B. Beigeordnete
I. Rechtsstellung der Beigeordneten, Amtszeit, Wahl
200
In Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern können, in Stadtkreisen müssen als Stellvertreter des Bürgermeisters Beigeordnete bestellt werden. Beigeordnete sind hauptamtliche Beamte auf Zeit und werden – gerade wie der Bürgermeister selbst – auf acht Jahre bestellt (§ 50 Abs. 1 GemO). Gewählt werden die Beigeordneten vom Gemeinderat; eine Übertragung der Wahl auf einen beschließenden Ausschuss oder den Bürgermeister ist gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 GemO nicht möglich.
Hinweis
Anders als bei der Bestellung von Gemeindebediensteten, über die der Gemeinderat im Einvernehmen mit dem Bürgermeister entscheidet, ist für die Bestellung der Beigeordneten das Einvernehmen des Bürgermeisters nicht nötig. § 50 Abs. 2 GemO ist insoweit spezieller als § 24 Abs. 2 GemO.
Wie viele Beigeordnete in der Gemeinde bestellt werden, ist durch Hauptsatzung entsprechend den Erfordernissen der Gemeindeverwaltung zu regeln.
II. Aufgaben
201
Beigeordnete haben die Aufgabe, in größeren Gemeindeverwaltungen den Bürgermeister dauerhaft zu entlasten. Ihnen werden Geschäftskreise zugeordnet, in denen sie tätig sind. Eine Festlegung der Geschäftskreise erfolgt durch den Bürgermeister im Einvernehmen mit dem Gemeinderat (§ 44 Abs. 1 GemO); eine Hauptsatzungsregelung ist nicht zwingend erforderlich, wenngleich nicht unüblich.
KBK § 49 Rn. 2.202
In Großen Kreisstädten und Stadtkreisen führt der Erste Beigeordnete die Amtsbezeichnung „Bürgermeister“; den weiteren Beigeordneten kann der Gemeinderat die Bezeichnung „Bürgermeister“ verleihen (§ 49 Abs. 3 S. 4 GemO). Diese Regelung korrespondiert insoweit mit § 42 Abs. 4 GemO, wonach der Bürgermeister in den Großen Kreisstädten und Stadtkreisen die Bezeichnung „Oberbürgermeister“ führt.
Beispiel
Gemäß der vorstehenden Aufteilung gibt es in Großen Kreisstädten oder Stadtkreisen neben dem Oberbürgermeister regelmäßig einen Baubürgermeister, Finanzbürgermeister etc.
203
Gemäß § 49 Abs. 2 GemO vertreten die Beigeordneten den Bürgermeister ständig in ihrem Geschäftskreis unabhängig davon, ob der Bürgermeister anwesend ist. Im Innenverhältnis kommt dem jeweiligen Beigeordneten Vertretungsbefugnis („rechtliches Dürfen“) innerhalb seines Geschäftskreises zu mit der Folge, dass insoweit er statt dem Bürgermeister entscheidet. Der Bürgermeister kann ihm jedoch allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen. Allgemeine Weisungen sind etwa Richtlinien in Form von Dienstanweisungen, mit denen bestimmte Entscheidungsgrundsätze festgelegt werden. Im Rahmen der Einzelfallweisung hat der Bürgermeister die Möglichkeit, den Beigeordneten anzuweisen, wie zu entscheiden ist. Beachtet werden muss dabei jedoch zweierlei: zum einen ist der Bürgermeister nach wohl h.M. nicht befugt, Angelegenheiten zur eigenen Entscheidung an sich zu ziehen und dadurch den Wirkungskreis des Beigeordneten zu beschneiden.
