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Steuerrecht - nn) Saldierung nach § 177 AO

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Steuerrecht

nn) Saldierung nach § 177 AO

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Hinweis

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Die Vorschrift des § 177 AO enthält selbst keinen eigenständigen Änderungstatbestand.

Die Regelung setzt voraus, dass ein Steuerbescheid aufgrund einer Änderungsbefugnis nach §§ 172 ff. AO aufgehoben oder geändert wird. Eine solche Änderung ist an sich immer nur punktuell möglich, d.h. für jeden einzelnen Fehler des Steuerbescheids muss ein Korrekturtatbestand erfüllt sein, sonst kann er nicht korrigiert werden. Ist die Bestandskraft der Steuerfestsetzung durch einen Änderungstatbestand nach §§ 172 ff. AO aber erstmal durchbrochen, kann nach § 177 AO eine weitergehende Änderung des Steuerbescheids erreicht werden als der Änderungstatbestand erlaubt. Erfolgt aber lediglich eine Berichtigung nach § 129 AO, so lässt dies die Bestandskraft des Steuerbescheids unberührt, so dass auch § 177 AO nicht anwendbar ist.

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Nach § 177 AO „mitkorrigiert“ werden können materielle Fehler.

Definition

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Definition: Materielle Fehler

Materielle Fehler in diesem Sinne sind gemäß § 177 Abs. 3 AO alle Fehler und offenbaren Unrichtigkeiten i.S.v. § 129 AO, die zur Festsetzung einer Steuer führen, die von der kraft Gesetzes entstandenen Steuer abweicht.

Zu beachten ist, dass offenbare Unrichtigkeiten i.S.v. § 129 AO nicht Anlass für die Berichtigung materieller Fehler nach § 177 AO sein können, dass aber materielle Fehler, die aufgrund anderer Änderungstatbestände korrigiert werden, Anlass für die Berichtigung von offenbaren Unrichtigkeiten nach § 129 AO sein können.

Nach Auffassung des BFH können sogar solche Fehler nach § 177 AO korrigiert werden, für die an sich auch ein Änderungstatbestand nach §§ 172 ff. AO greifen würde, für die aber eine solche Korrektur wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 AO nicht mehr möglich ist.BFH X R 38/90, BStBl II 1992, 504.

Problematisch ist, dass § 177 AO keine unbegrenzte Berichtigung materieller Fehler erlaubt. Vielmehr wird der Berichtigungsrahmen begrenzt durch das Ausmaß der Änderung, die Anlass für die Änderung des Steuerbescheids ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut „soweit die Änderung reicht“ in § 177 Abs. 1 und Abs. 2. 

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Expertentipp

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Achtung!

Für die Durchführung einer Berichtigung nach § 177 AO dürfen nie die Fehler, die Anlass der Änderung des Steuerbescheids sind, saldiert werden (Saldierungsverbot).

Beispiel

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Der Steuerbescheid geht fehlerhaft von einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 100 000 € aus. Es wurden zu Unrecht Betriebsausgaben in Höhe von 1000 € nicht berücksichtigt, was gemäß § 173 AO änderbar wäre. Außerdem wurden Betriebseinnahmen in Höhe von 3000 € nicht berücksichtigt, was nach § 175 AO änderbar wäre. Es darf nun nicht dahingehend saldiert werden, dass die Festsetzung nur noch in Bezug auf Betriebseinnahmen in Höhe von 2000 € nach § 175 AO zu ändern wäre.

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Expertentipp

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Nicht vertauschen!

Es müssen andererseits immer die Fehler, die nicht Anlass der Änderung des Steuerbescheids sind, saldiert werden (Saldierungsgebot).

Beispiel

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Der Steuerbescheid geht fehlerhaft von einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 100 000 € aus. Es wurden zu Unrecht Betriebsausgaben in Höhe von 1000 € nicht berücksichtigt, was gemäß § 173 AO änderbar wäre. Außerdem wurden Betriebseinnahmen in Höhe von 3000 € nicht berücksichtigt, was nach § 175 AO änderbar wäre. Gleichzeitig liegen weitere Betriebsausgaben in Höhe von 500 € und Betriebseinnahmen in Höhe von 4000 € vor, die jeweils nicht berücksichtigt wurden, für die aber kein Korrekturtatbestand nach §§ 172–175b AO erfüllt ist. Hier müssen die 4000 € Betriebseinnahmen und die 500 € Betriebsausgaben saldiert werden, so dass im Ergebnis noch 3500 € Betriebseinnahmen als materieller Fehler i.S.v. § 177 Abs. 3 AO mitberichtigungsfähig sind.

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Bei der Berichtigung nach § 177 AO kommen stets nur „gegenläufige“ Fehler in Betracht.

Definition

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Definition: Gegenläufige Fehler

Gegenläufige Fehler sind solche, die sich für den Steuerpflichtigen anders auswirken als diejenigen, die Anlass der Änderung der Steuerfestsetzung sind.

Im vorgenannten Beispiel sind noch 3500 € Betriebseinnahmen i.S.v. § 177 Abs. 3 AO zu berichtigen. Betriebseinnahmen wirken steuererhöhend. Das Erfordernis der Gegenläufigkeit bedeutet nun, dass der Fehler, der Anlass für die Änderung der Steuerfestsetzung ist, steuermindernd sein muss. D.h. die Berücksichtigung des materiellen Fehlers in Höhe von 3500 € kann hier nur im Zusammenhang mit der Änderung nach § 173 AO bezüglich der Betriebsausgaben in Höhe von 500 € erfolgen. Die Korrektur nach § 173 AO gibt den Rahmen der Änderungsmöglichkeit vor, d.h. den Umfang, in dem die Bestandskraft durchbrochen werden darf. Dieser beläuft sich auf 500 € zugunsten des Steuerpflichtigen. Von den 3500 € Betriebseinnahmen können daher nur 500 € zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Die weitergehenden 3000 € bleiben unberücksichtigt. Es kommt so zu einer Saldierung, so dass die Änderung nach § 173 AO im Ergebnis unterbleiben muss, da die Fehler wegen der Saldierung insoweit keine steuerliche Auswirkung haben. Anders ist dies bei den nach § 175 AO zu berichtigenden Betriebseinnahmen in Höhe von 3000 €. Diese Änderung der Steuerfestsetzung kann „ungestört“ durchgeführt werden, da insoweit keine gegenläufigen materiellen Fehler nach § 177 AO zu berücksichtigen sind.

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