Zivilprozessordnung

Mahnverfahren

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II. Mahnverfahren

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Im Fall einer Geldforderung kann der Kläger (anstelle eines normalen Zivilprozesses) das Mahnverfahren nutzen (§§ 688–703d ZPO). Hier kommt er schnell, kostengünstig und einfach an einen Vollstreckungstitel.

Zöller/Seibel ZPO Vor § 688 Rn. 2. Die Wahl des Mahnverfahrens ist bei unstreitigen Geldforderungen empfehlenswert, d.h. wenn keine Einwendungen des Schuldners bestehen.Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 819. Es ist unzulässig bei hochverzinslichen Verbraucherdarlehen (§ 688 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), bei Abhängigkeit der Forderung von einer Gegenleistung (Nr. 2) sowie bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners (Nr. 3). Das Mahnverfahren ist ein standardisiertes Formularverfahren, das im Wesentlichen maschinell abgewickelt wird. Die meisten Bundesländer haben zentrale Mahngerichte eingerichtet, um die maschinelle Bearbeitung zu optimieren. Auch „Online-Mahnverfahren“ mit rein elektronischer Aktenführung sind möglich (§ 689 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 298a ZPO). Im Mahnverfahren heißen die Parteien Antragsteller und Antragsgegner. Es besteht kein Anwaltszwang (§ 78 ZPO), so dass jeder (jedes Unternehmen) das Formular selbst ausfüllen kann. Seit 2008 gibt es ein grenzüberschreitendes Europäisches Mahnverfahren (EuMahnVO; §§ 688 Abs. 4 mit 1087 ff. ZPO); alternativ kann das deutsche Mahnverfahren mit Zustellung im EU-Ausland (§ 688 Abs. 3 ZPO) genutzt werden.Adolphsen Zivilprozessrecht § 33 Rn. 6.
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1. Mahnantrag

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Das Mahnverfahren beginnt mit dem Ausfüllen des Mahnantrags. Es besteht Formularzwang (§ 703c ZPO). Den Vordruck gibt es im Bürofachhandel oder im Internet. Ist ein Rechtsanwalt eingeschalten, muss (!) das Formular von ihm online (www.mahngerichte.de) ausgefüllt und eingereicht werden (§ 702 Abs. 3 S. 2 ZPO). Der Inhalt des Mahnantrags (was ausgefüllt werden muss) ist in § 690 Abs. 1 ZPO vorgegeben. Im Mahnantrag müssen u.a. das Mahngericht, die Parteien, der Anspruch sowie der Betrag der Geldforderung (Haupt- und Nebenforderung) genau bezeichnet sein; diese darf nicht von einer Gegenleistung abhängen. Der Mahnantrag schließt mit der Unterschrift (§ 690 Abs. 2 ZPO), außer es ist auf andere Weise die Identität des Einreichenden sichergestellt (§ 702 Abs. 2 S. 4 ZPO).

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Der ausgefüllte Mahnantrag wird beim Mahngericht eingereicht. Beim maschinellen Verfahren gibt es mehrere „Einreichungsmöglichkeiten“, wie Übersendung des Formulars per Post oder online (z.B. über das beA). Ab 1.1.2018 kann der neue Personalausweis zur Identifizierung genutzt werden (§ 702 Abs. 2 S. 3 ZPO). Wo ist einzureichen? Ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht am Wohnsitz/Sitz des Antragstellers (§ 689 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die 16 Landesregierungen können die Zuständigkeit auf ein zentrales Mahngericht konzentrieren (§ 689 Abs. 3 ZPO). In Bayern ist es beispielsweise das AG Coburg, in Nordrhein-Westfalen sind es das AG Euskirchen und das AG Hagen.