Zum Meinungsstand: BeckOK KommunalR BW/Behrendt GemO § 49 Rn. 12. Zum anderen hat das Weisungsrecht nur verwaltungsinterne Wirkung, d.h. ein Handeln des Beigeordneten entgegen der Weisung des Bürgermeisters bleibt nach außen wirksam. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Vertretungsmacht (das „rechtliche Können“) des Beigeordneten innerhalb seines Geschäftskreises nach außen nicht beschränkbar ist.KBK § 49 Rn. 11. Die Ausübung des Weisungsrechts durch den Bürgermeister darf im Übrigen nicht so weit gehen, dass der Geschäftskreis des Beigeordneten über Gebühr eingeschränkt wird und ihm nur geringe oder keine Kompetenzen verbleiben. Ist dies der Fall, hat der Gemeinderat für die Beseitigung dieser Missstände in der Gemeindeverwaltung zu sorgen (§ 24 Abs. 1 S. 3 GemO).Hinweis
Machen Sie sich an dieser Stelle nochmals den Unterschied zur Stellvertretung durch einen Vertreter aus der Mitte des Gemeinderats klar: Während dieser nur im Verhinderungsfall tätig werden kann, ist der (normale) Beigeordnete in seinem Geschäftskreis immer als Vertreter des Bürgermeisters tätig!
204
Neben der ständigen Stellvertretung in den Geschäftskreisen vertritt der Erste Beigeordnete den Bürgermeister unabhängig vom Bestehen eines Verhinderungsfalls vollumfänglich. Gerade wie beim Bürgermeister selbst ist auch die Vertretungsmacht des Ersten Beigeordneten unbeschränkt und unbeschränkbar. Allerdings kann die Vertretungsbefugnis, also das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis, z.B. auf den Verhinderungsfall des Bürgermeisters beschränkt werden. Die weiteren Beigeordneten vertretenen den Bürgermeister als allgemeine Stellvertreter nur dann, wenn dieser wie auch der Erste Beigeordnete verhindert ist (§ 49 Abs. 3 GemO). Überdies ist es zulässig, neben den Beigeordneten zusätzlich noch Vertreter des Bürgermeisters aus der Mitte des Gemeinderats zu bestimmen, die jedoch erst dann als Stellvertreter handeln können, wenn sowohl der Bürgermeister als auch die Beigeordneten verhindert sind.
Hinweis
Die allgemeine Stellvertretung bezieht sich nur im Verhinderungsfall des Bürgermeisters auf dessen organschaftlichen Rechte, die aus seiner Stellung als Vorsitzender des Gemeinderats resultieren, also z.B. das Widerspruchsrecht nach § 43 Abs. 2 GemO oder die Eilentscheidungskompetenz nach § 43 Abs. 4 GemO.
205
Im Gemeinderat haben die Beigeordneten kein Stimmrecht, sondern nehmen nur mit beratender Stimme teil (§ 33 GemO); dies gilt auch dann, wenn sie den Bürgermeister im Falle seiner Verhinderung vertreten.
KBK § 37 Rn. 37. Grund hierfür ist, dass im Gemeinderat nur derjenige stimmberechtigt sein soll, der aufgrund einer unmittelbaren Wahl vom Volk legitimiert wurde. Gleiches gilt für die beschließenden Ausschüsse. Lediglich in den beratenden Ausschüssen kann den Beigeordneten ein Stimmrecht zukommen, wenn diese dort den Vorsitz innehaben (§ 41 Abs. 2 GemO).206
Die Hinderungsgründe betreffend die Tätigkeit als Beigeordnete ergeben sich aus § 51 GemO, wonach die Beigeordneten zur Vermeidung von Interessenkollisionen weder gleichzeitig eine andere Planstelle der Gemeinde innehaben dürfen noch deren Bedienstete oder Bedienstete der Rechtsaufsichtsbehörde, des Landratsamts oder des Landkreises sein können.
207
§ 52 GemO („Besondere Dienstpflichten“) erweitert die für ehrenamtlich tätige Bürger geltenden Pflichten (§ 17 Abs. 1 bis 3 GemO – Rn. 67 ff.) sowie die Befangenheitsregelungen (§ 18 GemO – Rn. 262 ff.) auf die Beigeordneten.