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Betrifft der Rechtsstreit eine Insolvenzforderung, sind die insolvenzrechtlichen Regeln zur Forderungsfeststellung vorrangig. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) den Schuldner nicht mehr auf Zahlung verklagen. Stattdessen müssen sie gem. § 87 InsO ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden (§§ 174 ff. InsO). Die Forderungen werden sodann im Prüfungstermin geprüft (§ 176 InsO). Eine Forderung gilt als festgestellt, wenn weder der Insolvenzverwalter noch ein anderer Gläubiger der Forderung widerspricht (§ 178 Abs. 1 S. 1 InsO). Wurde die Forderung vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestritten, muss der Widerspruch dadurch beseitigt werden, dass der Anmeldende eine Feststellungsklage gegen den Bestreitenden erhebt (§§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 S. 1 InsO). Ist bereits ein Rechtstreit anhängig, kann der Widerspruch nach § 180 Abs. 2 InsO grundsätzlich nur durch Aufnahme des (unterbrochenen) Rechtsstreits beseitigt werden. BGH NZI 2022, 856 Rn. 16; NZI 2021, 669 Rn. 13; NZI 2017, 300 Rn. 8. Liegt bereits ein Vollstreckungstitel vor, erfolgt die Aufnahme nach § 179 Abs. 2 InsO durch den Bestreitenden. BGH NZI 2016, 829 Rn. 3 (Recht des Gläubigers zur Aufnahme bei Unterlassen). Zwingende Voraussetzung für die Aufnahme ist, dass der Insolvenzgläubiger seine Forderung wirksam angemeldet hat und diese geprüft und bestritten worden ist. BGH NZI 2022, 856 Rn. 17; NZI 2021, 669 Rn. 14; NZI 2020, 782 Rn. 10 ff.; NJW 2018, 697 Rn. 14. Der Bestreitende (Verwalter oder Gläubiger) tritt dann in die Parteirolle des Schuldners auf der Passivseite. BGH NJW 2014, 3436, 3437. Rubrum und Klageantrag müssen an die neue Verfahrenssituation angepasst und entsprechend geändert werden. Die Änderung des Klageantrags ist ohne weiteres zulässig (§ 264 Nr. 3 ZPO). BGH NZI 2021, 669 Rn. 15 ff., 21 f. Der neue Antrag lautet: „Es wird festgestellt, dass dem Kläger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der MODEHAUS GmbH folgende Insolvenzforderung zusteht: . . .“. Verliert der Insolvenzverwalter den Prozess, sind die Prozesskosten innerhalb dieser Instanz Masseverbindlichkeiten, nicht aber die Kostenerstattungsansprüche für die Vorinstanzen. BGH NZI 2016, 829 Rn. 10 f.
Beispiel
Lieferantin Lena (L) liefert im März der MODEHAUS GmbH 100 Hemden für 5100 EUR, die den Kaufpreis nicht bezahlt. Im Mai erhebt (L) gegen die GmbH Klage vor dem LG Nürnberg auf Zahlung von 5100 EUR. Der Prozess wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 240 S. 1 ZPO) unterbrochen. (L) muss zunächst ihre Forderung in Höhe von 5100 EUR zur Insolvenztabelle gem. §§ 174 ff. InsO anmelden. Wird die Forderung durch den Insolvenzverwalter bestritten (§ 178 InsO), nimmt die Forderung nicht an der Verteilung teil. Will (L) den Widerspruch beseitigen, muss sie den unterbrochenen Prozess aufnehmen. Erforderlich ist eine Parteiänderung (statt der „MODEHAUS GmbH“ ist „Rechtsanwalt Ingo X. als Verwalter über das Vermögen der MODEHAUS GmbH“ zu verklagen). Zudem ist der ursprüngliche Klageantrag in einen Feststellungsantrag zu ändern.