Inhaltsverzeichnis
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Stark erleichtert ist die Vorsatzanfechtung gegenüber nahestehenden Personen (§ 133 Abs. 4 InsO), die häufig die finanziellen Probleme des Schuldners kennen. Die Anfechtung nach § 133 Abs. 4 InsO setzt lediglich voraus, dass eine nahestehende Person mit dem Schuldner in den letzten zwei Jahren vor dem Eröffnungsantrag einen entgeltlichen Vertrag geschlossen hat, der die Gläubiger unmittelbar benachteiligt. Die nahestehenden Personen sind in § 138 InsO definiert (näher hierzu Rn. 335 f.). Sogar Steuerberater oder Rechtsanwälte sind als nahestehende Personen von § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO erfasst, wenn sie aufgrund des Beratervertrags die Möglichkeit haben, sich über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners umfassend zu informieren. BGH NZI 2022, 385 Rn. 68.
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Die Anfechtung nach § 133 Abs. 4 InsO betrifft nur entgeltliche Verträge. Der Vertragsbegriff i.S.d. § 133 InsO ist weit auszulegen. BGH NJW 2019, 2923 Rn. 69; NZI 2018, 491 Rn. 13; NZI 2017, 358 Rn. 17; NZI 2016, 773 Rn. 13. Erfasst sind schuld- und sachenrechtliche Verträge sowie jede Rechtshandlung des Schuldners, die in Übereinstimmung mit dem Willen des Anfechtungsgegners vorgenommen wird. Vgl. Braun/Bra InsO § 133 Rn. 45. Entgeltlich ist der Vertrag, wenn die nahestehende Person eine ausgleichende Zuwendung für die Leistung des Schuldners erbringt. BGH NJW 2019, 2923 Rn. 69; NZI 2016, 773 Rn. 14. Auch reine Erfüllungsgeschäfte zählen zu den entgeltlichen Verträgen; das „Entgelt“ ist die Befreiung von der Schuld. BGH NJW 2019, 2923 Rn. 69; NZI 2017, 358 Rn. 17; NZI 2016, 773 Rn. 15.
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Nach § 133 Abs. 4 S. 1 InsO muss die Rechtshandlung die anderen Gläubiger unmittelbar benachteiligen, d.h. die Benachteiligung muss auf der Vornahme selbst beruhen (z.B. Verkauf einer Sache unter Wert, Vertrag über eine überteuerte Beratungsleistung). Gleichwertige Gegenleistungen schließen eine unmittelbare Benachteiligung aus. Vgl. BGH NJW 2019, 2923 Rn. 73; NZI 2017, 358 Rn. 17; NJW 2014, 2579, 2584. Weist die nahestehende Person nach, dass der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen wurde oder dass ihr der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zur Zeit des Vertragsschlusses nicht bekannt war, ist die Anfechtung ausgeschlossen (§ 133 Abs. 4 S. 2 InsO).