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Definition
Definition: Gewinnerzielungsabsicht
Gewinnerzielungsabsicht ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige nach einem Totalgewinn strebt, wobei es nach § 15 Abs. 2 S. 3 EStG genügt, wenn die Gewinnerzielung nur ein Nebenzweck ist.
Als Totalgewinn wird eine Betriebsvermögensmehrung im Zeitraum vom Beginn bis zum Ende der gewerblichen Betätigung (sog. Totalperiode) bezeichnet.Birk/Desens/Tappe Steuerrecht, Rn. 699.
Maßgeblich ist, ob der Steuerpflichtige zu Beginn der Eröffnung seiner gewerblichen Einkunftsquelle beabsichtigt, am Ende sein Betriebsvermögen gemehrt zu haben („Totalgewinnprognose“) oder ob er von Anfang an vorhat, die Tätigkeit als sog. Liebhaberei auszuüben. Die Absichten des Steuerpflichtigen können sich im Laufe der Zeit jedoch auch ändern.
Beispiel
A führt seit 2019 Makeup-Produkte auf ihrem Youtube-Kanal vor und bewertet diese in ihren Videos. Sie sieht darin ein Hobby. Hierzu erwirbt sie laufend zahlreiche Schminkprodukte. Vor Beginn ihrer Videos lässt sie Werbeclips einblenden, um Einnahmen zu erzielen, die nach ihrer Kalkulation bestenfalls die Kosten für die erworbenen Schminkprodukte decken.
In diesem Fall lässt sich eine Gewinnerzielung der A nicht feststellen, da sie nicht beabsichtigt, mit ihren Videos ihr Vermögen zu mehren. Sie kalkuliert Einnahmen und Kosten nicht so, dass zu irgendeinem Zeitpunkt ein Gewinn entstehen könnte.
Mitte 2020 bemerkt A, dass die durch ihren Kanal erzielten Einnahmen regelmäßig höher sind als ihre getätigten Ausgaben. Sie rechnet daher ab jetzt damit, dass ihre Betätigung insgesamt gewinnbringend ist. Vorwiegend führt sie ihre Tätigkeit aber fort, weil es sich dabei nach wie vor um ihr Hobby handelt.
Ab Mitte 2020 handelt A mit Gewinnerzielungsabsicht, da ihre Kalkulation sie fortan Gewinne erwarten lässt. Wegen § 15 Abs. 2 S. 3 EStG ist unerheblich, dass A in erster Linie nur ihrem Hobby nachgeht. Vorbehaltlich der sonstigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG betreibt A also ab Mitte 2020 ein Gewerbe. Entfällt die Gewinnerzielungsabsicht zu einem späteren Zeitpunkt, so liegt ab diesem Zeitpunkt keine gewerbliche Betätigung mehr vor.
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Wie jede innere Tatsache kann die Gewinnerzielungsabsicht nur aus äußeren Umständen abgeleitet werden. Bei der Neugründung eines Gewerbebetriebs spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Steuerpflichtige mit Gewinnerzielungsabsicht handelt.Birk/Desens/Tappe Steuerrecht, Rn. 700. Unerheblich ist, ob der Steuerpflichtige tatsächlich vom ersten Tag an oder überhaupt nie Gewinn mit seiner Tätigkeit erzielt. Nur wenn Verluste anhaltend auftreten und nach dem betriebswirtschaftlichen Konzept des Steuerpflichtigen nicht mit einer Besserung der Ertragslage gerechnet werden kann, ist die Vermutung der Gewinnerzielungsabsicht widerlegt, sofern die Betätigung des Steuerpflichtigen ihrer Art nach auch der privaten Lebensgestaltung zufallen kann.Birk/Desens/Tappe Steuerrecht, Rn. 700. In einem solchen Fall ist von einkommensteuerlich irrelevanter Liebhaberei auszugehen.
Beispiel
A pflanzt Rosen in seinem Garten an und verkauft diese zur Erzielung von laufenden Gewinnen. Auch nach 4 Jahren hat er jedoch noch keinen Periodengewinn erzielen können. Wenn A kein tragfähiges Konzept zur Verbesserung der Ertragslage vorweisen kann, wird das Finanzamt seine Tätigkeit wohl als Liebhaberei ansehen. Denn das Anpflanzen von Rosen kann bei lebensnaher Betrachtung auch als Hobby des A seiner privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sein.