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Nach § 1 Abs. 1 S. 1 StaRUG sind die Geschäftsleiter von juristischen Personen (GmbH, UG, AG, SE etc.) verpflichtet, ein Krisenfrüherkennungssystem zu installieren, um existenzgefährdende Krisen frühzeitig zu identifizieren. Die Pflicht gilt nach § 1 Abs. 2 StaRUG auch für die GmbH & Co. KG. Speziell für die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist bereits seit 1998 ein solches System vorgeschrieben (§ 91 Abs. 2 AktG). Die Diskussion zu den Mindestanforderungen ist bis heute im Fluss. Betriebswirtschaftliche Vorschläge und Kennzahlensysteme finden sich zuhauf. Parallel zu § 91 Abs. 2 AktG sind auch in § 1 Abs. 1 S. 1 StaRUG keine konkreten Vorgaben zu den Anforderungen an ein Krisenfrühwarnsystem zu finden. Einigkeit besteht, dass es auf die Größe, Branche, Struktur und Rechtsform des Unternehmens ankommt.Näher D´Avoine/Michels NZI 2022, 1, 3 ff.; Bea/Dressler NZI 2021, 67, 70 f.
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Ein Verstoß gegen die Pflichten wird nicht sanktioniert. Es bleibt bei den allgemeinen Haftungsnormen (§ 43 Abs. 1 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, 116 AktG), wobei die Business Judgement Rule, die den Geschäftsleitern einen weiten Ermessensspielraum zubilligt, Anwendung findet. Für Berater des Unternehmens, die bei der Erstellung des Jahresabschlusses mitwirken (z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), ist § 102 StaRUG zu beachten, der diese verpflichtet, auf das Vorliegen von Insolvenzgründen hinzuweisen. Damit hat der Gesetzgeber die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Beraterhaftung (§ 280 BGB) übernommen.Braun StaRUG/Weber/Dömmecke StaRUG § 102 Rn. 1. Nach Ansicht des BGH haftet der Steuerberater auf Schadensersatz, wenn er in einem Dauermandat Krisenumstände (z.B. eine bilanzielle Überschuldung) feststellt, aber nicht vor einer möglichen Insolvenz warnt.BGH NZI 2017, 312 Rn. 43 ff.; Pape NZI 2019, 260; krit. BeckOK StaRUG/Mock StaRUG § 102 Rn. 4.