortschaftsrat eingeführt sowie je ein Ortsvorsteher bestellt.

II. Ortschaftsrat

404

Werden in einer Gemeinde Ortschaften gebildet, ist gem. § 68 Abs. 2 GemO ein Ortschaftsrat einzurichten. Wahlberechtigt und wählbar sind die Bürger der Ortschaft. Bezüglich des Wahlverfahrens gelten die Regelungen betreffend die Gemeinderäte entsprechend (Rn. 151). Besteht eine Ortschaft aus mehreren räumlich getrennten Ortsteilen, ist auch auf Ebene der Wahl zum Ortschaftsrat eine unechte Teilortswahl möglich.

Die Amtszeit der Ortschaftsräte richtet sich nach der des Gemeinderats. Wie viele Mitglieder der Ortschaftsrat hat, wird durch die Hauptsatzung bestimmt (§ 69 Abs. 2 GemO). Den Vorsitz im Ortschaftsrat hat der Ortsvorsteher (§ 69 Abs. 3 GemO). Der Bürgermeister darf an den Sitzungen des Ortschafsrats grundsätzlich teilnehmen. Auf Verlangen ist ihm das Wort zu erteilen. Eine Verpflichtung des Bürgermeisters (bzw. seines Stellvertreters) zur Teilnahme ist in den §§ 67 ff. GemO nicht ausdrücklich normiert. Aus dem Umstand, dass aus § 70 GemO ein Informationsrecht des Ortschaftsrats gegenüber der Gemeinde resultiert, wird man jedoch eine solche Verpflichtung in den Fällen herleiten können, in denen der Ortschaftsrat die Teilnahme verlangt. Nimmt der Bürgermeister an Sitzungen des Ortschaftsrats teil, kann er den Vorsitz der Versammlung nicht übernehmen, da § 69 Abs. 3 GemO nicht disponibel ist.

405

Gemeinderäte, die in der Ortschaft wohnen und nicht in den Ortschaftsrat gewählt wurden, können an den Sitzungen mit beratender Stimme teilnehmen. Gleiches gilt in Gemeinden mit unechter Teilortswahl für die Gemeinderäte, die den jeweiligen Ortsteil repräsentieren.

406

Die Aufgaben des Ortschaftsrats ergeben sich teilweise unmittelbar aus Gesetz. Gemäß § 70 Abs. 1 GemO hat der Ortschaftsrat die örtliche Verwaltung zu beraten. Er ist in wichtigen Angelegenheiten der Ortschaft vom Bürgermeister oder Gemeinderat zu hören. Schließlich hat er gegenüber den zuständigen Gemeindeorganen ein Vorschlagsrecht in allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen.

Beispiel

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Im Ortschaftsrat wird der desolate Zustand des örtlichen Kinderspielplatzes festgestellt und daraufhin beschlossen, dem Gemeinderat ein Sanierungskonzept vorzuschlagen.

Neben den gesetzlich zugewiesenen beratenden Funktionen des Ortschaftsrats können diesem zudem durch die Hauptsatzung bestimmte, die Ortschaft betreffende Angelegenheiten zur Entscheidung übertragen werden (§ 70 Abs. 2 GemO). Nicht übertragbar sind jedoch vorlage- oder genehmigungspflichtige und die in § 39 Abs. 2 GemO genannten Angelegenheiten.

407

Bei seiner Willensbildung ist der Ortschaftsrat stets an die kommunalpolitischen Richtlinien des Gemeinderats gebunden.

KBK § 68 Rn. 5. Eine nur auf die Interessen der Ortschaft ausgerichtete Handlungsweise, bei der die Belange der Gesamtgemeinde unberücksichtigt bleiben, ist indes unzulässig.

III. Ortsvorsteher

408

In jeder Ortschaft muss ein Ortsvorsteher bestellt werden. Hierfür zuständig ist der Gemeinderat. Dieser wählt aus der Mitte der wahlberechtigten Bürger der Ortschaft auf Vorschlag des Ortschaftsrats den Ortsvorsteher. Möchte der Gemeinderat diesem Vorschlag nicht folgen, kann er mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder Bewerber aus der Mitte des Ortschaftsrats in die Auswahl einbeziehen. Die Stellvertreter des Ortsvorstehers sind ebenfalls vom Gemeinderat zu bestellen; sie müssen zwingend aus der Mitte des Ortschaftsrats kommen. Statusrechtlich ist der Ortsvorsteher Ehrenbeamter auf Zeit. Seine Amtszeit richtet sich nach derjenigen der Ortschaftsräte.

409

Der Ortsvorsteher ist der Vorsitzende des Ortschaftsrats (§ 69 Abs. 3 GemO). Daneben vertritt er den Bürgermeister, in Gemeinden mit Beigeordneten auch den Beigeordneten ständig bei dem Vollzug der Beschlüsse des Ortschaftsrats und bei der Leitung der örtlichen Verwaltung (§ 71 Abs. 3 GemO), sofern eine solche eingerichtet ist. Eine Weisungsbefugnis des Bürgermeisters (bzw. der Beigeordneten) besteht gegenüber dem Ortsvorsteher nur in den Fällen, in denen er sie vertritt. Als Vorsitzender des Ortschaftsrats ist der Ortsvorsteher hingegen an Weisungen des Bürgermeisters nicht gebunden. Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen gem. § 71 Abs. 3 S. 3 GemO nur für die Ausübung des Widerspruchsrechts (§ 43 Abs. 2 GemO) sowie der Eilentscheidungskompetenz (§ 43 Abs. 4 GemO).

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