Zivilprozessordnung

Das Beweisrecht - Beweisbedürftigkeit

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III. Beweisbedürftigkeit

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Eine dargelegte Tatsache ist beweisbedürftig, wenn sie für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist und von der Gegenseite bestritten wird, es sei denn, die Tatsache ist offenkundig.

 

1. Entscheidungserhebliche Tatsachen

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Entscheidungserhebliche Tatsachen sind von den nicht entscheidungserheblichen Tatsachen zu trennen. Entscheidungserheblich sind alle Tatsachen, die den Vortrag des Klägers schlüssig machen. Auf Beklagtenseite sind die Tatsachen entscheidungserheblich, die einen Anspruch des Klägers entfallen lassen würden. Daraus ergibt sich eine Prüfungsreihenfolge. Das Gericht muss zunächst in einem ersten Schritt prüfen, ob die vom Kläger behaupteten Tatsachen einen Anspruch des Klägers begründen würden (= Schlüssigkeitsprüfung). Dabei unterstellt das Gericht zunächst die Wahrheit des klägerischen Vorbringens. Trägt der Kläger nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen vor, ist die Klage als unschlüssig (= unbegründet) abzuweisen. Auf die Äußerungen des Beklagten kommt es gar nicht mehr an.

Vgl. Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 333.

Beispiel

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Thomas verklagt den Autofahrer A auf Schmerzensgeld (§§ 823, 253 Abs. 2 BGB) vor dem AG Köln. Er trägt vor, dass der Autofahrer beim Rückwärtseinparken seine Stoßstange beschädigt habe. Daher müsse der Autofahrer 500 € Schmerzensgeld bezahlen. Zum Beweis legt er zahlreiche Bilder der kaputten Stoßstange seines Autos vor. Nach § 253 Abs. 2 BGB wird Schmerzensgeld u.a. nur bei Verletzung des Körpers gewährt. Da Thomas hierzu überhaupt keine Tatsachenbehauptung vorträgt, ist sein Anspruch unschlüssig. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Bestreiten des Gegners

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Prinzipiell muss nur über die bestrittenen Tatsachenbehauptungen Beweis erhoben werden. Die Gegenpartei muss nicht bestreiten, sie kann es aber (Dispositionsgrundsatz). Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, eine behauptete Tatsache zu bestreiten. Hat der Kläger alle Tatsachen vorgetragen, aber nicht näher konkretisiert, genügt sog. einfaches Bestreiten.

Zöller/Greger ZPO § 138 Rn. 8a. Die Gegenpartei kann das Geschehen aber auch im Detail anders darstellen (= sog. qualifiziertes Bestreiten). Außerdem kann sie auch eine Tatsache pauschal mit Nichtwissen bestreiten, wobei das nach § 138 Abs. 4 ZPO nur zulässig ist, wenn sie über keine eigenen Wahrnehmungen verfügt.BGH NJW 2016, 3589, 3591. Hat der Kläger detailliert vorgetragen und kennt der Beklagte den Geschehensablauf, genügt einfaches Bestreiten nicht; vielmehr muss er substantiiert gegenteilige Tatsachen und Umstände darlegen (s. auch Rn. 333).BGH NJW 2017, 78, 82; NJW 2015, 475, 476; NJW 2010, 1357, 1358.

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Die Gegenpartei kann aber die Tatsachen auch zugestehen, so dass sie nicht mehr beweisbedürftig sind. Das geht sogar durch Schweigen. Äußert sich die Gegenpartei nicht zu einer relevanten Tatsache, gilt diese Tatsache grundsätzlich als zugestanden, es sei denn, aus den Umständen geht etwas Gegenteiliges hervor (§ 138 Abs. 3 ZPO = Geständnisfiktion). Daneben gibt es noch das „echte“ Geständnis, das vorliegt, wenn der Gegner ausdrücklich (schriftlich, mündlich) die Tatsache zugesteht (§ 288 ZPO).

BGH NJW 2017, 68 (nicht geständnisfähig sind Rechtsbegriffe). Der Widerruf eines (schriftsätzlichen) Geständnisses ist bis zur mündlichen Verhandlung ohne weiteres, danach nur in engen Grenzen möglich (§ 290 ZPO).BGH NJW 2015, 1239, 1241.

3. Offenkundige und vermutete Tatsachen

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Nicht alle Tatsachen sind beweisbedürftig. Sind beispielsweise Tatsachen vorgetragen, die offenkundig sind, bedürfen sie nicht des Beweises (§ 291 ZPO). Offenkundig sind Tatsachen, die der Allgemeinheit oder dem Gericht bekannt sind. Allgemeinkundig sind Tatsachen, wie das Wetter, das Klima, unterschiedliche Sichtverhältnisse bei Tag oder Nacht, Entfernungen, historische Daten und Börsenkurse (etc.).

Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht § 112 Rn. 26 f. Gerichtskundig sind Tatsachen, die das Gericht aus seiner dienstlichen Arbeit kennt; privates Wissen gehört nicht dazu.

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Auch vermutete Tatsachen sind nicht beweisbedürftig (§ 292 ZPO). Wird eine Tatsache nach einer gesetzlichen Vorschrift vermutet (z.B. § 1006 BGB), muss sie von der Partei, zu deren Gunsten die Vermutung spricht, nicht bewiesen werden. Allerdings kann die gesetzliche Vermutung vom Gegner widerlegt werden durch Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO). Ganz selten gibt es unwiderlegbare Vermutungen (z.B. Scheitern der Ehe, § 1566 BGB). Daneben gibt es noch Beweiserleichterungen für den Kläger im Fall des Anscheinsbeweises (s. Rn. 356).

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