Inhaltsverzeichnis
307
Betrifft der Passivprozess gegen den Schuldner eine Masseverbindlichkeit (§ 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO) oder ein Aus- bzw. Absonderungsrecht (§ 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 InsO), sind allein der Insolvenzverwalter oder der Verfahrensgegner zur Aufnahme befugt. Hierzu genügt das Einreichen eines Schriftsatzes. Die Prozesskosten (§ 91 ZPO) sind Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), sofern der Verwalter den Prozess verliert. Der Insolvenzverwalter kann der Kostenlast entgehen, indem er den Anspruch sofort anerkennt (§ 307 ZPO); der Kostenerstattungsanspruch ist dann bloße Insolvenzforderung (§ 86 Abs. 2 InsO). Näher Foerste Insolvenzrecht Rn. 303. Gibt der Insolvenzverwalter den streitbefangenen Gegenstand aus der Masse frei, kann der Schuldner den Prozess aufnehmen. BGH NZI 2016, 657 Rn. 13.
Beispiel
Arbeitnehmerin Aysal (A) wird betriebsbedingt gekündigt. Sie erhebt fristgerecht Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) gegen die MODEHAUS GmbH. Mit Insolvenzeröffnung am 1.9. wird der Prozess vor dem Arbeitsgericht Nürnberg unterbrochen (§ 240 S. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG). Aysal (A) kann den Prozess nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO jederzeit aufnehmen. Das Rubrum muss entsprechend geändert werden (beklagte Partei ist nun „Insolvenzverwalter Ingo X., handelnd in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der MODEHAUS GmbH“). Aufgrund ihres Rechtsbegehrens ist (A) potenzielle Massegläubigerin. Denn sollte die Kündigung unwirksam sein, wäre ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet, sondern würde in der Insolvenz fortbestehen. (A) wäre ab Verfahrenseröffnung Massegläubigerin (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Im Fall der Aufnahme des Verfahrens könnte der Insolvenzverwalter sofort anerkennen, allerdings müssen die Parteien bei den Arbeitsgerichten ihre Kosten ohnehin selbst tragen (§ 12a Abs. 1 ArbGG).