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Der Verwaltungsakt, also die Baugenehmigung, muss sich erledigt haben. Was unter dem Begriff der Erledigung zu verstehen ist, wird durch § 43 Abs. 2 VwVfG konkretisiert.
Schenke Verwaltungsprozessrecht Rn. 310. Nach dieser Vorschrift bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, soweit und solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine Erledigung auf andere Weise ist gegeben, wenn die Aufhebung des Verwaltungsakts sinnlos geworden ist, weil von ihm keinerlei Rechtswirkungen mehr ausgehen.Vgl. hierzu Kopp/Schenke VwGO § 113 Rn. 102.Definition
Definition: Erledigung
Eine Erledigung ist gegeben, wenn die mit dem Verwaltungsakt verbundene rechtliche oder tatsächliche wesentliche Beschwer nachträglich weggefallen ist.
Hinweis
Der bloße Vollzug eines Verwaltungsakts führt nicht zur Erledigung.
Schenke Verwaltungsprozessrecht Rn. 314. Dies folgt aus § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO, denn der dort geregelte Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch setzt die vorherige Aufhebung eines vollzogenen, rechtswidrigen, aber zunächst wirksamen Verwaltungsakts voraus.Schenke Verwaltungsprozessrecht Rn. 314. Eine Erledigung ist daher im Falle des Vollzugs erst gegeben, wenn die Vollzugsfolgen nicht mehr rückgängig gemacht werden können.Kopp/Schenke VwGO § 113 Rn. 104.Eine Erledigung kann im Baurecht insbesondere in folgenden Konstellationen eintreten:
• | durch den Wegfall des Regelungsobjekts Vgl. BVerwGE 140, 221; VGH Baden-Württemberg NVwZ-RR 1990, 171, 172; VGH Baden-Württemberg NVwZ-RR 2009, 715. |
Beispiel
Das Gebäude für das eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung beantragt wurde, ist z.B. durch einen Brand vollständig zerstört worden.
• | durch die endgültige Aufgabe des Vorhabens Kopp/Schenke VwGO § 113 Rn. 103. |
Beispiel
Der Bauherr gibt unter ausdrücklicher Erklärung seines Verzichtswillens sein Vorhaben, auf einem seiner zwei Grundstücke ein eigengenutztes Wohngebäude zu errichten, auf, weil er mit der Errichtung eines solchen auf seinem zweiten Grundstück begonnen hat.
• | durch die inhaltliche Überholung der Regelung durch eine neue Sachentscheidung Vgl. BVerwGE 143, 87., |
• | durch einen einseitigen Verzicht BVerwGE 84, 209, 211 f.; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1995, 280., |
• | durch die Änderung der Sach- oder Rechtslage, wenn diese den Verwaltungsakt ausnahmsweise gegenstandslos werden lässt. BVerwGE 143, 87; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1995, 280. |
Beispiel
Die Gemeinde hat während der Anhängigkeit des Klageverfahrens einen Bebauungsplan mit einer Veränderungssperre für das betreffende Gebiet beschlossen, dessen Festsetzungen einem Vorhaben entgegenstehen. Um eine entgegenstehende Bebauung zu verhindern, wird eine Veränderungssperre beschlossen.
In diesem Fall ist das Vorhaben unzulässig und die Veränderungssperre verhindert dessen Verwirklichung. Auf Grund der Festsetzungen im Bebauungsplan hat sich das Klagebegehren, eine Baugenehmigung zu erhalten, nach Klageerhebung erledigt, so dass nur noch im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung beantragt werden kann, dass das Vorhaben nach der alten Rechtslage zulässig gewesen war.
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§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO erfasst direkt nur den Fall der Erledigung einer Anfechtungsklage, deren angefochtener (belastender) Verwaltungsakt sich nach Klageerhebung und vor Urteilsverkündung erledigt hat.
BVerwG, Urt. v. 04.12.2014 - BVerwG 4 C 33.13. Erledigt sich der belastende Verwaltungsakt (damit Anfechtungssituation) bereits vor der Klageerhebung, so findet nach allg. Meinung die Fortsetzungsfeststellungsklage analoge Anwendung. Erfasst ist in analoger Anwendung aber auch die Konstellation der Erledigung eines begünstigenden Verwaltungsakts, d.h. die Konstellationen in denen sich der Verwaltungsakt im Rahmen einer Verpflichtungssituation erledigt hat. Insoweit ist die Fortsetzungsfeststellungsklage analog in diesen Verpflichtungssituationen sowohl bei Erledigung des Verwaltungsaktes vor als auch nach Klageerhebung statthaft. BVerwGE 52, 313, 316; BVerwGE 81, 365; 365; BVerwGE 89, 354, 355.Im Falle der Erledigung einer Baugenehmigung findet somit § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog Anwendung.
Die gelegentlich anzutreffende Formulierung, dass § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog analog Anwendung findet ist zwar anschaulich, jedoch fehlerhaft, da es eine doppelte Analogie nicht gegeben kann.