Inhaltsverzeichnis
468
Wurde für eine formell baurechtmäßige, aber materiell baurechtswidrige Anlage eine Baugenehmigung erteilt, kommt der Erlass einer Abrissverfügung i.S.d. § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2018 nicht in Betracht, weil die Baugenehmigung die rechtsverbindliche Feststellung enthält, dass die Anlage öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht. Der Bauherr genießt insoweit Vertrauensschutz. Nach einer bestandskräftigen oder sofort vollziehbaren Rücknahme der Baugenehmigung auf der Grundlage des § 48 VwVfG NRW kann die Bauaufsichtsbehörde jedoch eine Abrissverfügung i.S.d. § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2018 erlassen,Vgl. OVG NRW NVwZ 1988, 942. weil die errichtete Anlage dann auch formell baurechtswidrig ist.
Beispiel
Nehmen Sie an, R aus unseren Beispielen oben (Rn. 441) hätte eine Baugenehmigung zur Errichtung eines viergeschossigen Wohnhauses erhalten, obwohl bauplanungsrechtlich nur eine dreigeschossige Wohnbebauung zulässig ist. In diesem Falle würde die Baugenehmigung rechtsverbindlich feststellen, dass R das Wohnhaus mit vier Vollgeschossen errichten darf. Insoweit würde R Vertrauensschutz genießen. Um einen baurechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, könnte die Bauaufsichtsbehörde die Baugenehmigung jedoch nach §§ 48 Abs. 1, Abs. 3 VwVfG NRW zurücknehmen. Sobald die Rücknahme bestandskräftig oder sofort vollziehbar ist, könnte die Behörde eine Teilabrissverfügung für das vierte Vollgeschoss erlassen.