Inhaltsverzeichnis
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Anhaltspunkte für eine positive Fortführungsprognose gibt das IDW mit seinem Standard IDW S 6.Hierzu BGH NZI 2018, 840 Rn. 10 (keine Verwendungspflicht).Der BGH knüpft die positive Fortführungsprognose an drei Voraussetzungen.BGH NZI 2021, 872 Rn. 68. Sie setzt in subjektiver Hinsicht den Fortführungswillen des Schuldners (bzw. seiner Leitungsorgane), und in objektiver Hinsicht ein schlüssiges Unternehmenskonzept (Sanierungskonzept), aus dem sich die Überlebensfähigkeit des Unternehmens ergibt, sowie einen Finanzplan voraus, aus dem hervorgeht, dass das Unternehmen seine Zahlungsfähigkeit in angemessener Zeit wiedererlangen wird. In welchem Zeitraum die Zahlungsfähigkeit wiedererlangt werden muss (sog. Prognosezeitraum), war früher umstritten. Mit dem SanInsFoG wurde der Prognosezeitraum auf zwölf Monate festgelegt (§ 19 Abs. 2 S. 1 InsO). Zugleich wurde für die drohende Zahlungsunfähigkeit ein Prognosezeitraum von 24 Monaten festgeschrieben (§ 18 Abs. 2 S. 2 InsO), um beide Insolvenzgründe klarer voneinander abzugrenzen. Die Planungsunsicherheiten, die aus der Energiekrise resultieren, haben den Gesetzgeber veranlasst, den Prognosezeitraum auf vier Monate zu verkürzen (vgl. § 4 Abs. 2 SanInsKG). Die Regelung gilt zwischen dem 9.11.2022 und dem 31.12.2023.
Hinweis
Kommentieren Sie § 4 Abs. 2 SanInsKG neben § 19 Abs. 2 S. 1 InsO, wenn die Prüfungsordnung Ihres Bundeslandes dies erlaubt.
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Die Fortführungsprognose ist letztlich eine Zahlungsfähigkeitsprognose.Jauernig/Berger/Thole Insolvenzrecht § 14 Rn. 15; Fischer NZI 2016, 665, 666. Die Gesellschaft muss anhand des Finanzplans dokumentieren, dass sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, die im Prognosezeitraum fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, wobei unerheblich ist, mit welchen Mitteln (Innen- oder Außenfinanzierung) die Deckung erfolgt. Es genügt eine Wahrscheinlichkeit von über 50 %.OLG Düsseldorf NZI 2021, 900 Rn. 11; Fischer NZI 2016, 665, 666. Der BGH billigt dem Geschäftsleiter bei der Erstellung des Finanzplans einen Ermessens- und Beurteilungsspielraum zu.BGH NZI 2021, 872 Rn. 69. So dürfen auch zukünftige Zahlungsströme berücksichtigt oder unterstellt werden, wenn für deren Eintritt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht.BGH NZI 2021, 872 Rn. 79; Schönfelder NZI 2022, 49, 50; Fischer NZI 2016, 665, 672. Damit können künftige Absatz- und Gewinnchancen, geänderte Marktverhältnisse (z.B. Wegfall von Corona-Beschränkungen), Eigenkapitalaufnahme oder Sanierungsbeiträge DritterOLG Düsseldorf NZI 2021, 900 Rn. 12 (zu Start-Up-Unternehmen); s. auch BGH NZI 2021, 872 Rn. 80 f. in die Beurteilung einfließen. Auch die Durchführung eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG rechtfertigt die Annahme einer positiven Fortführungsprognose.So Grau/Pohlmann/Radunz NZI 2021, 522, 524; a.A. Pieckenbrock NZI-Beil. 2021, 82, 84.