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Eine anerkannte Methode im Sanierungsrecht ist der sog. Debt-Equity-Swap. Er hat zum Inhalt, dass Forderungen von Gläubigern mit ihrer Zustimmung in Anteilsrechte umgewandelt werden (§ 225a Abs. 1 S. 1, 2 InsO). Im Regelfall ist der Debt-Equity-Swap in ein komplexes Geflecht von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen eingebunden.
Beispiel
Hauptlieferant der MODEHAUS GmbH ist Lasse (L), der die GmbH seit vielen Jahren beliefert; er hat offene Forderungen in Höhe von 2 Mio. EUR. (L) erklärt sich bereit, das Modehaus zu übernehmen und seine Forderung in Geschäftsanteile umzutauschen. Der Insolvenzplan sieht einen Debt-Equity-Swap vor, der folgendermaßen umgesetzt wird: Zunächst wird das Grundkapital der GmbH auf null herabgesetzt (sog. Kapitalschnitt).Foerste Insolvenzrecht Rn. 539. Damit haben die Alt-Gesellschafter keine Geschäftsanteile mehr. Dann erfolgt eine Barkapitalerhöhung auf 25 000 EUR und eine Sachkapitalerhöhung auf zwei Millionen EUR. Die neuen Geschäftsanteile werden ausschließlich von (L) gezeichnet. Parallel dazu wird das Bezugsrecht der Alt-Gesellschafter nach § 186 AktG analog ausgeschlossen, so dass diese nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmen dürfen. Ein sachlicher Grund, der nach § 186 AktG für den Bezugsrechtsausschluss erforderlich ist, liegt wegen der angestrebten Sanierung der Gesellschaft vor. Die Sachkapitalerhöhung selbst erfolgt derart, dass (L) seine Forderungen i.H.v. 2 Mio. EUR, die er gegen die MODEHAUS GmbH hat, als Sacheinlage einbringt. Die Forderungen von (L) erlöschen durch Erlassvertrag bzw. durch Abtretung (Konfusion).Braun/Frank InsO § 225a Rn. 7; HK-InsO/Haas InsO § 225a Rn. 26. Damit ist der Tausch von Fremd- in Eigenkapital abgeschlossen. Der Bilanztausch bringt erhebliche Vorteile. Zum einen wird die Passivseite der Bilanz entlastet. Der hierdurch entstandene Sanierungsgewinn ist nach § 3a Abs. 1 S. 1 EStG steuerfrei.Näher BFH NZI 2021, 591 Rn. 5 ff. (auch zur Historie). Zum anderen entfällt die Zinslast für das Unternehmen. Für die Alt-Gesellschafter führt der Debt-Equity-Swap bei der Kapitalherabsetzung auf null zum Verlust ihrer Anteile. Würde den Alt-Gesellschafter hingegen erlaubt, neben (L) an der Kapitalerhöhung teilzunehmen, würde es (nur) zu einer Verwässerung ihrer Anteile kommen, d.h. Gewinnansprüche und Stimmrecht würden sinken.
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In einer GmbH unterliegen Sacheinlagen strengen Bewertungskriterien. So darf eine Forderung als Sacheinlage nur mit ihrem wahren Wert eingebracht werden; andernfalls gilt die Differenzhaftung (z.B. §§ 9 Abs. 1, 19 Abs. 4 GmbHG). Grundsätzlich ist die Forderung zum Nominalwert einzubringen. Ist die Bonität zweifelhaft oder das Unternehmen insolvent, muss der Wert der Forderung nach unten korrigiert werden. Daraus folgt, dass Gläubiger die Forderungen bei einem Debt-Equity-Swap nur zu einem Teilwert ansetzen dürfen.BeckOK InsR/Geiwitz/von Danckelmann InsO § 225a Rn. 7. Bei einem Verstoß darf das Insolvenzgericht die Planbestätigung aber nur versagen, sofern eine wesentliche Überbewertung erfolgte (§ 250 Nr. 1 InsO). Nach der gerichtlichen Bestätigung kann der Schuldner zudem keine Ansprüche wegen der Überbewertung geltend machen. § 254 Abs. 4 InsO schließt die Differenzhaftung aus.Rugullis NZI 2021, 663, 664. Das erhöht die Planungssicherheit für die zum Tausch entschlossenen Gläubiger.