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Insolvenzrecht - 1. Verbot von Einzelvollstreckungsmaßnahmen

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Insolvenzrecht

1. Verbot von Einzelvollstreckungsmaßnahmen

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Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen

Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, die Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen (§ 1 S. 1 InsO). Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn ausgeschlossen ist, dass einzelne Insolvenzgläubiger über die Einzelzwangsvollstreckung (mit ihrem Prioritätsprinzip) auf das Schuldnervermögen zugreifen. Daher ordnet § 89 Abs. 1 InsO an, dass Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Insolvenzgläubiger ab Verfahrenseröffnung unzulässig sind (sog. Vollstreckungsverbot). BGH NZI 2012, 560. Erfasst sind sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen, d.h. die Vollstreckung in körperliche Sachen (§ 808 ZPO), in Forderungen (§§ 828 ff. ZPO), die Eintragung einer Zwangshypothek im Grundbuch (§§ 866, 867 ZPO) sowie das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§§ 802c ff. ZPO).

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Wird gegen § 89 Abs. 1 InsO verstoßen, ist die Pfändung nicht nichtig, sondern es entsteht lediglich kein Pfändungspfandrecht. Pfändet der Gerichtsvollzieher nach Verfahrenseröffnung für Gläubigerin Greta die Schaufensterdekoration der MODEHAUS GmbH, erlangt Greta kein Pfändungspfandrecht. Da die Pfändung unter Verstoß gegen § 89 Abs. 1 InsO nach h.M. nicht nichtig ist, tritt Verstrickung ein, die bis zur förmlichen Aufhebung fortbesteht. BGH NZI 2021, 489 Rn. 9; NZI 2017, 892 Rn. 10, 15; Braun/Kroth InsO § 89 Rn. 14. Wurde eine (künftige) Forderung des Schuldners nach Verfahrenseröffnung gepfändet (z.B. das künftige Bankguthaben), folgt daraus, dass der Drittschuldner die Auszahlung des gepfändeten Betrags an den Insolvenzverwalter, die ohne Verstrickungsbruch nicht möglich wäre, verweigern kann. BGH NZI 2017, 892 Rn. 14; BeckOK InsR/Cymutta InsO § 89 Rn. 28. Der Insolvenzverwalter muss ggfs. Erinnerung (§ 766 ZPO) einlegen, um die Aufhebung der Verstrickung zu erreichen. Zuständig ist das Insolvenzgericht (§ 89 Abs. 3 InsO), nicht das Vollstreckungsgericht. Nach der Rechtsprechung des BGH stehen für die Beseitigung der Verstrickung zwei Optionen zur Verfügung. Das Vollstreckungsorgan kann die Vollstreckungsmaßnahme entweder aufheben oder die (vorläufige) Aussetzung der Vollziehung, die allerdings keine gesetzliche Grundlage im 8. Buch der ZPO hat, anordnen. BGH NZI 2021, 489 Rn. 10 ff.; NZI 2017, 892 Rn. 14 ff. Nach Ansicht des BGH ist die Aussetzung der Vollziehung zur Wahrung der Rechte des Vollstreckungsgläubigers (Art. 14 Abs. 1 GG) vorrangig. Während bei der Aussetzung der Vollziehung das (unwirksame) Pfändungspfandrecht nach Beendigung des Insolvenzverfahrens rangwahrend wieder auflebt (Heilung ex nunc), Vgl. BeckOK InsR/Cymutta InsO § 89 Rn. 29; MüKoInsO/Breuer/Flöther InsO § 89 Rn. 61. ist das Gläubigerrecht bei Aufhebung der Verstrickung endgültig verloren; der Gläubiger müsste erneut die Pfändung der (künftigen) Forderung beantragen.

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Vollstreckungsmaßnahmen der aussonderungsberechtigten Gläubiger (§ 47 InsO), insbesondere die Herausgabevollstreckung (§ 883 ZPO), bleiben zulässig. Gläubiger, die ein Absonderungsrecht an einem Grundstück haben (§ 49 InsO), können nach Maßgabe des ZVG die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung betreiben. Auch Massegläubiger (§ 53 InsO) können grundsätzlich in das Schuldnervermögen vollstrecken, wobei die Vollstreckung in das künftige Arbeitseinkommen des Schuldners unzulässig ist (§ 89 Abs. 2 S. 1 InsO). Die laufenden Mittel (der Neuerwerb) sollen allen Gläubigern zur Verfügung stehen. Zudem gibt es zeitliche Einschränkungen. In den ersten sechs Monaten ab Insolvenzeröffnung unterliegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Rechtshandlung des Verwalters entstanden sind (sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten), einem Vollstreckungsverbot (§ 90 Abs. 1 InsO), wie die nach Eröffnung entstandenen Lohnansprüche der Arbeitnehmer (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO). BeckOK InsR/Cymutta InsO § 90 Rn. 4. Die anderen Massegläubiger (z.B. Stromanbieter, Lieferanten) können dagegen sofort in die Masse vollstrecken (sog. gewillkürte Masseverbindlichkeiten). Sie sind besonders schutzwürdig, da ihre Forderungen auf einem aktiven Verwalterhandeln beruhen.

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