2. Mahnbescheid

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Ist der Mahnantrag eingegangen, prüft das Amtsgericht (funktionell zuständig ist der Rechtspfleger § 20 Abs. 1 Nr. 1 RPflG) lediglich, ob alle formalen Voraussetzungen eingehalten sind (vgl. § 691 Abs. 1 ZPO). Nicht geprüft wird, ob der Anspruch besteht oder schlüssig ist (§ 692 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Hat der Antragsteller das Formular korrekt ausgefüllt, wird der Mahnbescheid erlassen. Danach wird er dem Antragsgegner zugestellt (§ 693 ZPO). Damit wird die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Da die Zustellung manchmal schleppend verlaufen kann, wird die Hemmung auf die Einreichung des Mahnantrags zurückdatiert, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt (§ 167 ZPO). Dies gilt aber nur, wenn der Antragsteller die Geldforderung klar und exakt bezeichnet (individualisiert) hat, was mangels „Sachverhaltsangaben“ gar nicht so leicht ist.

Grunsky/Jacoby Zivilprozessrecht Rn. 786. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Mahnverfahrens (§ 242 BGB) führt nicht zur Hemmung der Verjährung.BGH NJW 2015, 3160.

3. Widerspruch des Antragsgegners

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Der Antragsgegner kann gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegen (§ 694 ZPO). Die Widerspruchsfrist beträgt zwei Wochen (ergibt sich aus § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Wird zugleich die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt, gibt das Mahngericht den Rechtsstreit an das im Mahnantrag bezeichnete Gericht ab (§ 696 ZPO). Der Antragsteller wird nun vom Gericht aufgefordert, seinen Anspruch binnen zwei Wochen genauer zu begründen (§ 697 Abs. 1 ZPO). Sobald die Begründung da ist, geht der Rechtsstreit in ein normales Erkenntnisverfahren über (§ 697 Abs. 2 ZPO).

4. Vollstreckungsbescheid

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Legt der (faule) Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen keinen Widerspruch ein, erlässt das Gericht auf Antrag des Antragstellers einen Vollstreckungsbescheid (§ 699 Abs. 1 ZPO). Der Vollstreckungsbescheid ist ein Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Er steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich (§ 700 Abs. 1 ZPO), so dass eine Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung möglich ist (§ 708 Nr. 2 ZPO). Immerhin kann der Antragsgegner gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen (§ 700 Abs. 3 i.V.m. § 338 ZPO); über diese Möglichkeit ist er zu belehren (§ 699 Abs. 5 i.V.m. § 232 ZPO). Für den Einspruch hat er nur zwei Wochen Zeit (§ 339 ZPO). Der Einspruch hat zur Folge, dass das Verfahren als normales Erkenntnisverfahren fortgesetzt wird (§ 700 Abs. 3, 4 ZPO). Hier kommt es dann zu einer mündlichen Verhandlung. Bleibt der (faule) Antragsgegner der Verhandlung fern, ergeht (nach Prüfung, ob die Klage zulässig und schlüssig ist) ein „zweites Versäumnisurteil“ (vgl. § 700 Abs. 6 mit Abs. 1 ZPO).

Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 831. In diesem Verfahrensabschnitt werden die Förmlichkeiten und die Schlüssigkeit geprüft (§ 700 Abs. 6 ZPO). Gegen ein zweites Versäumnisurteil ist nur noch die Berufung statthaft mit dem Argument, dass keine schuldhafte Säumnis vorlag (§ 514 Abs. 2 ZPO).

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Die denkbar schlechteste Variante liegt vor, wenn der Antragsgegner doppelt untätig geblieben ist, also weder Widerspruch noch fristgerecht Einspruch einlegt. Denn ein weiterer Einspruch ist nicht statthaft (§ 345 ZPO). Der Vollstreckungsbescheid wird mit Ablauf der Einspruchsfrist formell und materiell rechtskräftig.

Adolphsen Zivilprozessrecht § 33 Rn. 25. Damit ist das Verfahren endgültig abgeschlossen. Es gibt keine weiteren Rechtsmittel. Das ist bitter, da es nie eine Schlüssigkeitsprüfung gab und nie ein Richter/eine Richterin mit dem Thema befasst war. Vollstreckungsbescheide sind „exquisite Vollstreckungstitel“ mit Sondervorteilen. So hält § 829a ZPO im Rahmen der Forderungspfändung (bis 5000 €) ein vereinfachtes (elektronisches) Vollstreckungsverfahren bereit. Eine ähnliche Vorschrift gibt es bei der Vollstreckung in bewegliche Sachen (§ 754a ZPO).

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